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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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extraktiven politischen Institutionen je nach Geschichte und Gesellschaftsstruktur unterscheiden, so variieren auch die Einzelheiten der von den Eliten gegründeten extraktiven Wirtschaftsinstitutionen. In Nordkorea entstammten die Instrumente der Extraktion wiederum dem kommunistischen Werkzeugkasten: die Abschaffung von Privateigentum und die staatliche Lenkung von Landwirtschaft und Industrie.
    In Ägypten entstand nach 1952 eine recht ähnliche Situation unter Oberst Nassers erklärtermaßen sozialistischem Militärregime. Nasser ergriff im Kalten Krieg für die Sowjetunion Partei, konfiszierte ausländische Vermögenswerte wie den in britischer Hand befindlichen Suezkanal und verstaatlichte große Teile der Wirtschaft. Die Umstände im Ägypten der 1950er und 1960er Jahre waren jedoch ganz anders als die im Korea der 1940er Jahre. Den Nordkoreanern fiel es weitaus leichter, eine radikalkommunistische Wirtschaft aufzubauen, da sie japanische Vermögenswerte beschlagnahmen und dem Vorbild der chinesischen Revolution folgen konnten.
    Dagegen war die ägyptische Revolution in erster Linie ein Putsch von Armeeoffizieren. Als Ägypten im Kalten Krieg auf die Seite des Westens überwechselte, war es deshalb für das ägyptische Militär relativ einfach – und vorteilhaft –, die Ausbeutungsmethode von der zentralen Kommandowirtschaft auf den Kumpelkapitalismus umzustellen. Gleichwohl lässt sich die im Vergleich zu Nordkorea bessere Wirtschaftsleistung Ägyptens auf den weniger extraktiven Charakter der ägyptischen Institutionen zurückführen. Zum einen musste das ägyptische Regime, das nicht über die erstickende Kontrolle der nordkoreanischen Kommunistischen Partei verfügte, seine Bevölkerung versöhnlicher stimmen, als es in Nordkorea erforderlich war. Zum anderen erzeugte der Kumpelkapitalismus ein paar Investitionsanreize, jedenfalls bei den Günstlingen des Regimes, die in Nordkorea völlig fehlten.
    Solche Details sind wichtig und interessant, aber entscheidend ist der Blick aufs Ganze, der deutlich macht, dass extraktive politische Institutionen in allen genannten Fällen ein extraktives Wirtschaftssystem hervorgebracht haben, das nur der Elite Macht und Wohlstand beschert.
    Die Intensität der Extraktion variiert in den erwähnten Staaten natürlich, was erhebliche Konsequenzen für den Wohlstand hat. In Argentinien zum Beispiel tragen die Verfassung und demokratische Wahlen wenig dazu bei, den Pluralismus zu fördern, doch sie funktionieren viel besser als in Kolumbien. Zumindest kann in Argentinien der Staat das Gewaltmonopol für sich beanspruchen. Teils aus diesem Grund ist das Pro-Kopf-Einkommen in Argentinien doppelt so hoch wie in Kolumbien. Die politischen Institutionen beider Länder halten die Eliten viel effektiver unter Kontrolle, als es in Simbabwe und Sierra Leone der Fall ist, weshalb die beiden Letzteren beträchtlich ärmer sind als die Ersteren.
    Der Teufelskreis bewirkt auch, dass sogar dann, wenn extraktive Institutionen den Zusammenbruch des Staates, wie in Sierra Leone und Simbabwe, verursachen, sie deshalb nicht endgültig von der Bildfläche zu verschwinden brauchen. Wie ausgeführt, bewirken Bürgerkriege und Revolutionen, auch wenn sie sich in Umbruchphasen ereignen, nicht unbedingt einen institutionellen Wandel. Die Ereignisse in Sierra Leone seit dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 2002 liefern dafür ein anschauliches Beispiel.
    2007 kehrte Siaka Stevens’ alte Partei, die APC, auf demokratischem Weg an die Macht zurück. Ernest Bai Koroma, der die Präsidentschaftswahl gewann, hatte zwar keine Verbindung zur alten APC-Führung, doch das ließ sich von vielen seiner Kabinettsmitglieder nicht sagen. Zwei von Stevens’ Söhnen, Bockarie und Jengo, wurden sogar zu Botschaftern in den Vereinigten Staaten und in Deutschland ernannt. In gewissem Sinne ist dies eine weniger berechenbare Version der Ereignisse in Kolumbien. Dort bleibt ein Mangel an staatlicher Autorität in vielen Landesteilen erhalten, weil dies dem Interesse einiger Vertreter der politischen Elite entspricht, doch die maßgeblichen politischen Institutionen sind stark genug, um zu verhindern, dass die Unordnung in völliges Chaos abgleitet. In Sierra Leone – teils wegen des extraktiveren Charakters der Wirtschaftsinstitutionen und teils wegen der Geschichte des genauso extraktiven politischen Systems – leidet die Gesellschaft nicht nur wirtschaftlich, sondern sie schwankt auch zwischen Chaos und einem

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