Warrior Cats 03 - Die Macht der drei 06 - Sonnenaufgang
der SchattenClan-Königin, als sie sich ohne ein Wort an ihr vorbeidrängte. Auch auf die Gesprächsfetzen, die sie im Vorbeigehen hörte, achtete sie nicht. Was hat das alles noch mit mir zu tun?
Sie fand einen Sitzplatz nah bei der Großen Eiche, von dem aus sie die Clan-Anführer zwischen den Ästen kauern sah: Kurzstern, der es sich auf einer Astgabel bequem gemacht hatte, Schwarzstern, der auf dem untersten Ast hockte und den Schwanz hängen ließ, Leopardenstern, die eine Schwanzlänge höher stand und ungeduldig an der Rinde scharrte. Feuerstern sprang zu ihnen hinauf, und als sein Ast unter seinem Gewicht schwankte, regneten ein paar späte Eicheln herunter.
Löwenglut war Distelblatt über die Lichtung gefolgt und setzte sich neben sie. »Krähenfeder ist hier«, murmelte er.
»Ich weiß.« Distelblatt hatte beim Kommen den WindClan-Krieger bereits entdeckt, doch er hatte so getan, als hätte er sie nicht bemerkt. Nun schaute sie dorthin, wo Löwenglut mit dem Schwanz hinzeigte, und sah ihren Vater dicht neben Nachtwolke und Windpelz sitzen. Sein Kopf war abgewandt, doch Distelblatt vermutete, dass er trotzdem genau wusste, wo sie und ihre Brüder waren. Alle seine Jungen gemeinsam an einem Ort. Wie schön für ihn.
Ein schrilles Heulen erklang von den Ästen des Baums und Leopardenstern trat vor. Der Lärm auf der Lichtung verebbte, die Katzen verstummten und schauten zu ihr hinauf.
»Die Große Versammlung ist eröffnet«, verkündete sie. »Der FlussClan wird als Erstes berichten. Die Beute läuft gut. Nebelfuß, Schilfbart und Regensturm haben einen Fuchs aus unserem Territorium verjagt.« Mit einem kurzen Nicken zu Schwarzstern trat sie zurück.
Der SchattenClan-Anführer erhob sich, während Distelblatt, zitternd vor Anspannung, die Krallen in den Boden schlug. Auf einmal war sie sich nicht mehr sicher, ob sie wissen würde, wann die Zeit zu handeln gekommen war. SternenClan, gib mir ein Zeichen! Wenn ihr uns überhaupt je zugeschaut habt …
»Der SchattenClan gedeiht«, berichtete Schwarzstern. »Kleinwolke hat Flammenpfote als seinen Schüler angenommen und ihn am Mondsee dem SternenClan vorgestellt.«
Leise Glückwünsche stiegen von den Katzen auf und ein paar heulten: »Flammenpfote! Flammenpfote!« Distelblatt entdeckte die junge Katze bei Kleinwolke und den anderen Heiler-Katzen, deren Augen vor Stolz leuchteten. Krallen rissen an ihrem Herz. Ich habe mich auch einmal so gefühlt.
Kurzstern folgte nach Schwarzstern, doch er hatte nichts zu berichten, außer von einem toten Schaf im Grenzbach, das seine Krieger herausgezogen hatten, damit das Wasser nicht verunreinigt würde.
Dann war Feuerstern an der Reihe. Er stand auf, balancierte auf seinem Ast und schaute auf die Lichtung hinab. Seine grünen Augen glühten im Mondlicht. »Sol hat den Wald verlassen«, hob er an. »Wir …«
»Wurde auch Zeit«, knurrte Schwarzstern.
Leopardenstern neigte mit kühler Höflichkeit den Kopf vor Feuerstern. »Ich bin froh, dass du schließlich doch noch Vernunft angenommen hast, Feuerstern.«
Feuerstern erwiderte das Nicken ebenso höflich, obwohl Distelblatt erkennen konnte, dass sich seine Krallen tiefer in seinen Ast gruben. »Sonst ist …«
Jetzt!
»Wartet!« Distelblatt sprang auf. »Ich habe etwas zu sagen, das alle Clans hören sollten.«
»Was?« Löwenglut streckte die Pfote aus und zerrte an ihr, damit sie sich wieder hinsetzte. »Bist du mäusehirnig? Krieger dürfen hier nicht sprechen!«
»Ich schon«, fauchte Distelblatt und schüttelte ihn ab. Sie entdeckte Häherfeders entsetztes Gesicht zwischen den anderen Heiler-Katzen, beachtete ihn jedoch nicht.
»Ihr denkt, ihr …«, hob sie an.
»Distelblatt!« Feuersterns Stimme tönte von seinem Ast herab. In seinen Augen glühte ein grünes Feuer. »Wenn du etwas Wichtiges zu sagen hast, musst du es vorher mit mir besprechen. Und nun schweig! Wir werden morgen darüber reden, was dir auf dem Herzen liegt.«
Die vielen Monde, in denen sie nach dem Gesetz der Krieger gelebt hatte, hätten Distelblatt fast gezwungen, das Maul geschlossen zu halten und sich zu setzen. Ich muss meinem Clan-Anführer gehorchen! Dann wappnete sie sich. Das Gesetz der Krieger ist tot! Es hat keinen Sinn mehr, es jetzt noch zu befolgen.
»Nein!«, miaute sie, ohne auf die bestürzten Rufe der Katzen um sie herum zu achten. »Ich werde jetzt sprechen!«
»Ja, lass sie sprechen.« Leopardenstern trat wieder vor und schaute neugierig auf Distelblatt
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