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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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dass extraktive Institutionen nie Wachstum auslösen könnten oder dass alle derartigen Institutionen gleich beschaffen seien.
    Es gibt zwei unterschiedliche komplementäre Möglichkeiten, wie extraktive politische Institutionen Wachstum hervorbringen können. Erstens ist, wiewohl die Wirtschaftsinstitutionen extraktiv sind, Wachstum denkbar, wenn die Machthaber Mittel direkt in leistungsfähige Wirtschaftsbereiche lenken, die sie selbst kontrollieren. Ein hervorragendes Beispiel für diesen Wachstumstyp unter extraktiven Institutionen bildeten die Karibischen Inseln zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. Die Bevölkerung bestand überwiegend aus Sklaven, die unter grässlichen Bedingungen auf den Plantagen arbeiteten und kaum über dem Existenzminimum lebten. Viele starben an Unterernährung und Erschöpfung. Auf Barbados, Kuba, Haiti und Jamaika verfügte eine kleine Minderheit, die Plantagenbesitzer im 17. und 18. Jahrhundert, über jegliche politische Macht und über sämtliche Vermögenswerte, darunter auch die Sklaven. Während die Mehrheit keine Rechte hatte, war das Eigentum der Plantagenbesitzer gut geschützt. Ungeachtet der extraktiven Wirtschaftsinstitutionen, welche die Bevölkerungsmehrheit brutal ausbeuteten, zählten die Inseln zu den reichsten Gebieten der Welt, da sie Zucker produzieren konnten, der auf den Weltmärkten verkauft wurde. Die Wirtschaft der Inseln stagnierte erst, als man zu neuen ökonomischen Aktivitäten überwechseln musste, die sowohl die Einnahmen als auch die politische Macht der Plantagenbesitzer ins Wanken brachten.
    Ein weiteres Beispiel liefern das Wirtschaftswachstum und die Industrialisierung der Sowjetunion seit dem ersten Fünfjahresplan von 1928 bis in die 1970er Jahre hinein. Die politischen und wirtschaftlichen Institutionen waren überaus extraktiv und die Märkte starken Einschränkungen unterworfen. Nichtsdestoweniger erzielte die Sowjetunion ein rasches Wirtschaftswachstum, weil sie die Macht des Staates nutzte, um Mittel aus der Landwirtschaft, wo sie sehr ineffizient eingesetzt wurden, in die Industrie umzulenken.
    Der zweite Wachstumstyp unter extraktiven politischen Institutionen entsteht dann, wenn die Entwicklung begrenzt inklusiver Wirtschaftsinstitutionen zugelassen wird. Viele Gesellschaften mit extraktiven politischen Institutionen schrecken, weil sie die schöpferische Zerstörung fürchten, vor inklusiven Wirtschaftsinstitutionen zurück. Aber der Grad, bis zu dem die Herrschenden die Macht monopolisieren können, variiert von einer Gesellschaft zur anderen. In manchen kann sich die herrschende Elite so sicher fühlen, dass sie gewisse Schritte in Richtung inklusiver Wirtschaftsinstitutionen zulässt, weil sie ihre politische Macht nicht bedroht sieht. Andererseits kann ein extraktives politisches Regime durch die historische Entwicklung mit relativ inklusiven Wirtschaftsinstitutionen ausgestattet sein, die es nicht zu blockieren beschließt. Dies wäre der zweite Weg, auf dem Wachstum unter extraktiven politischen Institutionen möglich ist.
    Die rapide Industrialisierung von Südkorea unter General Park mag als Beispiel dienen. Park gelangte 1961 durch einen Militärputsch an die Macht, doch der Putsch ereignete sich in einer Gesellschaft, die stark von den Vereinigten Staaten unterstützt wurde und deren Wirtschaftsinstitutionen überwiegend inklusiv waren. Parks autoritäres Regime fühlte sich sicher genug, um das Wirtschaftswachstum zu fördern, und das sogar mit großem Nachdruck – vielleicht teilweise deshalb, weil das Regime seine Macht nicht direkt auf extraktive Wirtschaftsinstitutionen stützte. Im Unterschied zur Sowjetunion und den meisten anderen Beispielen für Wachstum unter extraktiven Institutionen vollzog Südkorea in den 1980er Jahren auch im politischen Bereich den Übergang zu inklusiven Einrichtungen. Dabei wirkten mehrere Faktoren zusammen.
    In den 1970er Jahren waren die Wirtschaftsinstitutionen in Südkorea derart inklusiv geworden, dass eines der starken Argumente für extraktive politische Institutionen wegfiel: Die Wirtschaftselite hatte durch ihre eigene Beherrschung der Politik oder durch die politische Dominanz des Militärs wenig zu gewinnen. Die relative Einkommensgleichheit in Südkorea bedeutete auch, dass die Elite durch Pluralismus und Demokratie weniger zu befürchten hatte. Der Einfluss der Vereinigten Staaten, besonders angesichts der Bedrohung durch Nordkorea, hatte zudem zur Folge, dass die starke

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