Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens (German Edition)
Formen als genauer wahrgenommen werden, als sie es tatsächlich sind.
Viele andere nahmen die Kornkreis-Herausforderung an und entwickelten immer komplexere Formen. Nach wie vor überwiegen geometrische Muster, aber es wurdenauch schon Logos zu Werbezwecken und andere eher irdische Bilder produziert. Trotzdem gibt es immer noch eine Zahl von Gläubigen, die daran festhalten, dass manche Kornkreise von Außerirdischen stammen. Im Prinzip könnte das stimmen, im Prinzip könnte auch der Supermarkt um die Ecke von Aliens gebaut worden sein, solange man nicht beobachtet hat, wie Menschen das taten – doch äußerst unwahrscheinlich ist es schon. Die simple Entstehung der Kornkreise sollte aber nicht davon ablenken, dass es sich um ausgezeichnete kurzlebige Kunstwerke handelt. Kunst, die Getreide als Medium und Bretter als Zeichengerät verwendet, aber nichtsdestotrotz Kunst.
Die Nazca-Ebene
Kunstwerke, die am besten aus der Luft zu erkennen sind, hat es schon früher gegeben. Am beeindruckendsten sind wohl die Nazca-Linien, die sich über weite Bereiche einer abgelegenen Wüste in Peru erstrecken. Diese Muster sind entstanden, indem jemand die dunkle obere Gesteinsschicht in der Wüste abkratzte, so dass die hellere Schicht darunter zum Vorschein kam. Die Einkerbungen sind sehr flach – manche sind nur 10 Zentimeter tief, kaum eine reicht tiefer als 30 Zentimeter –, aber in dieser Wüste regnet es so wenig, dass die Linien und Bilder seit gut 1500 Jahren deutlich zu erkennen sind.
Bei vielen der Nazca-Linien handelt es sich tatsächlich nur um gerade Linien oder einfache Formen, aber es gibt auch eine Reihe von Darstellungen stilisierter Tiere – von Affen bis zu Kolibris. Diese Figuren sind groß – die größten haben einen Durchmesser von 200 bis 250 Metern –, während die Linien sich weit länger erstrecken können. Wie bei den Kornkreisen wurde auch bei den Nazca-Linienspekuliert, sie seien das Werk von Außerirdischen oder zumindest Menschen, denen Außerirdische begegnet seien und ihnen Botschaften schicken wollten. Besonders rätselhaft erschien, wieso man lange, bevor der Mensch den Luftraum erobert hatte, ein Muster entwickeln sollte, das man vom Boden aus nicht sehen kann. Der ganze Ansatz erschien vielen Interpreten jenseits der Fähigkeiten einer nicht sehr hoch entwickelten Kultur zu liegen.
9. Ein kleiner Bereich der Nazca-Linien, der von der Panamericana durchschnitten wird (Nazca, Peru).
Diese Analyse übersieht zwei Faktoren. Der eine ist eine natürliche Tendenz zur Größe, wenn es um Dinge von spiritistischer Relevanz geht. Nehmen Sie nur eine mittelalterliche Kirche wie die Kathedrale im südenglischen Salisbury. Sie wurde im 13. Jahrhundert erbaut, und ihr Turm ist 123 Meter hoch. Vergleicht man sie mit der typischen Hausarchitektur der Zeit, kommt man leicht zu dem Schluss, dass die primitiven mittelalterlichen Europäer mit ihren winzigen Hütten nicht in der Lage gewesen sein können, solch einen riesigen Bau zu errichten. Doch die Kathedrale wurde ausdrücklich in der Absicht gebaut, etwas jenseits menschlicher Maße zu schaffen, etwas, das die Erbauer für Gott würdig hielten.
Zum anderen haben wir auch ohne spirituellen Imperativ die Neigung, größer und größer zu werden, wenn es der Malgrund erlaubt. Wenn Menschen am Strand Sandbilder zeichnen, geraten die oft erstaunlich groß. Kinder ziehen dabei Linien, die viele Meter lang sind – nicht, um Außerirdischen Botschaften zu schicken, sondern aus Spaß an der Freude. Sie tun es, weil es möglich ist, auch wenn sie ihr Werk nur richtig sehen könnten, wenn sie sich in die Luft erheben würden. Größe ist Teil des Spaßes bei einem riesigen Malgrund. In gewisser Weise ähneln die Nazca-Linien Sandbildern – nur dass der »Strand« in der Wüste zufällig riesig ist und die Bilder jahrhundertelang bewahrt wurden, statt von jeder Flut weggeschwemmt zu werden.
Kreide ist das Markenzeichen
Einen weiteren Grund, großformatige Artefakte zu schaffen, belegen die kleineren, aber immer noch beeindruckenden Wahrzeichen, die man beim Flug über Großbritannien entdecken kann – Figuren, die als weiße Pferde bekannt sind. Weiße Pferde (die Bezeichnung ist irreführend, denn in Wirklichkeit handelt es sich nicht nur um Pferde) sind in Gegenden zu finden, wo die Erde nur als dünnes Furnier über Kreidehügeln liegt. Wenn man dort Grasnarbe und Erdschicht entfernt – was als Scharren bezeichnet wird –, kann
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