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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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des Congoheliums verspürten, blieb uns nichts anderes übrig, als hinunterzugehen und nachzuschauen, was damit angestellt wurde. Normalerweise benutzt man es, die Sterne in ihren Bahnen zu halten …«
    »Das brauchst du mir nicht zu erklären. Ich bin darüber informiert. War es ein Mensch?«
    »Ein Mensch«, bestätigte Flavius, »der das Leben Echnatons nachlebt.«
    »Und wer ist das?«, fragte Sto Odin, der die Geschichte kannte, aber herausfinden wollte, wie viel seine Roboter wussten.
    »Ein König, hochgewachsen, langgesichtig, dicklippig, der lange, lange vor der Entdeckung der Atomkraft die menschliche Welt Ägypten regierte. Echnaton erfand die besten der frühen Götter. Dieser Mensch nun lebt Echnatons Leben Schritt für Schritt nach. Er hat aus der Sonne eine Religion gemacht. Er verachtet das Glück. Die Menschen hören auf ihn. Sie verspotten die Instrumentalität.«
    »Und wir haben das Mädchen gesehen, das ihn liebt«, fügte Livius hinzu. »Sie ist jung und wunderschön. Und ich glaube, sie verfügt über Kräfte, die die Instrumentalität dazu zwingen werden, sie eines Tages zu fördern oder zu vernichten.«
    »Beide machten Musik«, sagte Flavius, »und benutzten dazu dieses Stück Congohelium. Und dieser Mann oder Gott – dieser neuerstandene Echnaton, wie immer Sie ihn auch nennen wollen, Mylord – tanzte einen fremdartigen Tanz zu dieser Weise. Es sah aus, als hätte man einen Leichnam mit Schnüren versehen und ihn wie eine Marionette tanzen lassen. Die Wirkung auf die Leute, die ihm zuschauten, war so stark, als wäre er einer der besten Hypnotiseure der Welten. Ich bin jetzt ein Roboter, aber sogar ich ließ mich davon beeindrucken.«
    »Hat der Tanz einen Namen?«, fragte Sto Odin.
    »Ich kenne seinen Namen nicht«, antwortete Flavius, »aber ich erinnere mich an das Lied, weil ich über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfüge. Möchten Sie es hören?«
    »Sicher«, nickte Lord Sto Odin.
    Flavius stellte sich auf ein Bein, spreizte die Arme in unmöglichen Winkeln und begann sodann mit einer hohen, schrillen Tenorstimme laut zu singen, die gleichermaßen faszinierend wie abstoßend war:
    Springt, ihr Leute, und ich heule für euch.
Springt und heult, und ich weine für euch.
Ich weine, weil ich ein Weinender bin.
Ein Weinender bin ich, denn ich weine für euch.
Ich weine, denn dieser Tag ist ertrunken.
Die Sonne gesunken.
Die Heimat verloren.
Die Zeit hat Vater getötet.
Ich die Zeit verlötet.
Die Welt ist ein Ball.
Der Tag ein Intervall.
Die Wolken sind zerflossen.
Die Sterne erloschen.
Die Berge in Brand.
Der Regen eine Wand.
Die Wand ist blau.
Ich bin grau.
So wie ihr.
Springt, ihr Leute, für den Heulenden.
Hüpft, ihr Leute, für den Weinenden.
Ein Weinender bin ich, denn ich weine für euch!
    »Genug«, befahl Sto Odin.
    Flavius salutierte. Sein Gesicht nahm wieder den Ausdruck liebenswürdigen Stumpfsinns an. Als er die vorderen Tragestangen ergriffen hatte, blickte er sich noch einmal um und machte eine letzte Bemerkung: »Das Versmaß ist skeltonisch.«
    »Nun ist es genug mit den Geschichtslektionen. Bringt mich hinunter!«
    Die Roboter gehorchten, und bald schaukelte die Sänfte die Rampen der alten Ruinenstadt hinunter, die sich unter dem Erdhafen ausbreitete, jenem geheimnisvollen Turm, der die Stratosphärenwolken im klaren, blauen Nichts über der Menschheit zu berühren schien.
    Sto Odin begann in seinem absonderlichen Transportmittel einzuschlafen und bemerkte nicht, wie ihn die menschlichen Passanten anstarrten. Dann und wann wachte er an seltsamen Orten auf, während ihn die Legionäre immer weiter in die Tiefen unter der Stadt hinabtrugen, wo süßliche Düfte und warme, intensive Gerüche seine empfindliche Nase trafen.
    »Anhalten!«, flüsterte Sto Odin nach einer Weile, und die Roboter erstarrten. »Wer bin ich?«
    »Sie haben erklärt, Mylord«, erwiderte Flavius, »dass Sie in genau siebenundsiebzig Tagen sterben wollen, aber bis dahin lautet Ihr Name noch immer Lord Sto Odin.«
    »Lebe ich?«
    »Ja«, bestätigten die beiden Roboter.
    »Seid ihr tot?«
    »Wir sind nicht tot. Wir sind Maschinen, denen man das Bewusstsein von Menschen aufgeprägt hat, die einst gelebt haben. Möchten Sie umkehren, Mylord?«
    »Nein, nein. Jetzt erinnere ich mich, dass ihr Roboter seid. Livius, der Psychiater und General. Flavius, der geheime Historiker. Ihr besitzt menschlichen Verstand und seid doch keine Menschen?«
    »Das ist richtig, Mylord«, sagte

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