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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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bilden, bevor ich sterbe.«
    Die Roboter hoben die Sänfte an und setzten ihren gleichmäßigen Hundetrott fort, die gewaltigen Rampen hinunter in die warmen, dampfenden Geheimnisse der Erde. Die menschlichen Fußgänger wurden weniger, aber Untermenschen – hauptsächlich vom Typ Gorilla oder Affe – begegneten ihnen nun häufiger, mühsam nach oben kletternd und versteckte Schätze mit sich schleppend, die sie in den nirgendwo katalogisierten Warenhäusern aus der ältesten Vergangenheit der Menschen erbeutet hatten. Manchmal erklang das Rattern von Metallrädern auf Steinstraßen; nachdem die Untermenschen ihre Schätze an irgendeiner weit oben liegenden Zwischenstation abgeladen hatten, setzten sie sich auf ihre Karren und rollten wieder bergab, wie groteske Vergrößerungen frühmenschlicher Kinder, von denen erzählt wurde, dass sie einst auf diese Weise mit solchen Karren spielten.
    Ein Kommando, lediglich ein Flüstern, ließ die beiden Legionäre erneut stehen bleiben. Flavius drehte sich um; tatsächlich hatte Sto Odin beide Roboter gemeint. Sie setzten die Sänfte ab und näherten sich ihm, jeder von einer anderen Seite.
    »Ich werde vielleicht jetzt schon sterben«, flüsterte Sto Odin, »und das käme mir sehr ungelegen. Gebt mir meine Ichpuppe.«
    »Mylord«, sagte Flavius, »es ist uns Robotern strengstens untersagt, die Ichpuppe eines Menschen zu berühren, und wenn wir sie berühren, dann müssen wir uns danach unverzüglich selbst zerstören. Möchten Sie, dass wir es trotzdem versuchen? Sie haben das Kommando, Mylord.«

IV
    Sto Odin zögerte so lange, dass sich selbst die Roboter fragten, ob er nun hier in der stickigen, feuchten Luft und dem Gestank von Dampf und Öl sterben würde. Endlich richtete er sich auf und erklärte: »Ich brauche keine Hilfe. Legt mir nur die Tasche mit meiner Ichpuppe in den Schoß.«
    »Diese hier?«, fragte Flavius und hob einen kleinen braunen Koffer hoch, den er dem Lord widerstrebend reichte.
    Sto Odin nickte kaum merklich und flüsterte: »Öffne ihn vorsichtig. Aber berühre die Puppe nicht, wenn deine Befehle so lauten.«
    Flavius drehte an dem Verschluss der Tasche. Es war schwierig für ihn. Roboter empfanden keine Furcht, aber sie waren intellektuell zum Vermeiden von Gefahr gezwungen  – Flavius wurde von zahllosen Wahrscheinlichkeitsrechnungen überwältigt, während er versuchte, die Tasche zu öffnen. Sto Odin wollte ihm helfen, aber die uralte Hand war schwach und zittrig, und er konnte sie nicht einmal bis zu dem Koffer hochheben. Flavius mühte sich weiter ab, und er dachte dabei daran, dass das Gebiet und der Bezirk auch ihre Gefahren hatten, aber dass dieses Hantieren mit der Puppe für ihn das riskanteste Spiel in seiner Existenzform als Roboter war, obwohl er in seinem menschlichen Leben viele solcher Puppen und nicht nur seine eigene berührt hatte. Es waren »Puppen, elektro-enzephalografisch und endokrin«, die ein miniaturisiertes Abbild der gesamten diagnostischen Situation des Patienten lieferten, dessen Gestalt sie besaßen.
    »Es hat keinen Zweck«, murmelte Sto Odin. »Hebt mich hoch. Wenn ich sterben sollte, dann tragt meinen Leichnam zurück und sagt den Leuten, dass ich mich im Zeitpunkt geirrt habe.«
    Noch während er sprach, sprang der Koffer auf. In seinem Innern lag ein kleiner, nackter menschlicher Mann, eine genaue Kopie Sto Odins.
    »Wir haben es geschafft, Mylord«, rief Livius von der anderen Seite. »Lassen Sie mich Ihre Hand führen, damit Sie erkennen, was zu tun ist.«
    Obwohl es Robotern verboten war, Ichpuppen zu berühren, durften sie ein menschliches Wesen mit dessen Zustimmung anfassen. Livius’ starke, kuproplastische Finger, die trotz ihrer menschlichen Form eine potenzielle Greifkraft von mehreren Tonnen besaßen, zogen die Hände des Lords so weit vor, bis sie auf der Ichpuppe lagen. Flink, sanft, agil hielt Flavius den Kopf des Lords auf dessen uraltem, müdem Hals aufrecht, so dass der greise Mann sehen konnte, was er mit den Händen tat.
    »Ist irgendein Teil abgestorben?«, fragte Sto Odin die Puppe, und seine Stimme war für einen Moment wieder klar.
    Die Puppe verfärbte sich, und zwei fette schwarze Flecke zeigten sich an der Außenseite des rechten Oberschenkels und der rechten Gesäßhälfte.
    »Organische Reserve?«, fragte der Lord seine Ichpuppe, und wieder gehorchte sie seinem Befehl. Der Miniaturkörper nahm überall eine leuchtende Purpurfärbung an und verblasste dann wieder zu einem

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