Warum ausgerechnet Du
zerrte Gil hinter sich her zum Haus. „Ich gehe jetzt wieder rein, Mrs. Woodley!” rief sie laut. „Wir sehen uns später.”
Bevor ihre Nachbarin etwas erwidern konnte, hatte Suzy Gil ins Haus gezogen und die Tür hinter sich zugeschlagen. Sie riss sich Hut und Gartenhandschuhe herunter und warf beides auf den Tisch im Flur, während sie zum Fenster hastete.
Gil grinste, als sie eilig die Jalousie herunterzog.
„Ich schätze, Mrs. Woodley ist ein bisschen lästig?”
Suzy rannte an ihm vorbei zum nächsten Fenster. „Ein bisschen ist gut. Wenn sie herausfindet, dass der Gouverneur bei mir zu Besuch ist, hängt sie gleich am Telefon und erzählt es allen ihren Freunden. Würde mich nicht wundern, wenn sie alle hierher brächte, damit sie Sie um ein Autogramm bitten können.”
Amüsiert zuckte er mit den Schultern. „Von mir aus.”
Sie warf ihm einen erbosten Blick zu und rannte weiter.
Kopfschüttelnd folgte Gil ihr. „Wollen Sie etwa im ganzen Haus die Jalousien herunterlassen?”
„Allerdings.” Im Wohnzimmer musste Suzy sich auf das Sofa knien, um das Fenster dahinter abdunkeln zu könnnen.
Sie erstarrte, dann beugte sie sich noch ein wenig weiter vor und spähte angestrengt nach draußen. „Oh nein!” stöhnte sie.
Gil trat hinter sie. „Was ist denn?”
Mit einem Ruck zog sie die Jalousie herunter. „Nicht was, sondern wer!”
Ihm war nichts Außergewöhnliches aufgefallen. „Also gut.
Wer?”
Suzy stieg vom Sofa und blickte händeringend zur Tür, als erwarte sie, dass von dort jeden Augenblick eine Katastrophe über sie hereinbrechen würde. „Reporter!”
„Reporter?” Gil ging zum Fenster und zog die Lamellen ein Stückchen auseinander. „Meinen Sie etwa die Jungs in dem schwarzen Wagen auf der anderen Straßenseite?”
Sie nickte.
Gil lachte. „Aber das sind keine Reporter. Das sind meine Leibwächter. Allerdings benimmt Dave sich manchmal eher wie ein überbesorgter Vater.”
„Sind Sie sich sicher?”
„Natürlich bin ich mir sicher.” Er öffnete die Tür und rief.
„Hey, Dave! Zeig der Lady deinen Ausweis.”
Der Mann hinter dem Lenkrad zog seine Brieftasche aus der Gesäßtasche und klappte sie auf. Eine silberne Plakette blitzte im Sonnenlicht auf, als er die Brieftasche aus dem Fenster heraushielt.
Gil sah Suzy, die sich in der offenen Haustür neben ihn gestellt hatte, fragend an ;Zufrieden?”
„Sie folgen Ihnen überallhin?”
„Ja”, sagte er und schloss die Tür. „Nun ja, nicht ganz. Zur Toilette darf ich allein.”
Suzy musste lachen. „Gut zu wissen, dass es doch noch etwas im Leben gibt, das privat ist.”
„Machen Sie das noch mal.”
Ihr Lachen erstarb, als sie sah, dass sein amüsierter Blick Staunen gewichen war. Beunruhigt machte sie einen Schritt von Gil weg. „Was soll ich noch mal machen?”
„Lachen.” Er umfasste ihren Arm, drehte sie zu sich herum und hielt sie an beiden Ellenbogen fest. „Es hört sich so gut an.”
Die Wärme, die von seinen Händen ausging, versetzte sie in höchste Alarmbereitschaft. Sie wusste, sie sollte ihn fortschicken, aber sie konnte sich nicht rühren, jedoch nicht wegen seines festen Griffs, sondern wegen seines Blicks. Es lag so viel Wärme darin und so viel Zärtlichkeit. Und auch in seiner Stimme lag Wärme. Allein ihr Klang ließ sie vor Erregung erschauern.
Er berührte mit der Fingerspitze ihren Augenwinkel und lächelte. „Und es verändert Ihr Gesicht sehr vorteilhaft. Ihre Züge werden weicher. Sie wirken viel freundlicher und zugänglicher.”
Jetzt strich er ihr mit den Fingerspitzen über die Wange, dass ihr heiß und kalt wurde.
„Was machen Sie da?”
„Ich berühre Sie. Ist das okay?”
Bevor sie etwas darauf erwidern konnte, streichelte er mit der Daumenkuppe ihre Lippen. Wieder überlief sie ein Schauer, der sich noch verstärkte, als er seine Hand um ihren Nacken legte.
Stumm erwiderte sie seinen Blick. Das Blau seiner Augen wirkte auf einmal viel dunkler.
„Ich möchte dich küssen, Suzy”, sagte er ruhig.
Noch während er diese alarmierenden Worte aussprach, beugte er sich vor.
Und sie - was war nur mit ihr los? -, sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm entgegenzukommen.
Kaum dass ihre Lippen sich berührten, wusste Suzy eines ganz sicher.
Gil Riley war nicht schwul.
Ein Mann, der eine Frau so küsste wie er, konnte unmöglich etwas anderes sein als hundertprozentig heterosexuell. Sie konnte nicht mehr denken. Sie konnte kaum noch atmen. Sie
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