Wanderungen II. Das Oderland.
sich unserer Kenntnis; die jüngere aber wurde, unter Beibehaltung ihres türkischen Namens, Fatime getauft und von Schöning, der sie mit nach Tamsel nahm, sorgfältig erzogen.
Fatime kam später nach Warschau, wo sie, ebensosehr durch ihre blendende Schönheit wie durch das romantische Interesse ihres Geschicks, aller Augen auf sich zog und ein Glanzpunkt der Gesellschaft wurde. Unter ihren Bewerbern war auch König August, dem sie lange widerstand, bis sie endlich dem Grafen Rutowski das Leben gab. Fatime vermählte sich später in die Spiegelsche Familie; ihr Sohn Rutowski aber stieg bis zum sächsischen Feldmarschall und ist, wenn wir nicht irren, derselbe, der bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges gezwungen war, bei Pirna zu kapitulieren. 2)
Doch wir kehren zu Schöning und dem Türkenkriege zurück. – Die Beute, welche in Ofen gemacht wurde, war überaus groß. Namhafte Summen von Dukaten und Zechinen sowie Edelsteine und orientalische Perlen fielen den Siegern in die Hände. Unter den 500 großen Geschützen, die man eroberte, befand sich auch eine vierundzwanzigpfündige Schlange mit dem brandenburgischen Wappen, die nun dem Führer des brandenburgischen Hülfscorps als Trophäe zurückgegeben wurde. Außerdem überbrachte Schöning dem Kurfürsten einen türkischen Roßschweif und ein paar tatarische Pauken, Siegeszeichen, die sich bis auf diese Stunde im Berliner Zeughause vorfinden.
Der Rückmarsch ging abermals durch die Jablunka, und am 7. Dezember trafen die Brandenburger wieder in ihrer Heimat ein. Sie hatten unzweifelhaft mit großer Tapferkeit gefochten (fast die Hälfte war vor Ofen geblieben; dreißig Offiziere tot und einundsechzig verwundet), und die Türken gaben ihnen deshalb den Beinamen »Feuermänner«. Zugleich brachten sie das Sprüchwort in Umlauf: »Der steht wie ein Brandenburger.« Schöning aber, von seinem Landesherren reichlich geehrt, empfing ebenso vom Kaiser Leopold mannigfache Beweise seiner Huld, darunter einen mit Diamanten besetzten Degen von großem Wert.
Wir nähern uns nun jener Epoche im Leben unseres Helden, die durch einen kleinen, scheinbar geringfügigen Vorfall den Namen desselben ungleich bekannter gemacht hat als aller Glanz seiner Siege zusammengenommen. Ich meine seinen Streit mit General Barfus. Das Persönliche ist immer das Siegreiche. Die Schlachten und Belagerungen sind vergessen, oder doch halb vergessen, aber bis diesen Tag lebt in Barnim und Lebus das Sprüchwort fort: »Die hassen sich wie Schöning und Barfus.« Wir wollen erzählen, wie es zu diesem Hasse kam.
Schöning war ein Glückskind und hatte, freilich nicht ohne großes persönliches Verdienst seine Carrière über die Köpfe anderer Leute hin gemacht. Er war sechs Jahre jünger als Barfus und ihm doch immer um sechs Jahre voraus. Das ergab eine Differenz oder, wenn man so will, eine Ungerechtigkeit von zwölf Jahren. Der einundfünfzigjährige Barfus hatte vor Ofen unter dem fünfundvierzigjährigen Schöning gestanden, und zu der natürlichen Bitterkeit, die sich einfach schon aus diesen Zahlen ergeben konnte, mochte sich bei Barfus die Betrachtung gesellen, daß ihm die grobe Arbeit des Belagerns und Sichherumschlagens, dem Oberstkommandierenden aber das Vergnügen des Repräsentierens, des Dinierens im herzoglichen Zelt und schließlich die Entgegennahme eines mit Diamanten besetzten Degens zugefallen sei. Jetzt, drittehalb Jahre später, im Sommer 1689, standen beide Generale ebenso am Rhein, wie sie damals an der Donau gestanden hatten, das heißt, Schöning war abermals dem Barfus um einen Pas voraus, und wiewohl ein vorliegender Bericht aus jener Zeit eigens mit den Worten beginnt: »Es hat der Generallieutenant von Barfus dem General-Feldmarschall-Lieutenant von Schöning bisher jedesmal den gebührenden Respekt gegeben«, so wagen wir doch, ohne das Gemeldete geradezu bestreiten zu wollen, die Vermutung, daß dem Barfus dieser »gebührende« Respekt in seinem Herzen sehr schwer und die Bezeugung desselben um ebendeshalb etwas eckig geworden sein wird.
Das Hauptkriegsereignis im Sommer des genannten Jahres war die Belagerung des von den Franzosen besetzten Bonn. Ehe die Brandenburger unter des Kurfürsten und Schönings Führung energischer vorgehen konnten, war ein Zurückdrängen der Franzosen aus den kleineren Plätzen, die in der Nähe von Bonn lagen, nötig. Es kam dabei zum Gefechte bei Ordingen oder Uerdingen, das, von Schöning trefflich entworfen und von Barfus,
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