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Warum Liebe Weh Tut

Warum Liebe Weh Tut

Titel: Warum Liebe Weh Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Illouz
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gilt es nunmehr, sich in geeigneter Weise um sein Selbst zu sorgen, das »essentialisiert« worden ist – es existiert jenseits der sozialen Schicht. 213 Das Selbstwertgefühl wohnt jetzt dem Selbst inne. Wie der Verfasser des populären Buchs Frosch oder Prinz? ausführt: »Tatsache ist, dass jeder von uns alles dafür tut, um sich gut zu fühlen, und wenn wir uns in der Nähe eines Menschen besonders gut fühlen, werden wir überrascht sein, wie wichtig und attraktiv dieser Mensch für uns wird   – und umgekehrt.«  [16] Die Rituale der Anerkennung müssen hier das »Wesen« des Selbst würdigen, nicht die Zugehörigkeit zur richtigen Klasse, und »sich gut zu fühlen« ist gleichermaßen zu Grund und Zweck geworden, um sich zu verlieben. Bei einem breiten Spektrum von Psychologen und Psychoanalytikern stößt die Auffassung auf Widerhall, das Selbst müsse gleichsam rückbestätigt werden. Für die Psychoanalytikerin Ethel Spector Person wird dem anderen in der Liebe ein sehr hoher Wert zugeschrieben, während der Wert des Selbst stets fraglich ist und danach verlangt, bestätigt zu werden.  [17] Persons Wortwahl und Analyse verweisen auf einen wichtigen Wandel in der Bedeutung der Liebe in der Moderne, wenn sie schreibt:
     
    In der erwiderten Liebe bestätigen die Liebenden einander ihre Einzigartigkeit und ihren Wert. In ihr eröffnet sich uns die Chance, daß ein anderer Mensch uns durch und durch kennenlernt, uns akzeptiert, ohne über uns zu urteilen, und uns trotz all unserer Schwächen und Mängel liebt.  […] Nur wenn wir geliebt werden, werden wir von unseren Unsicherheiten erlöst , wird uns unsere Wichtigkeit garantiert .  [18]
    Die Begriffe »Bestätigung« und »Unsicherheit« kommen in dem Vokabular, mit dem man sich im 18. oder 19. Jahrhundert die romantische Liebe zurechtlegte, nicht vor. Sie stellen eine neue Terminologie und einen entschieden neuen Weg 214 dar, die Liebeserfahrung zu begreifen. Tatsächlich ist der Begriff der Unsicherheit für die zeitgenössischen Liebesvorstellungen (und einen Großteil der zeitgenössischen Ratschläge in Sachen Liebe und Partnersuche) so zentral geworden, daß er uns nötigt, seiner Bedeutung nachzufragen.
    Psychologische Beschreibungen wie die zitierte enthalten und behandeln Merkmale unserer sozialen Welt. Was in der üblichen psychologischen Sprache »Unsicherheit« heißt, verweist auf zwei soziologische Tatsachen: erstens, daß unsere Geltung und unser Wert nicht unabhängig von Interaktionen bestehen und nicht von vornherein gesichert sind, sondern beständig neu festgelegt und bekräftigt werden müssen sowie zweitens, daß es unser Abschneiden in einer Beziehung ist, das über diese Geltung entscheiden wird. Unsicher zu sein heißt, daß man keine Gewißheit über die eigene Geltung hat, daß man diese nicht selbst gewährleisten kann und auf andere angewiesen ist, um sie gewährleistet zu bekommen. Eine der grundlegenden Veränderungen in der Moderne betrifft die Tatsache , daß die soziale Geltung in sozialen Beziehungen performativ ermittelt wird. Eine andere Formulierung hierfür wäre, daß soziale Interaktionen – beziehungsweise die Art und Weise, wie das Selbst in ihnen abschneidet – ein Hauptvektor sind, um dem Selbst Geltung und Wert zufließen zu lassen, was dazu führt, daß das Selbst entscheidend von anderen und seinen Interaktionen mit ihnen abhängt. Während die romantische Bindung bis Mitte oder Ende des 19. Jahrhunderts auf der Grundlage eines bereits vorhandenen und annähernd objektiv begründeten Bewußtseins der sozialen Geltung aufbaute, ist sie in der Spätmoderne dafür verantwortlich, einen großen Teil dessen hervorzubringen, was wir als Selbstwertgefühl bezeichnen können. Gerade weil also Ehe und romantische Liebesabenteuer fest in gesellschaftlichen und ökonomischen Erwägungen verankert waren, trug die romantische Liebe kaum dazu bei, die Selbstwahrnehmung des eigenen 215 sozialen Orts zu steigern. Und gerade weil die Liebe aus ihren sozialen Rahmenbedingungen herausgelöst wurde, ist die romantische Liebe zum Schauplatz der Aushandlung des Selbstwertgefühls geworden.
    Um einschätzen zu können, was so bezeichnend für die gegenwärtige Lage ist, können wir diese kurz mit den Ritualen des Liebeswerbens im 19. Jahrhundert vergleichen. Auch wenn es riskant sein mag, den Inhalt des Gefühlslebens von Menschen früherer Zeiten zu beurteilen, bieten die Rituale des Liebeswerbens im 19. Jahrhundert

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