Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
beseitigt werden. Tatsächlich lassen extraktive politische und wirtschaftliche Institutionen eine allgemeine Tendenz zu internen Machtkämpfen aufkommen, weil sie die Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen einer kleinen Minderheit bewirken. Wenn eine andere Gruppe diese Minderheit überwältigen und ausmanövrieren kann, um selbst die Kontrolle über den Staat zu gewinnen, wird sie die gleichen Privilegien genießen. Wie wir am Beispiel der Umstände, unter denen das spätrömische Reich und die Maya-Städte zusammenbrachen, noch zeigen werden, sind unterschwellige Kämpfe um die Kontrolle des allmächtigen Staates stets latent vorhanden. Hin und wieder intensivieren sie sich und enden im Untergang des Regimes, da sie in Bürgerkriege übergehen und manchmal den totalen Kollaps des Staates herbeiführen. Daraus folgt unter anderem, dass die Situation, selbst wenn eine Gesellschaft unter extraktiven Institutionen zunächst ein gewisses Maß an staatlicher Zentralisierung schafft, nicht von Dauer ist. Die Machtkämpfe um die extraktiven Institutionen lösen häufig nicht nur Bürgerkriege und eine verbreitete Gesetzlosigkeit aus, sondern sie begründen auch ein fortdauerndes Fehlen staatlicher Zentralisierung wie in vielen Staaten des subsaharischen Afrika und in mehreren Ländern in Lateinamerika und Südasien.
Letztlich besteht in Fällen, in denen unter extraktiven politischen Institutionen Wachstum erzielt wird, weil die Wirtschaftsinstitutionen, wie in Südkorea, inklusive Aspekte haben, immer die Gefahr, dass die Wirtschaftsinstitutionen extraktiver werden und das Wachstum aufhört. Die Machthaber werden es irgendwann für vorteilhafter halten, den Wettbewerb einzuschränken, um ihren Anteil am Kuchen zu vergrößern, oder sogar andere zu bestehlen und auszuplündern, als den wirtschaftlichen Fortschritt zu unterstützen. Durch eine solche Verteilung der Macht und ihre Ausübung dürften die Grundlagen des Wirtschaftswohlstands schließlich untergraben werden, es sei denn, dass sich extraktive politische Institutionen in inklusive verwandeln.
4.
Kleine Unterschiede und Umbruchphasen: Die Last der Geschichte
Die Welt, die von der Pest geschaffen wurde
Im Jahr 1346 erreichte die Beulenpest, der Schwarze Tod, die Hafenstadt Tana an der Mündung des Don ins Schwarze Meer. Übertragen von auf Ratten lebenden Flöhen, wurde die Pest aus China von Händlern mitgebracht, die auf der Seidenstraße, der großen transasiatischen Handelsroute, herbeigereist waren. Durch Genueser Kaufleute verbreiteten die Ratten bald die Flöhe und die Pest von Tana über das gesamte Mittelmeergebiet. Anfang 1347 gelangte sie nach Konstantinopel. Im Frühjahr 1348 herrschte sie in Frankreich und Nordafrika und im italienischen Stiefel. Die Seuche tötete, wo immer sie auftrat, etwa die Hälfte der Bevölkerung. Über ihr Eintreffen in der italienischen Stadt Florenz legte der Schriftsteller Giovanni Boccaccio Zeugnis aus erster Hand ab:
Gegen dieses Übel half keine Klugheit oder Vorkehrung … Etwa zu Frühlingsanfang des genannten Jahres begann die Krankheit schrecklich und erstaunlich ihre verheerenden Wirkungen zu zeigen. Dabei war aber nicht, wie im Orient, das Nasenbluten ein offenbares Zeichen unvermeidlichen Todes, sondern es kamen zu Anfang der Krankheit gleichermaßen bei Mann und Weib an den Leisten oder in den Achselhöhlen gewisse Geschwulste zum Vorschein, die manchmal so groß wie ein gewöhnlicher Apfel, manchmal wie ein Ei wurden, bei den einen sich in größerer, bei den andern sich in geringerer Zahl zeigten und schlechtweg Pestbeulen genannt wurden. Später aber gewann die Krankheit eine neue Gestalt, viele bekamen auf den Armen, den Lenden und an allen übrigen Teilen des Körpers schwarze und bräunliche Flecke, die bei einigen groß und gering an Zahl, bei andern aber klein und dicht waren … Dabei schien es, als ob zur Heilung dieses Übels kein ärztlicher Rat und die Kraft keiner Arznei wirksam oder förderlich wäre … und fast alle starben innerhalb dreier Tage nach dem Erscheinen der beschriebenen Zeichen.
Die Menschen in England wussten, dass die Pest zu ihnen kommen würde, und waren sich über das drohende Unheil im Klaren. Mitte August 1348 forderte König Eduard III. den Erzbischof von Canterbury auf, Gebete zu organisieren, und viele Bischöfe schrieben Briefe, die in den Kirchen verlesen werden sollten, damit die Menschen gewappnet waren. Ralph von Shrewsbury, Bischof von
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