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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Bath, teilte seinen Priestern mit:
    Der allmächtige Gott setzt Donner, Blitz und andere Schläge ein, die von seinem Thron ausgehen, um die Söhne, die er erlösen möchte, zu geißeln. Mithin, da eine katastrophale Pestilenz von Osten in einem Nachbarkönigreich erschienen ist, muss befürchtet werden, dass, wenn wir nicht fromm und unaufhörlich beten, eine ähnliche Pestilenz ihre giftigen Fühler in dieses Reich vorschieben und die Bewohner niederstrecken und vernichten wird. Daher müssen wir alle in der Gegenwart des Herrn zur Beichte und Psalmen singend zusammenkommen.
    Es war nutzlos. Die Pest schlug zu und löschte rasch die Hälfte der englischen Bevölkerung aus.
    Solche Katastrophen können gewaltige Folgen für die Institutionen einer Gesellschaft haben. Zahlreiche Menschen verloren – vielleicht verständlicherweise – jegliches Maß. Boccaccio schrieb: »Andere … versicherten, viel zu trinken, gut zu leben, mit Gesang und Scherz umherzugehen, in allen Dingen, soweit es sich tun ließe, seine Lust zu befriedigen und über jedes Ereignis zu lachen und zu spaßen, sei das sicherste Heilmittel für ein solches Übel … Vielleicht hat dieser Brauch bei manchen, die wieder genasen, in späterer Zeit einen Mangel an Keuschheit veranlasst.«
    Doch die Pest hatte auch sozial, wirtschaftlich und politisch einen umwälzenden Effekt auf die mittelalterlichen europäischen Staaten. Um die Wende des 14. Jahrhunderts herrschte in Europa eine Feudalordnung, eine Gesellschaftsorganisation, die sich nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches in Westeuropa herausgebildet hatte. Sie beruhte auf einer hierarchischen Beziehung zwischen dem König und den Adligen sowie den ihnen untergebenen Bauern. Dem König gehörte das Land, das er den Grundherren im Austausch für Militärdienste überließ. Die Feudalherren wiesen das Land ihren Bauern zu, wofür diese einen beträchtlichen Teil ihrer Arbeit unbezahlt leisten mussten und vielen Strafen und Steuern unterlagen. Bauern, die den Status von Leibeigenen hatten, waren an das Land gebunden und konnten es ohne Genehmigung ihrer Grundherren, die außerdem als Richter, Geschworene und Polizisten fungierten, nicht verlassen. Es war ein äußerst extraktives System, in dem sich der Wohlstand nach oben – von den vielen Bauern auf die wenigen Feudalherren – verteilte.
    Der massive Arbeitskräftemangel, der durch die Pest entstand, erschütterte die Feudalordnung in ihren Grundfesten. Dadurch wurden die Bauern ermutigt, Änderungen zu verlangen. Beispielsweise forderten sie in der Abtei Eynsham, dass viele der Geldstrafen und das Ausmaß an unbezahlter Arbeit verringert wurden. Sie erhielten, was sie wollten, und ihr neuer Vertrag begann mit der Erklärung: »Zur Zeit der Sterblichkeit oder Pestilenz, die sich 1349 ereignete, blieben kaum zwei Pächter auf dem Gut, und sie gaben ihrer Absicht Ausdruck, es zu verlassen, falls Bruder Nicholas von Upton, damals Abt und Grundherr, keine neue Absprache mit ihnen traf.« Genau das tat er.
    Was in Eynsham geschah, wiederholte sich überall. Die Bauern befreiten sich von Zwangsarbeitsdiensten und manchen anderen Verpflichtungen gegenüber ihren Feudalherren. Die Löhne stiegen. Die Regierung versuchte, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, indem sie 1351 das Arbeiterstatut verabschiedete, das mit den Worten begann:
    Da ein großer Teil des Volkes und besonders der Arbeiter und Dienstboten nun in jener Pestilenz gestorben ist, sind einige, der Not der Herren und der Knappheit an Dienern gewahr, nicht bereit zu arbeiten, wenn sie keine übertriebenen Löhne erhalten … Wir haben angesichts der großen Unannehmlichkeiten, die sich aus dem Mangel besonders an Pflügern und ähnlichen Arbeitern ergeben können … verordnet: dass alle Männer und Frauen unseres Königreichs England … dem zu dienen haben, der sie angeworben hat; und sie sollen nur die Löhne, Deputate oder Gehälter beziehen, die an den Orten, wo sie zu dienen bestrebt sind, im zwanzigsten Jahr unserer Herrschaft über England [Eduard III. bestieg den Thron am 25. Januar 1327, was bedeutet, dass hier von 1347 die Rede ist] oder in den fünf oder sechs Jahren davor gebräuchlich waren.
    Durch das Statut sollten die Löhne also auf dem Niveau, das vor dem Schwarzen Tod üblich war, festgeschrieben werden. Äußerst beunruhigend für die englische Elite waren Abwerbungsversuche, mit denen ein Grundherr die knappen Bauern eines anderen für sich zu

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