Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
wirtschaftlichen und politischen Interessen den Frieden in Europa zu sichern sowie sich zwischen dem Ostblock auf der einen und den USA auf der anderen Seite zu behaupten.
ab 1953
VOLKSAUFSTÄNDE Während sich in Westeuropa immer mehr Staaten immer enger zusammenschlossen, waren die osteuropäischen Staaten bereits ein straffer Verbund. Hinter dem Eisernen Vorhang kam es zu Volksaufständen in Ungarn, Polen, der DDR und der Tschechoslowakei gegen die diktatorischen kommunistischen Regime, die am engen Gängelband Moskaus und unter dem militärischen Schirm des Warschauer Paktes geführt wurden. Regelmäßig rollten die Panzer der Sowjetarmee und teilweise die der »Bruderstaaten« durch die Hauptstädte der Ostblockländer, so in Berlin beim Arbeiteraufstand des 17. Juni 1953, mehrmals in Polen (1956, 1970, 1980), beim Ungarn-Aufstand 1956 sowie zur Beendigung des Prager Frühlings 1968. Die Forderungen nach Meinungs- und Reisefreiheit und einem »Sozialismus mit menschlichem Antlitz«, wie sie Imre Nagy 1956 in Ungarn oder Alexander Dubcˇek 1968 in Prag erhoben, wurden regelmäßig durch die Truppen des Warschauer Paktes niedergeschlagen. Schließlich formulierte man in Moskau die Breschnew-Doktrin, wonach die kommunistischen Bruderstaaten nur über eine eingeschränkte Souveränität verfügten.
Stets waren im Westen die Aufregung und die Anteilnahme groß, eine militärische Unterstützung wurde aber nicht geleistet. Die Furcht vor der Entfesselung eines neuen Weltkrieges, hinter der immer auch die Drohung eines Atomkrieges der beiden Großmächte stand, war vermutlich zu groß.
1973–2009
NORD-, SÜD-, WEST-, OSTERWEITERUNG Auf der anderen Seite des »Eisernen Vorhangs« wurde die europäische Integration weiter vorangetrieben: Beim Zusammenschluss von EWG, Montanunion und Euratom zu den Europäischen Gemeinschaften (EG) 1967 entstand die Europäische Kommission, sozusagen als europäische Regierungszentrale. 1992 schuf der Vertrag von Maastricht die Europäische Union (EU) und die Voraussetzungen für die Einführung einer gemeinsamen Währung. Sie wurde 1999 und 2002 als »Euro« realisiert. 1995 trat das in dem luxemburgischen Winzerdorf Schengen geschlossene Abkommen zur Beseitigung der Grenzen und Grenzkontrollen innerhalb Europas in Kraft. Diese beiden Maßnahmen sind die im Alltag sichtbarsten Zeichen der Europäisierung.
Mittlerweile gehören die meisten Länder von Finnland bis nach Zypern zur EU, auch wenn die Aufnahme nicht immer reibungslos verlief. Einen bereits 1961 gestellten Antrag des Vereinigten Königreichs blockierte zum Beispiel der französische Staatspräsident Charles de Gaulle fast zehn Jahre lang mit der Begründung, die Briten seien nicht »europareif«. Deren Beitritt war dann Teil der Westerweiterung 1973 zusammen mit Dänemark und Irland. Den geplanten und fertig ausgehandelten Beitritt Norwegens lehnte die dortige Bevölkerungin Referenden ab. Auch als bei der Norderweiterung Schweden, Finnland und Österreich 1995 beitraten, stimmten die Norweger erneut gegen den Beitritt. Nachdem die Griechen, Spanier und Portugiesen in den Siebzigerjahren ihre faschistischen Diktaturen abgeschüttelt hatten, gelangten sie über die Süderweiterung Anfang und Mitte der Achtziger in die EU, wobei insbesondere Spanien die üppigen EU-Gelder sinnvoll verwendete, wohingegen Griechenland später – aufgrund gefälschter Statistiken – in die Euro-Zone aufgenommen wurde und nach wie vor Schuldenberge bis nahe an den Staatsbankrott aufhäuft. Die Osterweiterungen 2004 und 2009 brachten leider nicht den erhofften massenweisen Zuzug attraktiver Klempner nach Westeuropa.
Die verstolperte Ratifizierung des ursprünglich als europäische Verfassung geplanten Vertrages von Lissabon scheiterte in den Jahren 2008 und 2009 beinahe an der Unleserlichkeit des Kleingedruckten für die EU-Bürger und an der mangelnden kulturellen und demokratischen Integration, ein Fehler, der Karl dem Großen nicht unterlaufen war. Nur ein kleines Bergvolk in der Mitte Europas leistet hartnäckigen Widerstand und weigert sich beharrlich, überhaupt einen Antrag auf Aufnahme in die EU zu stellen …
DER WEG ZUR WENDE
Das strategische Konzept, welches unter den Bedingungen des Kalten Krieges die großflächige weltpolitische Stabilität wahrte, wurde im Amerikanischen Mutual Assured Destruction ( MAD ) genannt und in den USA in erster Linie von Robert McNamara vertreten, der von 1961 bis 1968
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