Warte auf das letzte Jahr
Ressourcen an Menschen und Material, dann säße fraglos er am Drücker. Aber er verfügt nur über einen einzigen, winzigen Planeten, während die Sternmenschen ein Sternenweites Imperium aus zwölf Planeten und acht Monden hinter sich haben. Es ist überhaupt ein Wunder, daß er sich so lange hat halten können. Sie wissen, Doktor, daß Sie hier sind, um herauszufinden, was Gino krank macht. Ich behaupte, daß es darum gar nicht geht. Es ist doch offe n sichtlich, woran er leidet: an dieser ganzen verfahrenen S i tuation. Die richtige Frage lautet: Was hält ihn am Leben? Das ist das wahre Geheimnis. Das Wunder. «
»Ich glaube, Sie haben recht. « Widerwillig mußte er sich eingestehen, daß Festenburg trotz seiner abstoßenden Eige n schaften ein intelligenter, origineller Mann war; er hatte das eigentliche Problem erkannt. Kein Wunder, daß Molinari ihn eingestellt hatte.
»Haben Sie schon diese boshafte Schulgöre kenneng e lernt? «
»Mary Reineke? « Eric nickte.
»Mein Gott, da steckt er schon in dieser tragischen, u n durchschaubaren Klemme, stöhnt jeden Tag unter der Last der Verantwortung, die er für die Erde trägt, während er weiß, daß er den Krieg verliert, daß uns die Riegs erwischen werden, wenn es dem Lilistern wie durch ein Wunder nicht gelingt – und zu allem Überfluß hat er sich noch Mary au f gehalst. Und die größte, schrecklichste Ironie ist, daß diese Mary – trotz ihres boshaften, einfältigen, egoistischen, gier i gen Charakters –, daß sie ihn wieder auf die Beine gebracht hat; sie haben mitbekommen, wie sie es geschafft hat, ihn aus dem Bett zu holen und wieder zum Arbeiten zu bringen. Wissen Sie über Zen Bescheid, Doktor? Dies ist ein Zen-Paradoxon, denn logisch betrachtet müßte Mary eigentlich der auslösende Faktor sein, der ihn endgültig umbringt. Man wird gezwungen, die Rolle des Unglücks im menschlichen Leben neu zu überdenken. Um die Wahrheit zu sagen, ich verabscheue und hasse sie. Natürlich haßt sie mich auch. Das einzige, was uns verbindet, ist Gino; wir wollen beide, daß er es schafft. «
»Hat sie ebenfalls die Aufnahme von dem gesunden M o linari gesehen? «
Festenburg blickte auf. »Eine kluge Frage. Hat Mary die Aufnahme gesehen? Vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber wenn Sie meiner Theorie über die Alternativwelt zustimmen und der Mann auf dem Bildschirm keine Robameise, so n dern ein Mensch ist, und wenn Mary diesen faszinierenden, feuerfressenden, kämpferischen Halbgott gesehen hat – dann kann ich Ihnen versichern, daß die anderen Molinaris ve r schwinden werden. Denn nach Mary Reinekes Vorstellung sollte Gino genau so ein Kerl sein. «
Ein seltsamer Gedanke. Eric fragte sich, ob Gino sich di e ses Aspektes der Situation bewußt war; wenn ja, dann kon n te dies vielleicht eine Erklärung dafür liefern, warum er so lange gezögert hatte, jenes Mittel einzusetzen …
»Ich bin mir nur nicht im klaren «, wandte er sich an F e stenburg, »wie der kranke Gino, den wir kennen, eine Ro b ameise sein kann, wenn man Mary Reinekes Existenz mit einbezieht. «
»Wieso? Warum nicht? «
»Um es vorsichtig auszudrücken … Würde es Mary denn nicht kränken, die Geliebte eines Produktes der GRS Ente r prises zu sein? «
»Ich bin müde, Doktor «, erklärte Festenburg. »Beenden wir diese Diskussion – gehen Sie und bringen Sie Ihr neues Konap in Ordnung, das man Ihnen für Ihre treuen Dienste hier in Cheyenne geschenkt hat. « Er schob sich durch die Tür, und die beiden hochrangigen Geheimdienstbeamten traten zur Seite.
»Ich will Ihnen meine Meinung sagen «, rief ihm Eric nach. »Ich bin mit Gino Molinari zusammengewesen, und ich glaube nicht, daß GRS ein Simulacrum herstellen kön n te, das so menschlich und …«
Festenburg blieb stehen. »Aber Sie sind noch nicht jenem Molinari begegnet, den Sie auf dem Bildschirm gesehen h a ben «, erinnerte er ernst. »Es ist interessant, Doktor. Indem Gino seine anderen Inkarnationen aus den Alternativwelten herübergeholt hat, ist es ihm vielleicht gelungen, eine Man n schaft zusammenzustellen, die in der Lage ist, unseren All i ierten Paroli zu bieten. Drei oder vier Gino Molinaris, die sich verbündet haben, wäre es doch eher möglich … meinen Sie nicht auch? Denken Sie an die vervielfachte Genialität, denken Sie an die haarsträubenden, raffinierten, absonderl i chen Intrigen, die sie gemeinsam ausbrüten könnten. Sie sind dem Kranken begegnet und haben einen Blick auf den Gesunden werfen
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