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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard David Precht
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Regenwald auf Madagaskar wanderten, da zeigte einer ihrer einheimischen Führer plötzlich ins Geäst und rief » Aiee! Aiee!«. Es war ein Ausruf der Freude und der Überraschung und bedeutete in etwa » Seht her!«. Die Forscher aber dachten, dies sei der Name des Tieres. Und seitdem heißt das Fingertier Aye-Aye.
    Eine andere Geschichte besagt, die Einheimischen auf Madagaskar glaubten, das Fingertier besäße magische Kräfte. Das Tier windet nämlich Kränze aus Laub als Schlafnester. Die Bewohner Madagaskars erzählen sich, dass es das nicht nur für sich selbst tut, sondern das Fingertier schöbe sein Schlafnest manchmal auch einem schlafenden Menschen unter den Kopf. Wenn dies passiert, so erzählen sie, bedeutet es, dass der Glückliche in Kürze sehr reich wird. Legt das Fingertier sein Nest jedoch unter die Füße des Schlafenden, so bedeutet dies, dass dieser Mensch von bösen Mächten verhext sei und bald stirbt. Deshalb wollten die Einheimischen den Forschern den Namen des Fingertiers nicht verraten. Und als die Forscher das erste Fingertier zu Gesicht bekamen und fragten, was das denn für ein merkwürdiges Wesen sei, antworteten die Einheimischen: » Heh Heh.« Das bedeutet » Keine Ahnung«. Die Forscher aber hielten dies für den Namen des Tieres. Und weil sie die Worte nur schlecht verstanden, wurde daraus das » Aye-Aye«.
    Das Fingertier heißt also eigentlich » Seht mal!« oder » Keine Ahnung«. Aber nicht jeder fremdländische Tier-Name, der sich merkwürdig anhört, beruht auf einer Verwechslung. Der Emu, ein australischer Laufvogel, so ähnlich wie der Strauß, bekam seinen Namen, weil die Männchen in der Balzzeit genauso rufen: » Eeemuu.« Und der Teppichhai, der im Berliner Aquarium lebt und eigentlich in den Meeren rund um Australien zuhause ist, wird auch Wobbegong genannt. In der Sprache der Aborigines, der Ureinwohner Australiens, bedeutet dies » struppiger Bart«. Der Name passt sehr gut, wegen der vielen Fransen, die der Wobbegong an seinem Mund hat und mit denen er den Meeresboden nach Beute abtastet.
    Unser letzter Blick im Aquarium gehört dem Wobbegong, der fast reglos wie ein Teppich auf dem weißen Korallensand in seinem Riffbecken liegt. Wir haben gelernt, dass alle Tiere ihre Namen vom Menschen haben. Ein bisschen enttäuscht ist Oskar schon. Wäre es nicht schöner, wenn sie einen » eigentlichen« Namen hätten? Einen Namen, der nur ihnen selbst bekannt ist. Wir trösten uns mit der Vorstellung, dass das ja ganz, ganz vielleicht tatsächlich so ist und dass die Fische sich ihre wahren Namen heimlich zuflüstern, wenn die Menschen das Aquarium verlassen haben. Und dann amüsieren sie sich über die vielen falschen Namen, die die Menschen ihnen gegeben haben …
    Dass die Namen der Tiere von Menschen stammen, ist eigentlich noch keine wirkliche philosophische Erkenntnis. Aber es ist immerhin ein erster Schritt zu einer wichtigen Erkenntnis. Denn nicht nur die Tiere, auch alles andere in der Welt hat seinen Namen vom Menschen, formuliert in der Menschensprache. Und die dritte philosophische Einsicht heißt:
    Alles, was wir sehen, hören, riechen, anfassen und zu kennen glauben, bekommt von uns Menschen einen Namen. Und so wie wir es nennen, so glauben wir, dass es auch tatsächlich sei.
    Aber stimmt das?
    = Warum sind Ratten ohne Namen sympathischer?

Im Zoo

    Warum sind Ratten ohne Namen sympathischer?
    Auf der Rückseite des Aquariums ist der Zoo. Wir treten hinaus ins Helle, vorbei an dem mächtigen alten Dinosaurier, einem Iguanodon aus Stein, der hier Wache hält und finster auf die Zoobesucher schaut. » Iguanodon« heißt eigentlich » Leguan-Zahn«. Und auch dieser Name ist eigentlich ein Unfall oder ein Missverständnis. Als die Forscher vor mehr als hundert Jahren die Knochen des ersten dieser Tiere ausgruben, fanden sie unter anderem zwei harte spitze Dreiecke, jedes davon fast so groß wie eine Menschenhand. » Das können nur Zähne sein«, meinten die Forscher. Und da die Zähne sie an die Zähne des Leguans erinnerten – nur natürlich viel größer –, nannten sie das Tier » Iguanodon«. Erst viel später fand man heraus, dass man sich gründlich geirrt hatte. Die spitzen Dreiecke waren nämlich keine Zähne, sondern die harten Daumen des Dinosauriers. Mit seinen spitzen Daumen wehrte er vermutlich seine Feinde ab und konnte sie ernsthaft verletzen. Seine Zähne waren dagegen klein und stumpf, geeignet dazu, Pflanzen zu zermahlen. Aber da der Name »

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