Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Medizinschrank gefunden hatte, konnte etwas an seiner Verstümmelung ändern, aber einige der Medikamente betäubten ihn so, dass er lange und tief schlief.
Trece war schon seit langem ihr Geliebter, doch es war eine solch unschuldige Romanze, dass sie sich ebenso gut im weichen Gras, unter Ulmen, am Ufer eines glitzernden irdischen Flusses hätte abspielen können.
Einmal hatte sie die beiden Männer miteinander kämpfend angetroffen und war in laute Schreie ausgebrochen. »Hört auf! Hört damit auf! Das könnt ihr doch gar nicht!« Als sie aufhörten, aufeinander einzuschlagen, sagte sie verwundert: »Ich dachte, ihr könntet das gar nicht. Diese Boxen. Diese Schutzvorrichtungen. Diese Dinge, die sie uns eingepflanzt haben.«
Doch Talatashar erwiderte mit einer Stimme, die von Bösartigkeit und Triumph nur so troff: »Das haben sie gedacht. Ich habe diese Dinger schon vor Monaten aus dem Schiff geworfen. Wollte sie nicht in meiner Nähe haben.«
Die Wirkung auf Trece war dramatisch und so schrecklich, als habe er unabsichtlich eines der Uralten Unheimlichen Gebiete betreten. Er stand vollkommen verstört da, die Augen weit aufgerissen, und aus ihm klang Furcht, als er schließlich sprach.
»Also – haben – wir – deshalb – gekämpft!«
»Du spielst auf die Boxen an? Sie sind fort, so viel ist sicher«, sagte Talatashar.
»Aber«, keuchte Trece, »jeder wurde von seiner persönlichen Box beschützt. Wir alle wurden beschützt – vor uns selbst. Gott steh uns bei!«
»Was ist Gott?«, fragte Talatashar.
»Keine Ahnung. Es ist ein altes Wort. Ich habe es von einem Roboter gehört. Aber was sollen wir jetzt tun? Was wirst du tun?«, fragte Trece Talatashar anklagend.
»Ich?«, sagte Talatashar. »Ich tue nichts. Denn es ist ja nichts passiert.« Die unversehrte Hälfte seines Gesichtes verzog sich zu einem unterdrückten Lächeln.
Veesey sah beide an.
Sie verstand die Gefahr nicht, aber sie fürchtete sie in ihrer Ungewissheit.
Talatashar schleuderte ihnen sein hässlich klingendes, männliches Gelächter entgegen, doch dieses Mal fiel Trece nicht ein. Mit offenem Mund starrte er den anderen an.
Talatashar gab sich mutig und unbekümmert. »Die Schicht ist um«, sagte er, »ich ziehe mich jetzt zurück.«
Veesey nickte und versuchte, ihm gute Nacht zu sagen, aber sie brachte kein Wort heraus. Sie war verängstigt und neugierig – doch die Neugierde überwog. Über dreißigtausend Menschen befanden sich in ihrer Nähe, aber nur diese beiden waren lebendig und gegenwärtig. Und sie wussten über etwas Bescheid, das ihr unbekannt war.
Talatashar unterstrich seine Unbekümmertheit noch, indem er ihr auftrug: »Für die Hauptmahlzeit morgen stell etwas Besonderes zusammen. Vergiss das nicht, Mädchen.«
Er erklomm die Wand und verschwand.
Als sich Veesey zu Trece herumdrehte, war er es, der in ihre Arme flüchtete.
»Ich habe Angst«, sagte er. »Wir können mit allem fertig werden, dem wir im Weltraum begegnen, nur nicht mit uns selbst. Ich beginne zu glauben, dass der Segler sich selbst getötet hat. Sein psychologischer Wächter hat ebenfalls versagt. Und nun sind wir ganz allein auf uns gestellt.«
Veesey sah sich unwillkürlich in der Kabine um. »Es ist alles so wie vorher. Nur wir drei und dieser kleine Raum und draußen das Auf-und-Hinaus.«
»Verstehst du denn nicht, Liebes?« Er packte sie bei den Schultern. »Die Boxen haben uns vor uns selbst beschützt. Und nun sind sie fort. Wir sind hilflos. Hier gibt es nichts mehr, was uns vor uns selbst beschützen kann. Was verletzt Menschen mehr als der Mensch selbst? Was tötet Menschen so wie der Mensch? Welche Gefahr kann für uns schrecklicher sein als wir selbst?«
Sie versuchte sich von ihm zu befreien. »So schlimm ist es ja sicher nicht.«
Ohne zu antworten, zog er sie an sich. Begann an ihrer Kleidung zu zerren. Die Jacke und die Shorts waren, genau wie seine eigenen, aus Omnitextil und sehr stabil. Sie stieß ihn zurück, aber sie fürchtete sich nicht im Geringsten. Er tat ihr leid, und in diesem Moment war ihre einzige Sorge, dass Talatashar aufwachen und versuchen würde, ihr zu helfen. Und das wollte sie nicht. Trece zu bezwingen war nicht schwer.
Sie brachte ihn dazu, von ihr abzulassen, und gemeinsam trieben sie in den großen Sessel.
Sein Gesicht war so tränenüberströmt wie ihr eigenes.
In dieser Nacht liebten sie sich nicht.
Im Flüsterton, unter Seufzern, erzählte er ihr die Geschichte der Alten
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