Warrior Cats 03 - Die Macht der drei 06 - Sonnenaufgang
meine Tat bei jedem Atemzug bedauert habe.« Bei den letzten Worten brach ihre Stimme, sie hielt inne und schluckte, ehe sie fortfuhr: »Aber ich bedauere es nicht, meine Jungen bekommen zu haben. Sie sind großartige Katzen und ich werde immer stolz auf sie sein.«
Sie warf Krähenfeder einen letzten Blick zu und tappte dann mit gesenktem Kopf über die Lichtung. Die Katzen machten ihr Platz, als sie zu den Büschen ging und im Dickicht verschwand. Sämtliche Katzen starrten ihr erschrocken und schweigend nach.
Brombeerkralle regte sich zuerst. Er trat vor, bis er Eichhornschweif gegenüberstand. »Warum?«, miaute er.
Eichhornschweifs Stimme klang verzweifelt. »Ich musste es tun! Sie ist meine Schwester!«
»Und du konntest mir nicht vertrauen?« Brombeerkralles Stimme zitterte und Distelblatt sah einen tiefen Schauer durch seinen Körper ziehen. Einen Herzschlag lang bedauerte sie, was sie getan hatte. Er war eine ehrenwerte Katze und nicht verantwortlich für die Lügen. Ich war so stolz, als ich noch glaubte, er wäre mein Vater.
Eichhornschweif sagte nichts, sondern erwiderte nur standhaft seinen Blick.
»Du hast mir nicht vertraut«, wiederholte er. »Glaubst du nicht, ich hätte dir geholfen, wenn du mir die Wahrheit gesagt hättest? Aber nun ist es zu spät.«
Er wandte sich ab und bahnte sich einen Weg durch die Menge.
»Brombeerkralle …« Eichhornschweif tat einen Schritt hinter ihm her und blieb dann voller Verzweiflung mit gesenktem Kopf und hängendem Schwanz stehen.
Distelblatt kehrte ihr den Rücken zu. Soll sie doch leiden. Sie hat es verdient!
Eine Katze stieß sie von hinten an. Es war Rußherz. »Was hast du getan?«, rief sie.
Distelblatt blinzelte überrascht. »Ich habe das Richtige getan.«
Die graue Kätzin schüttelte den Kopf. »Hier gibt es kein Richtig oder Falsch. Alles, was mit dieser Sache zu tun hat, führt zu noch mehr Schmerz.« Die Weisheit in ihrer Stimme schien von einer viel älteren und erfahreneren Katze zu stammen. Distelblatt wartete, dass sie noch etwas sagen würde, ein paar Worte, die zeigten, dass sie Distelblatt und ihre Wurfgefährten bedauerte. Doch Rußherz wandte sich einfach ab und tappte davon.
Distelblatt schaute ihr nach. Warum begriff sie denn nicht? Die Katzen mussten doch alle verstehen, dass sie nicht weiter mit einer Lüge leben konnten? Außerdem hatte der SternenClan keine Wolken geschickt, um den Mond zu verbergen. Ihre Kriegervorfahren waren sicher froh, dass die Geheimnisse nun offenbart waren und die Täuschung ein Ende hatte.
Doch keine der Katzen hier wirkte erfreut, nicht einmal ihre eigenen Clan-Gefährten. Sandsturm schaute sie an, Verblüffung und Sorge im Blick, Graustreifs bernsteinfarbene Augen waren leer vor Entsetzen, Mohnfrost und Beerennase hatten die Köpfe zusammengesteckt, redeten aufeinander ein und warfen ihr feindselige Blicke zu.
Auf einmal konnte Distelblatt es keinen Herzschlag länger ertragen, angestarrt zu werden. Sie stolperte durch die Menge, schob sich in die Büsche, ohne auf die Dornen zu achten, die ihr den Pelz zerrissen, und floh über den Kiesstreifen und die Baumbrücke. Sie rannte am Pferdeort vorbei und kletterte, der WindClan-Grenze folgend, auf den Grat, bis sie den obersten Gipfel erreichte und über den See blicken konnte.
Ein Pfad aus silbernem Mondlicht erstreckte sich über das Wasser. Die Spiegelungen der unzähligen Krieger des SternenClans funkelten um ihn herum.
»War es das wert?«, heulte Distelblatt ihnen entgegen. »Ein Schüler zu sein, hart zu arbeiten, um das Gesetz der Krieger zu lernen? Wie hätten wir das alles anders machen können?«
Die funkelnden Sterne gaben keine Antwort.
Distelblatt tappte den Grat entlang, bis sie ihr eigenes Territorium erreichte und zwischen den Bäumen eintauchen konnte. Als sie in den Felsenkessel kam, war alles ruhig. Die Versammlungstruppe war noch nicht zurückgekehrt, und die anderen Katzen schliefen, bis auf Lichtherz, die am Eingang Wache hielt. Distelblatt ging an ihr vorbei, ohne den Gruß der Kätzin zu erwidern.
Sie stolzierte im kalten Schein des Mondlichts über die Lichtung und betrat den Heiler-Bau. Ihr Herzschlag wurde schneller, als sie sah, dass Blattsee noch nicht zurück war. Ich weiß, was ich tun werde. Das ist alles Blattsees Schuld.
Sie kroch bis in die hinterste Ecke des Vorratslagers, entdeckte dort den Blattumschlag mit den Todesbeeren und zog ihn vorsichtig hervor. Sie legte ihn auf den Boden des Baus und faltete
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