Was allein das Herz erkennt (German Edition)
Mutter gestanden und durch die Tür gespäht, die einen Spalt breit offen stand.
Plötzlich hörte sie, wie Jimmy und Ellen nach Luft schnappten und die Augen aufsperrten. »Wow! Das ist er!«, schrie Jimmy.
Die anderen Kinder und Eltern hörten auf, ihre Runden auf dem Eis zu drehen, und kamen herüber, zuerst langsam, dann mit großer Geschwindigkeit, um einen Blick durch die Lücke in der Trennwand zu werfen, hinter der Kylie stand. Als Kylie über ihre Schulter blickte, sah sie Martin auf sich zukommen, er hatte ein Paket unter den Arm geklemmt.
»Hallo, ich bin Tally Vance, Jimmys Mutter.« Eine Dame im roten Eislauftrikot streckte ihm die Hand entgegen. »Mein Sohn ist ein großer Fan von Ihnen, wir alle! Vielen Dank, dass Sie –«
»Nett, Sie kennen zu lernen«, erwiderte Martin, schüttelte ihr kurz die Hand und wandte sich sofort wieder ab. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen. Ich muss zu meiner Tochter.«
Kylies Herz machte einen Sprung. Sie presste die Hand auf den Mund, als Martin vor ihr in die Hocke ging. Er blickte sie an.
»Du bist gekommen!«, flüsterte sie.
»Ich konnte mir doch deine Geburtstagsparty nicht entgehen lassen.«
»Ich dachte, du hättest uns nicht mehr lieb.«
Martin schüttelte den Kopf. Seine Augen sahen so traurig aus, als hätte sie etwas furchtbar Schlimmes gesagt. »Es tut mir Leid, dass du das dachtest.« Er überreichte Kylie sein Geschenk, eine Schachtel, in glänzendes rosafarbenes Papier gewickelt. Als er den Blick hob, veränderte sich mit einem Mal sein ganzes Gesicht und Kylie wusste, dass er ihre Mutter ansah.
»May«, hörte Kylie ihn sagen.
*
May hatte sich einen Weg durch das Getümmel gebahnt, Kylies und ihre eigenen Schlittschuhe in der Hand. Sie hatten sie zuletzt auf dem Weiher hinter dem Bridal Barn getragen, als es gefroren hatte und sie mit Martin Schlittschuh gelaufen waren. Sie würde ihrer Tochter und sich selbst die Schlittschuhe anschnallen, aufs Eis hinausgehen und alles tun, was in ihrer Macht stand, damit Kylie eine schöne Geburtstagsparty hatte.
»May.«
Als sie ihren Namen hörte, sah May sich suchend in der Menschenmenge um. Eltern und Kinder hatten sich um die Bank geschart, auf der Kylie saß, und plötzlich entdeckte sie mitten unter ihnen Martin, der sie ansah.
»Oh!« Ein Schlittschuh fiel ihr aus der Hand.
Martin kam auf sie zu, bückte sich, um ihn aufzuheben. Er war ihr so nahe, dass seine Hand ihren rechten Schuh streifte. Ihr Herz klopfte, als käme sie gerade von einem Dauerlauf. Als er sich aufrichtete, um ihr den Schlittschuh zu reichen, berührten sich fast ihre Gesichter und sie spürte seinen Atem auf ihrer Wange.
»May«, sagte er, »es war meine Schuld, ich habe einen Fehler gemacht.«
Sie blickte in seine Augen, zitternd vor Verlangen, ihn zu umarmen, unfähig, auch nur eine Silbe über die Lippen zu bringen.
Ich auch, wollte sie sagen.
»Ich bin abgehauen, weil ich die Wahrheit nicht ertragen konnte. Ich bin weggeblieben, weil ich zuerst mit allem allein ins Reine kommen musste.«
Sie fühlte sich schwach, als sie ihm in die Augen sah. Sie waren sehr blau, von mehr Linien umgeben als noch vor einem Monat. Martin war während ihrer Trennung gealtert, und May war sicher, sie auch.
»War es besser ohne mich?«, fragte sie ihn.
»Es war die Hölle.«
Das Lachen blieb ihr in der Kehle stecken.
»Ich habe dir etwas mitgebracht.« Er griff in seine Tasche.
Überall ringsum hüpften und schrien die Kinder vor Vergnügen. Die Eltern eilten geschäftig hin und her, nur Kylie saß allein auf ihrer Bank. May wollte zu ihr, aber Martin hielt sie am Arm fest. Er reichte ihr einen kleinen Gegenstand, in Seidenpapier verpackt.
Mit zitternden Händen öffnete May das Päckchen. Es war der kleine Lederbeutel, den sie ihm in der letzten Saison geschenkt hatte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, der Glücksbringer für die Playoffs. Sie zog die Schnur auf und entdeckte darin die Rosenblätter und Knochen. Ihre Kehle brannte, als sie sich daran erinnerte, wie viel Hoffnung sie beim Präparieren gehabt hatte.
Martin schloss sie in die Arme. »Verzeih mir, May«, flüsterte er, den Mund an ihrem Ohr.
»Oh Martin.«
Kylie beobachtete sie, und deshalb musste sie einen kühlen Kopf bewahren, musste ganz sicher sein. Es hatte Augenblicke gegeben, in denen sie bereit gewesen wäre, alles zurückzunehmen, was sie je über seinen Vater gesagt hatte, ihre Prinzipien über Bord zu werfen, nur um Martin
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