Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
hätte sich gefreut . Er ging ihm nicht aus dem Sinn und quälte ihn wie ein Splitter in einem entzündeten Finger. Seine Seele erholte sich noch von den Wunden der Angstmaschinen, und er durfte keine weitere Infektion riskieren.
Während Kuat an seinem zweiten Glas Dju-di nippte, fragte Lord Kemal so gelassen wie möglich: »Wie lange sind Sie schon Gouverneur von Xanadu, Kuat?«
Kuat blickte auf und registrierte die Spannung, die sich hinter der Gelassenheit der plötzlichen Frage verbarg.
»Ich war noch ein Baby …«, begann Lari.
Kuat brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Seit vielen Jahren«, erklärte er. »Spielt die Zahl eine Rolle?«
»Nein, ich war nur neugierig«, entgegnete der Raumlord und entschied sich, teilweise aufrichtig zu sein. »Ich dachte, das Amt des Gouverneurs von Xanadu sei erblich, aber heute habe ich etwas gehört, was mich glauben ließ, dass der alte Gouverneur, ihr Vater, noch immer leben würde.«
Bevor Kuat ihn zum Schweigen bringen konnte, platzte Lari hervor: »Aber er lebt. Er ist bei den Aroi … deshalb ist meine Mutter …«
Kuats finsterer Blick ließ ihn verstummen. »Diese Dinge gehen die Instrumentalität nichts an. Sie sind allein eine Angelegenheit Xanadus, und unsere lokalen Bräuche werden geschützt durch Artikel 376984, Absatz A, Paragraph 34 c des Vertrages, durch dessen Unterschrift sich Xanadu unter den Schutz der Instrumentalität begeben hat. Ich kann dem Lord versichern, dass ausschließlich lokale Angelegenheiten von gänzlich inländischem Ursprung davon betroffen sind.«
Lord Kemal nickte scheinbar zustimmend. Er spürte, dass er einen weiteren kleinen Zipfel des Geheimnisses gelüftet hatte, das ihn mehr als alles andere seit Styron IV beschäftigte.
III
Am vierten Tag seiner Anwesenheit auf Xanadu unternahm Lord Kemal zusammen mit Madu und Lari seinen ersten Ausflug außerhalb der Stadtmauern. Inzwischen hatte ihn Zuneigung zu der Katze Griselda erfasst. Es bereitete ihm außerordentliche Freude, wenn sie ein lautes, wohliges Schnurren von sich gab und sich hinlegte, ohne seinen Befehl dazu abzuwarten, damit er aufsteigen konnte,
Er sah Tiere plötzlich in einem ganz neuen Licht. Ihm war klargeworden, dass Untermenschen – modifizierte Tiere in der Gestalt von Menschen – weder das eine noch das andere waren. Oh, es gab Untermenschen von großer Macht und hoher Intelligenz, aber … Er verfolgte den Gedanken nicht weiter.
Beide gleichermaßen von Glück erfüllt, eilten sie über die Ebene. Windumtost und baumlos, besaß der kleine Planet eine einzigartige, wilde Schönheit. Die schwarze See brandete gegen die Kalkklippen. Und beim Anblick des breiten Sandstrandes wurde Kemal wieder einmal die Fremdartigkeit dieser Landschaft bewusst. In der Ferne sah er einen großen Vogel, der sich in den Himmel emporschwang, zu taumeln begann und abstürzte.
Später, viel später, als er den Computer mit den Daten jener Zeit und jenes Ortes fütterte, verfasste dieser ein Gedicht, das in allen Galaxien bekannt wurde:
Auf einem Berg, so dunkel,
Einsam unter Sterngefunkel,
Machte der Adler Rast.
Und der Wind pfiff und grollte,
Der Donner rollte.
Und des Sterngefunkels Fluch
Bildete des Adlers Leichentuch,
Während er zu Boden sank,
Mit Schwingen, zerfetzt und krank.
Und die Brandung
Am Fuß
Der Klippe
War sacht
In dieser Nacht
Von der Schwingen
Pracht
Nach dem Sturz
Des Vogels.
Ich hörte
Den Schrei.
Vielleicht war es ein Beweis für die Tiefe seiner Gefühle, dass Lord Kemal diese Daten dem Computer auf eine Weise eingab, die etwas von seinem Schmerz ausdrückte.
Madu und Lari hatten ebenfalls den Sturz des Vogels mit den Augen verfolgt, und ihre Ausgelassenheit wurde verdrängt von einem Gefühl, das sie nicht ganz verstehen konnten.
»Aber warum?«, flüsterte Madu. »Er flog so frei dahin wie wir auf unserem Ritt, wir sprangen so frei und glücklich, wie er aufstieg bei seinem Flug. Und jetzt …«
»… und jetzt müssen wir ihn vergessen«, schloss der Raumlord mit einer Weisheit, die einer unendlichen Geduld und Vorsicht entsprang, die er fast unerträglich fand. Aber er konnte ihn dennoch nicht vergessen. Deshalb der Computer.
Auf einem Berg, so dunkel …
Langsamer nun, entsetzt vom Tod der Schönheit, des Lebens, setzten sie ihren Weg fort, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Welche Verschwendung!, dachte der Raumlord. Welche Verschwendung von Schönheit. Der Vogel ist so frei
Weitere Kostenlose Bücher