Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
sich ständig in Las Vegas herumtrieb. In keinem einzigen Zeitungsartikel war die Rede von einem Sohn, weil Serge wusste, Agnes hätte ihn umgebracht, wenn er die Aufmerksamkeit auf Martin gelenkt hätte. Sie wollte ihren Sohn anständig erziehen, ohne Glanz und Gloria …«
    May nickte, konnte das Bestreben ihrer Schwiegermutter, die sie nie kennen gelernt hatte, gut nachfühlen.
    »Das Personal im Eislaufstadion wusste also nicht einmal, dass Martin überhaupt existierte. Später stellte sich heraus, dass Serge dafür gesorgt hatte, dass zwei Leute fristlos entlassen wurden, weil sie uns nicht in die Umkleidekabinen gelassen hatten. Aber wie dem auch sei, wir kamen nicht zum Zug.«
    »Ich weiß, was für ein Gefühl das ist. Martin war bestimmt am Boden zerstört.«
    »Das ist noch gelinde ausgedrückt. Nachdem wir von zu Hause aufgebrochen waren, hatte es dort einen Wetterumschwung gegeben. Wir fanden eine Mitfahrgelegenheit bis Belleville, wo der Wind über den Ontariosee peitschte und sich der Sturm schließlich in einen Blizzard verwandelte.«
    »Einen Blizzard?«
    Ray nickte. »Einen Schneesturm von der schlimmsten Sorte. Das Schneetreiben war so dicht, dass wir kaum die Hand vor Augen sahen. Wir waren völlig durchgefroren. Uns war in unserem ganzen Leben noch nie so kalt gewesen. Nie.«
    May schloss die Augen, dachte an die Strapazen, die Martin auf sich genommen hatte, um seinen Vater zu sehen. So weit zu kommen und dann kurz vor dem Ziel umkehren zu müssen!
    »Wir hatten Jacken und Stiefel an, aber der Schnee reichte uns bis über die Knie. Die Straßen waren menschenleer, kein einziges Auto kam vorbei. Es wurde dunkel. Unsere Finger und Zehen waren taub, die Gesichter an den Reißverschlüssen der Jacken festgefroren. Wir bluteten, und das Blut gefror. Ich dachte, unser letztes Stündlein hätte geschlagen.«
    »Was habt ihr gemacht?«
    »Martin hat nicht zugelassen, dass ich die Hoffnung aufgab. Ich bin sicher, dass sein Glaube uns in jener Nacht beide am Leben erhalten hat.«
    May spürte Rays Blick, aber sie konnte ihn nicht ansehen.
    »Er hat mir das Leben gerettet.« Ray blickte zu den niedrigen Hügeln hinüber. »Wir haben aufeinander eingedroschen, damit uns warm wurde, dann haben wir ein Iglu gebaut und uns eingegraben, bis der Schneesturm vorüber war.«
    May schloss die Augen, stellte sich einen schützenden Kokon aus gefrorenem Eis und Schnee vor. Martin lebt immer noch in einem, dachte sie und fragte sich, wie weit der Glaube ihres Mannes heute reichen mochte.
    »Gib ihn nicht auf.« Ray berührte Mays Hand. May kniff die Augen zusammen, versuchte, gleichmäßig zu atmen. Martin hatte sie aufgegeben.
    »Was hat er dazu gesagt, dass ich neulich Abend im Eisstadion aufgekreuzt bin? Er ist wortlos an mir vorbeigegangen.«
    »Nichts hat er gesagt.«
    »Du nimmst ihn in Schutz«, funkelte May ihn an.
    »Nein, tue ich nicht. Ich habe ihm gesagt, er sei ein Arschloch, und er hat mir beigepflichtet. Einer von den Jungs hat ihn damit aufgezogen, dass du schnurstracks in die Umkleidekabine marschiert bist, daraufhin ist er ihm an die Gurgel gegangen.«
    »Was ist bloß los mit ihm?«
    »Ich weiß es nicht.« Ray betrachtete Genny, die gerade den Drachen einholte. Er hob sich dunkel gegen den Abendhimmel ab und taumelte zur Erde wie eine Fledermaus. »Martin ist mein bester Freund, aber ich habe keine Ahnung.«
    Genny und die Kinder näherten sich dem Haus. Kylie erzählte von ihrer morgigen Geburtstagsfeier im Eisstadion. Sie war bedrückt, weil sie nicht besonders gut Schlittschuh laufen konnte, und die Gardner-Kinder machten ihr Mut, dass sie es den anderen schon zeigen werde.
    »Wollt ihr nicht auch kommen?«, fragte Kylie.
    »Ich kann nicht. Ich muss den Saal für den Schulball schmücken«, sagte Charlotte.
    »Und ich habe ein Baseballspiel. Tut mir Leid, Kylie«, sagte Mark.
    May hüllte Kylie in ihre Strickjacke und nahm sie auf den Schoß. Kylie verbarg ihre Enttäuschung. Sie würde sich erst in der Nacht ihre Bahn brechen, im Schlaf, wenn sie, wie so häufig, Martins Namen rief. Dann wachte sie auf, schweißgebadet und tränenüberströmt, und murmelte die Worte, mit denen alles begonnen hatte: »Zusammenbringen. Natalie hat gesagt, wir müssen …« May notierte alles in dem kleinen blauen Notizbuch.
    »Die erste Sternschnuppe!« Charlotte deutete auf den Himmel.
    »Wünscht euch was«, sagte Genny.
    »Ich wünsche mir, dass die Bruins den Stanley Cup gewinnen«, sagte Mark.
    »So ist’s

Weitere Kostenlose Bücher