Warrior Cats 03 - Die Macht der drei 06 - Sonnenaufgang
hinab. »Ich würde gerne hören, was sie zu sagen hat.«
»Ich auch«, knurrte Kurzstern.
»Oder hat der DonnerClan Geheimnisse, die er sich nicht zu offenbaren traut?«, höhnte Schwarzstern.
Überall auf der Lichtung brach lautes Geheul aus, als die Katzen der drei anderen Clans den DonnerClan herausforderten. Distelblatt stand inmitten des Aufruhrs und fühlte sich seltsam ruhig. Sie wusste, sie brauchte nur noch wenige Herzschläge lang zu warten.
Schließlich hob Feuerstern den Schwanz, damit der Tumult sich legte. »Also gut, Distelblatt«, miaute er, als der Lärm verstummt war. »Sag, was du zu sagen hast. Und gebe der SternenClan, dass du es nicht bereust.«
Nun war es auf der Lichtung so still, dass Distelblatt eine Maus im Laub unter der alten Eiche rascheln hörte. »Ihr denkt, ihr kennt mich«, hob sie wieder an. »Und meine Brüder, Löwenglut und Häherfeder aus dem DonnerClan. Ihr denkt, ihr kennt uns, aber alles, was man euch über uns erzählt hat, war eine Lüge! Wir sind nicht Brombeerkralles und Eichhornschweifs Junge.«
»Was?« Zwischen den Wurzeln der Großen Eiche, wo die Zweiten Anführer saßen, schoss Brombeerkralle auf die Pfoten. Seine bernsteinfarbenen Augen glühten. »Eichhornschweif, warum redet sie einen solchen Unfug?«
Eichhornschweif erhob sich. Das panische Lodern in ihren Augen verblasste und wurde ersetzt von – was war es? Bedauern? Schuld? Oder die Trauer einer Mutter, die dabei ist, ihre Jungen für immer zu verlieren?
»Es tut mir leid, Brombeerkralle, aber es stimmt. Ich bin nicht ihre Mutter und du bist nicht ihr Vater.«
Der Zweite Anführer des Clans starrte sie an. »Und wer ist es dann?«
Eichhornschweif richtete ihren traurigen, grünen Blick auf die Katze, von der sie immer behauptet hatte, sie sei ihre Tochter. »Sag es ihnen, Distelblatt. Ich habe das Geheimnis so viele Blattwechsel lang bewahrt, dass ich es nun auch nicht preisgeben werde.«
»Feigling!«, funkelte Distelblatt sie an. Ihr Blick fuhr auf der Lichtung umher und sah die Augen jeder einzelnen Katze auf sich gerichtet. »Ich fürchte mich nicht vor der Wahrheit! Blattsee ist unsere Mutter und Krähenfeder – ja, Krähenfeder aus dem WindClan – ist unser Vater.«
Schockiertes Jaulen wurde auf ihre Worte hin laut, doch Distelblatt rief darüber hinweg: »Diese beiden Katzen schämten sich so sehr für uns, dass sie uns weggaben und jeden Einzelnen von euch belogen, um zu vertuschen, dass sie gegen das Gesetz der Krieger verstoßen hatten. Es ist alles ihre Schuld.« Dabei zeigte sie mit dem Schwanz auf Blattsee. »Wie können die Clans überleben, wenn sie voller Feiglinge und Lügner sind?«
Das Kreischen und die Schreckensrufe wurden so laut, dass Distelblatt sich nicht mehr verständlich machen konnte. Aber das war auch nicht mehr nötig. Sie hatte gesagt, was sie zu sagen hatte. Ihre Beine zitterten, als wäre sie durch das ganze Territorium gerannt, und sie musste sich setzen. In sich spürte sie einen seltsamen Frieden, als habe sie eine eitrige Wunde geöffnet, aus der nun das Gift herausfloss.
Krähenfeders Stimme erhob sich zornig über den anderen. »Das ist nicht wahr!« Er war aufgesprungen und sträubte sein dunkelgraues Fell. Nachtwolke und Windpelz neben ihm sahen verwirrt und wütend aus. »Sie ist es, die lügt!«
Dann stand Blattsee auf. Die Katzenmenge verstummte und alle Augen richteten sich auf sie.
»Es ist wahr, Krähenfeder«, miaute sie. »Es tut mir leid. Ich wollte es dir immer sagen, aber es schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein.«
In ihren bernsteinfarbenen Augen brannte die Trauer. Mitleid regte sich in Distelblatt, doch sie schluckte es hinunter. Ich hasse sie! Sie hat uns alle angelogen und verraten!
»Du bedeutest mir nichts, Blattsee.« Krähenfeders Stimme klang kalt. »Dieser Mond ist längst vergangen. Meine Loyalität gehört allein dem WindClan, und ich habe nur ein Junges, nämlich Windpelz.« Er warf einen kurzen Blick auf Nachtwolke und Windpelz, die neben ihm standen. Die schwarze Kätzin hatte die Ohren flach angelegt und Windpelz fletschte die Zähne.
Blattsee neigte den Kopf, als wolle sie nicht widersprechen, dann schaute sie hinauf zu Feuerstern, der reglos wie eine Katze aus Stein auf seinem Ast kauerte. »Ich weiß, ich kann nicht länger die Heiler-Katze des DonnerClans sein«, miaute sie. »Es tut mir sehr leid, für dich, Feuerstern, und für alle meine Clan-Gefährten. Ihr sollt wissen, dass ich mein Bestes versucht und
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