Warrior Cats - Die Macht der Drei 05 - Lange Schatten
Zähnen zu und schob ihn durch die Flammenwand auf die immer kleiner werdende freie Fläche zu, auf der Distelblatt mit ihren Brüdern sich duckte. Distelblatt empfand jedoch keine Erleichterung. Da war etwas in Aschenpelz’ Blick, das sie nicht verstand. Er sah sie an wie eine Katze, die gerade völlig unerwartet ein saftiges Beutestück entdeckt hat.
Der Ast schlug eine Schneise durch die Flammen, aber am anderen Ende stand Aschenpelz und versperrte den Weg in die Sicherheit. Löwenglut schob Häherfeder auf die Pfoten und Distelblatt machte einen Schritt auf den Ast zu, hielt dann jedoch inne. Ihr Bauch fühlte sich kalt an, als sie in Aschenpelz’ funkelnde, blaue Augen sah.
»Aschenpelz, geh aus dem Weg.« Eichhornschweifs Stimme klang verwirrt. »Lass sie raus!«
»Brombeerkralle ist nicht da. Er kann nicht auf sie aufpassen«, höhnte Aschenpelz.
Distelblatt spürte, wie sich ihr Pelz sträubte. Was meinte Aschenpelz damit?
Löwenglut hatte seinen goldenen Pelz ebenfalls drohend aufgeplustert. »Was hast du mit meinem Vater gemacht?«, jaulte er durch den Flammenwall.
Aschenpelz sah ihn mitleidig an. Seine Augen waren zwei lodernde Punkte mitten im brennenden Wald. »Warum sollte ich meine Zeit mit Brombeerkralle verschwenden?«
Der Ast war zu dick, um schnell Feuer zu fangen, aber die Blätter daran waren ausgedörrt und die kleinen Zweige fingen bereits an zu rauchen. Distelblatt sah, dass nicht viel Zeit blieb, bis ihre Brücke in die Sicherheit in Flammen aufgehen würde.
Eichhornschweif wankte zu Aschenpelz. Noch nie hatte Distelblatt ihre Mutter so wütend gesehen. Mit ihrem gesträubten Pelz wirkte sie wie eine Kriegerin des TigerClans. Trotzdem war nicht zu übersehen, dass die Klettertour an der Felswand und ihre anschließende Mühe mit dem Ast sie völlig erschöpft und geschwächt hatte.
»Beende deinen Streit mit Brombeerkralle«, fauchte sie. »Zu viele Monde sind vergangen. Du musst akzeptieren, dass ich mit Brombeerkralle zusammen bin und nicht mit dir. Warum strafst du Brombeerkralle für etwas, das immer schon vorbestimmt war?«
Aschenpelz schnippte überrascht mit den Ohren. »Mit Brombeerkralle habe ich keinen Streit.«
Distelblatt und Löwenglut tauschten entsetzte Blicke. »So sieht das für mich aber gar nicht aus«, flüsterte er.
»Brombeerkralle ist mir egal«, fuhr Aschenpelz fort. »Er kann nichts dafür, dass er sich in eine treulose Kätzin verliebt hat.«
Treulos? Ein Knurren stieg in Distelblatts Kehle auf, aber dann schluckte sie es hinunter und musterte die Katzen auf der anderen Seite der brennenden Zweige. Etwas Unheilvolles spielte sich da vor ihren Augen ab und trotz der lodernden Flammen um sie herum wurde ihr plötzlich kalt. Sie schmiegte sich dichter an Löwenglut und Häherfeder, der mit seinem hoch erhobenen Kopf und dem eindringlichen Ausdruck in den blicklosen Augen aussah, als könnte er die Auseinandersetzung zwischen seiner Mutter und Aschenpelz sehen.
»Ich weiß, du glaubst, ich hätte Brombeerkralle nie verziehen, dass er dich mir weggenommen hat. Aber da irrst du dich, genau wie jede andere Katze, die so denkt. Mein Streit richtet sich gegen dich , Eichhornschweif.« Aschenpelz’ Stimme bebte vor Zorn. »Und so war es schon immer.«
Vor Schreck trat Distelblatt einen Schritt zurück und spürte ihre Hinterpfoten langsam über den Rand der Klippe rutschen. Ihr Kopf fuhr herum, als wieder ein Blitz über den Himmel zuckte und der Donner alle übrigen Geräusche übertönte, sogar das Prasseln des Feuers. Einen Herzschlag lang hing sie über dem Abgrund und stieß einen erstickten Schrei aus.
Doch dann wurde sie energisch am Genick gepackt und sah durch den Rauch, dass Löwenglut sie zurück in die Sicherheit zerrte. Aber da war keine Sicherheit. Da waren nur hungrige Flammen und Aschenpelz mit seinem wütenden Blick, der das Ende des Asts blockierte.
Ein Funkenregen rieselte auf die drei jungen Katzen herab und versengte ihnen den Pelz. Distelblatts Angst wuchs, als sie sah, dass die Rinde des Asts bereits angefangen hatte zu glimmen.
Aschenpelz muss uns rauslassen! Distelblatt fand keine Worte, mit denen sie ihn hätte anflehen können. Was hier geschah, hatte gar nichts mit ihnen zu tun, selbst wenn sie dabei ums Leben kamen.
»All das ist viele Monde her.« Eichhornschweif klang immer noch verwundert. »Aschenpelz, ich hatte keine Ahnung, dass du dich immer noch so gekränkt fühlst.«
»Gekränkt?«, wiederholte Aschenpelz. »Ich bin
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