Schenk mir dein gebrochenes Herz
1. KAPITEL
Besorgt ließ Maddie Lane den Blick über den Hof ihrer Ranch schweifen. Überall tummelten sich Hühner – rotbraune, weiße und grau gesprenkelte. Aber eines hatten sie alle gemeinsam: Es waren Hennen . Wer fehlte, war ihr großer rotbrauner Hahn namens Pumpkin.
Maddie hatte auch schon eine Ahnung, wo er gerade steckte. Allein bei dem Gedanken daran zog sich alles in ihr zusammen. Oje, das gab wieder Ärger!
Sie fuhr sich durch das kurze, gewellte blonde Haar und verzog das Gesicht. Dann suchte sie noch einmal den gesamten Hof ab. Vielleicht machte der Hahn ja diesmal bloß Jagd auf Insekten und nicht auf den Cowboy von nebenan.
„Pumpkin?“, rief Maddie laut.
Kurz darauf öffnete ihre Großtante Sadie die Verandatür: eine kleine, etwas pummelige Frau mit kurzem, grauen Haar. Durch ihre Brillengläser musterte sie Maddie besorgt. „Ich habe eben noch gesehen, dass er zu den Brannts gelaufen ist“, sagte sie. „Es tut mir leid!“
Maddie stöhnte laut auf. „Dann muss ich jetzt sofort rüber und ihn einfangen. Cort dreht mir bestimmt den Hals um!“
„Na ja, bis jetzt hat er sich immer zurückgehalten“, erwiderte Sadie mit sanfter Stimme. „Außerdem hätte er den Hahn längst erschießen können.“
„Pumpkin hat nur deswegen überlebt, weil Cort ihn nicht getroffen hat“, gab Maddie zurück. Seufzend legte sie die Hände auf ihre schmalen Hüften. Sie hatte eine eher knabenhafte Figur und war weder besonders groß noch besonders klein. Trotzdem bewegte sie sich sehr anmutig.
Sie kam gut mit der Rancharbeit zurecht. Ihre Grundkenntnisse über Viehzucht und – handel und darüber, wie man ein Landwirtschaftsunternehmen führte, hatte sie von ihrem verstorbenen Vater. Besonders viel warf ihre kleine Ranch nicht ab, aber es reichte zum Überleben.
Zumindest war das bis vor Kurzem noch so gewesen. Aber dann hatte sie sich einen neuen Hahn zugelegt, Pumpkin. Sein Vorgänger war zusammen mit einigen Hühnern einem Kojoten zum Opfer gefallen, und jetzt sah es finanziell ziemlich eng aus.
Maddie hatte bei Pumpkins Kauf etwas Bauchschmerzen gehabt. Der alte Hahn war zwar nicht wirklich bösartig gewesen, trotzdem hatte sie sich immer vor ihm in acht nehmen müssen. Also war ihr sehr daran gelegen, einen etwas ruhigeren Nachfolger zu finden.
„Keine Angst, der hier tut keiner Fliege was zuleide“, hatte ihr Pumpkins Vorbesitzer versichert. „Der hat einen 1A-Stammbaum. An dem werden Sie Ihre Freude haben.“
Alles klar, hatte sie gedacht, nachdem sie Pumpkin im Hühnerstall abgesetzt hatte. Aber sofort hatte der Hahn ihren Vorarbeiter Ben Harrison attackiert. Der ältere Mann war gerade dabei gewesen, die Eier einzusammeln.
„Bring ihn lieber gleich zurück“, hatte Ben ihr empfohlen, als sie seine Wunden am Arm versorgt hatte.
„Ach, das ist nur die Aufregung, weil hier für ihn alles völlig neu ist“, hatte Maddie erwidert. „Er gewöhnt sich bestimmt bald ein.“
Wenn sie sich jetzt daran erinnerte, musste sie lachen. Inzwischen gab sie Ben recht. Aber es war zu spät. Sie hatte ihren gemeingefährlichen Neuzugang längst ins Herz geschlossen. Leider teilte ihr Nachbar Cort Brannt diese Gefühle nicht.
Cort Matthew Brannt war ein absoluter Frauenschwarm. Er hatte tiefschwarzes, leicht gewelltes Haar, war groß und durchtrainiert, dabei aber nicht übertrieben muskulös. Außerdem war er sehr gebildet, und er spielte Gitarre wie ein Profi. Und dann sein Gesicht: diese großen braunen Augen und dieser sinnliche Mund! Immer wieder stellte sich Maddie vor, wie es wohl wäre, ihn zu küssen …
Dazu würde es wohl nie kommen. Cort hatte sich nämlich unsterblich in eine andere Nachbarin verliebt: Odalie Everett, die Tochter von Cole und Heather Everett. Cole war ein sehr erfolgreicher Rancher, Heather eine ehemalige Sängerin und Komponistin. Außerdem hatte Odalie zwei Brüder, John und Tanner. John wohnte ebenfalls auf der Ranch seiner Eltern, Tanner war nach Europa ausgewandert.
Während Corts Liebe Odalie galt, galt Odalies Liebe der Oper. Corts Gefühle erwiderte sie nicht, im Gegenteil: Sie behandelte ihren attraktiven Nachbarn meistens wie Luft.
Odalie hatte die wunderschöne, glockenhelle Stimme ihrer Mutter geerbt und sich zum Ziel gesetzt, Sopranistin zu werden. Das erforderte natürlich eine professionelle Ausbildung, und aus diesem Grund hatte sie sich erst mal nach Italien abgesetzt, um dort Unterricht bei einem berühmten Gesangslehrer zu nehmen.
Darüber
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