Was auch geschehen mag: Schlossklinik Chefarzt Dr. Sturm (Heftromane für den Kindle) (German Edition)
sprechen wollte. Frau Ca rmel hat mir geschrieben. Sie ist zurzeit in England, genauer gesagt, in Schottland. Ihr rechter Oberarm macht ihr etwas Sorge. Sobald sie nach Deutschland zurückgekehrt ist, das wird in drei bis vier Wochen sein, will sie zu uns kommen.«
Auch das noch! Dr. Sturm seufzte gequält auf.
Herbert Fox hob mißbilligend die Augenbrauen. »Schade, daß Sie das so sehen, Herr Professor«, meinte er ärgerlich. »Ich hoffe nur, daß Sie es nicht darauf anlegen, eine unserer zahlungskräftigsten Patientinnen zu vertreiben. Außerdem ist mir nicht ganz klar, was Sie gegen Frau Carmel haben. Es handelt sich bei ihr um eine wirkliche Dame, mit der zu sprechen, es für jedermann eine reine Freude ist.«
»Worüber man durchaus geteilter Meinung sein kann«, b emerkte Dr. Sturm. »Außerdem habe ich etwas gegen Simulanten. Das einzige, was dieser Frau wirklich fehlt, ist etwas weniger Reichtum. Müßte Frau Carmel ihr Brot im schweiße des Angesichts verdienen, hätte sie keine Zeit, anderen Leuten einen Platz in unserer Klinik fortzunehmen.«
»Jetzt gehen Sie wohl etwas weit, Herr Professor«, empörte sich Fox und sein Gesicht lief rot an. »Frau Carmel hat noch nie unsere Klinik unnötig aufgesucht. Und ihr hat jedes Mal geholfen werden können.« Zur Bekräftigung seiner Worte schlug er mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte.
»Ich möchte mich nicht mit Ihnen streiten, Herr Fox..« Prof. Dr. Sturm stand auf. »Frau Carmel ist so gesund wie ein Mensch nur sein kann. Ihre angeblichen Schmerzen entspringen ihrem Wunsch, bei uns in der Schloßklinik zu sein. Ich kann sie nicht daran hindern, uns wieder einmal heimzusuchen, doch niemand kann von mir verlangen, daß ich andere Patienten vernachlässige, um bei ihr Händchen zu halten.« Er wandte sich der Tür zu.
»Vergessen Sie nicht, daß es sich bei Frau Carmel um eine Pr ivatpatientin handelt«, folgte ihm die Stimme des Verwaltungschefs. »Sie hat ein Recht darauf, von Ihnen persönlich betreut zu werden.«
Werner Sturm drehte sich um. »Falls sie Grund haben wird, sich über mich zu beschweren, weiß sie ja, daß sie bei Ihnen stets ein offenes Ohr finden wird, Herr Fox.« Er öffnete die Tür. »Ich nehme an, Sie gehen jetzt zum Mittagessen. Dann wünsche ich Ihnen einen guten Appetit.« Bevor Herbert Fox noch etwas erw idern konnte, hatte er schon die Tür von außen geschlossen.
Von allen Seiten strömte das Personal zum Kasino. Werner Sturm war zu verärgert, um Hunger zu empfinden. Er beschloß, sich erst im Park etwas die Füße zu vertreten. Es gab nicht viele Menschen, die der Klinikchef verabscheute, doch Victoria Carmel gehörte dazu. Jedes Mal, wenn sie sich in der Schloßklinik au fhielt, gab sie ihm und allen anderen deutlich zu verstehen, daß sie sich nur seinetwegen wieder eine neue Krankheit ausgedacht hatte. Sie wollte einfach nicht einsehen, daß ihm nichts an ihr lag und ihr Reichtum ihn völlig kalt ließ.
»Mahlzeit, Herr Doktor«, wurde er von Gottlieb Brause aus den Gedanken geschreckt. Der alte Mann war auf dem Weg zu seinen Gewächshäusern. Dort und in seinem Kräutergarten zog er viele der Pflanzen, aus denen im Labor der Schloßklinik wirksame Spezialarzneien für die Patienten hergestellt wurden.
Dr. Sturm erwiderte den Gruß. Er war nicht in der Stimmung, sich mit dem alten Mann zu unterhalten, deshalb wollte er auch gleich weitergehen, doch Gottlieb Brause ließ es nicht dazu kommen. Sie kannten und schätzten sich seit Jahren, deshalb konnte er sich ab und zu auch ein offenes Wort erlauben.
»Sie sehen verärgert aus«, meinte er und stützte sich auf den Stiel seines Spatens.
»Das bin ich auch, Herr Brause«, gab Werner unumwunden zu. Wieder mußte er an Victoria Carmel denken, eine steile Falte erschien auf seiner Stirn.
»Also, wenn ich mich über irgend etwas geärgert habe, schli eße ich die Haustür hinter mir ab, mache es mir in meinem Sessel bequem und schalte den Fernsehapparat ein«, sagte der Gärtner. »Sich in einen spannenden Film zu versenken, ein besseres Mittel gegen Ärger gibt es einfach nicht. Kann ich Ihnen nur empfehlen.«
Dann müßte ich jedes Mal, wenn ich mit Herbert Fox zusa mmentreffe, einen Fernsehapparat bei mir tragen, dachte Werner Sturm sarkastisch. »Ein Rat, der sich leider nicht verwirklichen läßt, Herr Brause«, meinte er.
»Auch wieder wahr.« Gottlieb Brause nickte zustimmend. »I hre Patienten würden sich wundern, Sie ständig vor dem
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