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Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Titel: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Meyerhoff
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Gesellschaft.« Er duftete noch genauso wie vor Jahren, als wir gemeinsam im Keller gespielt hatten. »Das ist aber nett von dir.« Wieder sprach er mir nach: »Das ist aber nett von dir. Ach, ich mach das gerne.« »Wie geht es ihm denn?« Und wieder: »Wie geht es ihm denn? Nicht so gut heute. Er freut sich sehr auf dich.« »Ferdinand, warum sprichst du mir immer alles nach?« »Warum sprichst du mir immer alles nach?« Er schloss die Windfangtür, sodass wir im Vorflur nicht gehört werden konnten. »Hab ich mir angewöhnt. Die wollten mich nach Hause schicken. Echolalie nennt man das. Das mache ich absichtlich. Verstellung.« »Aha.« »Aha. Ja, damit ich hierbleiben kann. Jetzt komm mal rein.«
    Mein Vater war vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer gezogen. Sein Bett war überraschend hoch, aufgebockt auf vier massiven Holzklötzen. Ich begrüßte ihn, küsste ihn. Dafür musste ich mich kaum hinunterbeugen, da er auf Tischhöhe, ja vielleicht noch ein wenig höher, auf Altarhöhe, lag. »Was ist denn mit deinem Bett passiert?« »Ach, ich kann doch so schwer aufstehen. Herzlich willkommen. Haben sie in der Tischlerei für mich gebaut. Jetzt muss ich mich nur aufrichten. Ich zeig es dir mal.«
    Während sich mein Vater hochrappelte, die nackten, sehr blassen Beine über die Bettkannte schob, sah ich, dass ein Mädchen auf der Fensterbank saß. Sie hockte dort in grünen Strumpfhosen und einem eng anliegenden giftgrünen Pullover wie eine Gottesanbeterin, feingliedrig, lange Arme, lange angezogene Beine, und beobachtete mich. Aus der Küche kam Margret um die Ecke geschossen: »Herrprofessorheutegibteskotelettmitmöhrenochdaistjaschonderherrsohnemannichglaubichwerdnichtmehr!« Das grüne Mädcheninsekt glitt von der Fensterbank und setzte sich zu meinem Vater auf die Bettkante. Er stellte mich vor, lächelte: »Das ist mein Sohn, Olga. Keine Angst, der tut nichts.« Ferdinand hatte sich an den Tisch gesetzt und zeichnete eine seiner altbekannten Katzen im Querschnitt. Margret klopfte mir auf die Schulter: »Jetztgibtsgleichrichtigwaszuessenichhoffeduhasthunger.« Ich reichte meinem Vater die Hände und zog ihn hoch, half ihm in seinen Bademantel und brachte ihn rüber zum Ohrensessel. Im Nachbarzimmer hörte ich den Fernseher laufen und ein lang gezogenes: »Ahhhhhhhhhh«. »Wer ist denn dadrin?«, fragte ich. »Wer ist denn dadrin? Da guckt der Anton ›Tom und Jerry‹.« Belustigt sah ich zu meinem Vater: »Na, hier ist ja richtig was los.« Er nickte mir zu: »Ja, ich bekomm viel Besuch. Besuch, der mir gefällt.«
    Ich blieb drei turbulente Tage lang, aß ununterbrochen, spielte stundenlang mit Patienten Tischtennis, und als ich wieder aufbrach, fiel uns allen der Abschied außerordentlich schwer.
    Ich habe lange gebraucht, den Entschluss meiner Mutter, ihr gerade aufgebautes Leben wieder einzureißen und zu meinem Vater zurückzugehen, zu verstehen. Er hatte sie Jahre lang betrogen, durch seine Unnahbarkeit gequält, und doch muss sie geglaubt haben, ihn nicht allein lassen zu können. Ich habe ihr abgeraten. Aber meine Mutter verließ Italien und kehrte zurück nach Schleswig.
    Nun geschah Merkwürdiges. Ich fuhr nach Hause, schloss die Tür auf. »Hallo?« Nichts. Keine Patienten, niemand. Ich war in Sorge. Ging durchs Haus und fand meine Eltern schlafend zusammen in einem Bett. Mein Vater hatte den Arm um meine Mutter gelegt. Ihr Kopf lag auf seiner Brust. Ich hatte sie noch nie so miteinander gesehen, so nah.
    Ich setzte mich auf die Bettkante und sah sie an. »Seltsam«, dachte ich, »das sind deine Eltern. Deine schlafenden Eltern. Du hast immer nur Vater und Mutter gehabt, aber niemals Eltern.«
    Meine Mutter schlug die Augen auf und sah mich an. Eigentlich hätte sie sich erschrecken müssen, aber sie lag nur da und sah mich an. Ich küsste sie und die Hand meines Vaters. Auch er wachte auf. »Mein Josse, wie schön, dass du da bist.«
    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir so dasaßen. Es war der schönste Moment mit meinen Eltern in meinem Leben.
    Meine Mutter blieb bei ihm. Die Frau aus Lübeck rief an. Meine Mutter stellte ihn vor die Entscheidung: »Kein einziges heimliches Telefonat mehr, oder ich gehe fort und lass dich hier alleine sterben.« Ob er sein Versprechen gehalten hat? Ich glaube eher nicht.
    Der Schmerz fand in der Körperfülle meines Vaters ein geräumiges Zuhause. Immer wenn er dachte, der Schmerzhöhepunkt wäre erklommen, sein Schmerzzenit überschritten, zog der Schmerz in das

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