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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Coach Dafoe. »Sie sind da oben und schauen zu.«
    »Sie?«, fragte Martin und sah auf.
    »Genau in diesem Moment, meine Mutter und deine, und sie machen Stimmung für uns. Feuern uns an, stampfen mit den Füßen. Deine Mutter stellte immer eine richtige Kampftruppe auf die Beine, wenn sie sich die Spiele im Stadion ansah.«
    Martin nickte. Wenn seine Mutter dort oben war, dann auch Natalie. Er spürte den Lederbeutel in seiner Hand. Plötzlich begannen die Worte des Coachs Sinn zu machen. May war eine Art Engel, ein Bote seiner Mutter und seiner Tochter. Vier Tage Ruhe und vierzehn Jahre Ruhelosigkeit: vierzehn Jahre Eishockey als Profispieler, ohne den Cup zu gewinnen. Er hatte zahllose Trophäen eingeheimst, war zwei Mal während der regulären Saison zum MVP, zum wertvollsten Spieler der NHL gekürt worden. Er hatte es zehn Mal bis zu den Best-Of-Seven-Playoffs geschafft, aber nie bis zur Finalrunde.
    »Denk daran, was ich dir gesagt habe.« Die schwarzen Augen von Coach Dafoe blickten starr wie die eines Hais, als er sich zum Gehen anschickte.
    »Im Zweifelsfall schießen«, wiederholte Martin. »Jorgensen darf nicht gewinnen.«
    »Richtig, und enttäusche unsere Mütter nicht.«

    *

    Am ersten Abend der Begegnung zwischen Boston und Edmonton waren Tobins Mann und ihre Söhne emsig damit beschäftigt, einen Wagen für das bevorstehende Seifenkistenrennen zu bauen, so dass Tobin sich selbst überlassen blieb.
    Deshalb fuhr sie zu den Taylors, um sich das Spiel gemeinsam mit May und Kylie anzuschauen. Sie saßen auf Mays Bett, der Fernseher war laut aufgedreht.
    »Kannst du den Puck sehen?«, fragte Tobin.
    »Ja, da ist er.« Kylie deutete auf den Bildschirm.
    »Das geht alles so schnell«, meinte May.
    »Das kannst du laut sagen.« Tobin lachte und May wusste, dass sie auf das Abendessen mit Martin anspielte. Ihr Mann und ihre Söhne interessierten sich für Angeln und Autorennen, aber nicht für Eishockey. Und so lernte Tobin gemeinsam mit May und Kylie die Fachbegriffe: Penalties, rechter Flügel, blaue Linie, neutrale Zone, Torraum. May behielt die Nummer 21 im Blick, Martin Cartier, und sie war atemlos vor Spannung.
    Mit ein oder zwei weit ausholenden Schritten kam Martin voll in Fahrt, flog auf den Kufen dahin, bahnte sich rasant den Weg durch die neutrale Zone, in den Verteidigungsraum der Oilers. Die Kufen klickten, pflügten sich durch das Eis und Körper schlugen mit einem dumpfen Aufprall gegen die Bande.
    »Ich wünschte, ich wäre im Stadion«, sagte May.
    »Das kann ich mir vorstellen. Schau, er ist voll im Bild. Er sieht direkt in die Kamera.«
    »Er schaut uns an«, sagte Kylie schläfrig.
    »Ich würde gerne wissen, ob sein Vater zuschaut,« sagte May.
    »Sein Vater?«
    »Ich hatte den Eindruck, als sei die Beziehung der beiden ziemlich kompliziert.«
    Kylie schmiegte sich an sie, schon halb im Schlaf, bemüht, wach zu bleiben, um zu sehen, wer gewann. Aber die Augen fielen ihr immer wieder zu.
    »Inwiefern kompliziert?«, fragte Tobin.
    »Sie reden nicht miteinander.«
    »Das ist doch eine klare Sache. Was soll daran kompliziert sein?«
    »Aber es ist doch sein Vater.« May verfolgte gebannt das Geschehen auf dem Bildschirm.
    Tobin lachte. »Er sollte aufpassen, was er dir erzählt. Er weiß offenbar nicht über dein Verhältnis zu Vätern Bescheid.«
    »Oh, bist du jetzt auch noch mein Therapeut?«
    »War ich schon immer.« Tobin lachte abermals, aber dann gerieten die Zuschauer außer Rand und Band und beide wandten sich wieder dem Spiel zu.
    »Was ist passiert?«
    »Irgendetwas mit Martin«, erwiderte Tobin, als sie sah, wie er über das Eis glitt und die Fäuste über den Kopf empor reckte.
    »Er ist so schnell wie der Blitz!«, rief einer der Sportreporter aus, die das Spiel im Stadion kommentierten, als Martin das erste Tor des Abends schoss.
    »Der Goldene Vorschlaghammer wie er leibt und lebt«, sagte ein anderer Kommentator, als Martin einen der Oilers rammte und ihn aufs Eis beförderte, um gleich darauf den Puck mit seinem gefürchteten Schlagschuss ins Tor zu jagen. »Cartier hat nicht nur die Statur eines Schwergewichtsboxers, sondern auch den entsprechenden Killerinstinkt«, verkündete der erste Sprecher.
    »Killerinstinkt«, sagte May, während sie beobachtete, wie sich Martin und Nils Jorgensen, der Stargoalie der Oilers, mit Blicken maßen.
    Die beiden Kommentatoren erklärten den Grund der Rivalität, die zwischen den beiden herrschte. Bei einem der Spiele hatten Martin und

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