Warum auch nette Männer nicht zum Frühstück bleiben (German Edition)
Ernst, Herr Andersson, Abzüge für Krankenkasse und Unterhalt für die Kinder sind in Ordnung, aber ich kann Ihnen nicht auch noch Heizkosten, Müllabfuhr und Unterhalt für Ihre Frau anrechnen. Sie haben immer noch doppelt so viel, wie hier der durchschnittliche Antragsteller verdient! Soll ich Ihnen mal einen Tipp geben? Wieso zahlen Sie so viel für ein Pensionszimmer, suchen Sie sich lieber eine günstige Wohnung.«
»Sie werden lachen«, sage ich, »das ist ziemlich genau der Grund, aus dem ich hier bin!«
Aber da hat er schon auf einen Knopf gedrückt und an der Tür erscheint die nächste Kundschaft, eine sechsköpfige Familie mit schwarzäugigen Kindern, wahrscheinlich werden die gleich meinen Wohnberechtigungsschein bekommen.
Also versuche ich, mit Elke ins Gespräch zu kommen, eigentlich ist sie ja ein vernünftiges Mädchen, und sie müsste auch mit etwas weniger als 3000 Euro hinkommen können. Schließlich kriegt sie ja auch noch das Kindergeld. Und muss im Gegensatz zu mir keine Miete zahlen. Und keine Nebenkosten. Und außerdem war mir bei unseren ersten unerfreulichen Gesprächen über ihren Unterhalt noch nicht klar, dass mich der Verlust der Lohnsteuerklasse III bald auch noch mal schlappe 700 Euro monatlich kosten wird. Lauter gute Argumente, die mir vor ein paar Monaten leider allesamt nicht eingefallen sind. Mir war das alles bloß schrecklich unangenehm, ich wollte so schnell wie möglich weg, und angesichts der fetten Jahre ohne alle finanziellen Sorgen wäre mir in meinen schlimmsten Träumen nicht eingefallen, dass ich, LeiLa Andersson, irgendwann mal klamm sein könnte.
Inzwischen hege ich den Verdacht, dass Elke mich gründlich über den Tisch gezogen hat.
Elkes Antwort auf mein schüchternes Gnadengesuch ist ein weiteres Anwaltsschreiben, in dem mir freundlich mitgeteilt wird, dass Elke bereit sei, auf 500 Euro Unterhalt im Monat zu verzichten, allerdings nur, falls ich mich notariell verpflichten würde, diesen bis zum Erreichen der Pensionsgrenze zu garantieren. Zweite Bedingung: Ich soll ihr im Gegenzug das Haus überschreiben, sie setzt mir eine Frist von vier Wochen, um dieses generöse Angebot anzunehmen, und für den Notartermin müsse ich natürlich ebenfalls aufkommen. Mal ganz im Ernst, die Alte hat doch ein Rad ab, unsere Hütte hat schlanke 600 000 gekostet, so bescheuert bin selbst ich nicht.
Ich glaube, es wird Zeit, dass auch ich mir einen Anwalt nehme.
Im Branchenbuch stehen Massen von ihnen und etwa jeder Dritte scheint ein Spezialist für Scheidungsfragen zu sein, also mache ich es mir einfach und wähle die Kanzlei gegenüber dem Büro. Schwerpunkt Familienrecht, der grauhaarige Chef, der fürsorglich vom gediegenen Internetauftritt lächelt, ist irgendetwas Höheres in der Anwaltskammer und macht Juristenausbildung, genau das, was ich brauche, und immer, wenn was ist, kann ich in der Mittagspause rüberhuschen.
Es empfängt mich aber keineswegs der Chef, sondern eine Anwältin, die den gleichen Nachnamen trägt, ihr wunderschöner Vorname lautet Hannah, entsetzlich ist jedoch ihr komplett mausgraues Kostüm. Sie trägt dazu flache schwarze Schuhe, weiße Bluse, null Schmuck, hochgesteckte Haare und ein Monstrum von einer Hornbrille. Nach der erfolgreichen Scheidung werde ich ihr anraten, mal einen Stylisten aufzusuchen, denn ihr Gesicht wirkt zwar ein wenig streng, aber mit etwas Make-up ließe sich daraus etwas Hinreißendes zaubern. Ihr Alter ist schwer definierbar, irgendwas um die 30 bis 35, würde ich denken, aber so was fragt man nicht ausgerechnet die Frau, die einen durch die Wirren der eigenen Scheidung geleiten soll.
Hannah wirkt durchaus versiert. Als ich ihr die Kopie des von mir unterzeichneten Schreibens zeige, in dem ich Elke 3000 Euro Unterhalt sowie die Übernahme der 500 Euro Nebenkosten verspreche, rückt sie die Brille zurecht, sieht mir in die Augen und rügt: »Herr Andersson, so etwas darf man doch nicht unterschreiben, warum sind Sie nicht gleich zu uns gekommen, diese Vereinbarung ist wirklich sehr nachteilig für Sie, das müssen wir aufkündigen.«
Danach erklärt sie mir, dass Elke durchaus verpflichtet sei, sich wieder um einen Job zu bemühen, und dass ihr Verdienst gegen meinen gerechnet werden müsse. Ich sage, dass Elke sich von zehn Elefanten nicht zurück in die Bank schubsen lässt, so gut kenne ich sie nun doch. Doch dann erfahre ich, dass sich Elke in diesem Fall einen fiktiven Verdienst zurechnen lassen müsse, nach
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