Was bisher geschah
hinterlistige Weise; die Philisterin stutzt dem schlafenden Simson sein langes Haar und raubt ihm damit seine Kraft. Doch erschlägt Simson am Ende ganz allein Tausende von Philistern (Buch der Richter, 13-16).
Heute haben die Palästinenser die traurige Rolle der Philister übernommen, und bis heute gründet sich der Anspruch Israels auf die von ihnen bewohnten Gebiete auch auf die Tora, in der Gott ihnen ihr Land zuteilt (Genesis 13, 14-18). Im 11. Jahrhundert v. Chr. lässt sich Saul zum ersten König Israels salben. Doch erst sein Schwiegersohn David aus dem Stamm Juda erobert Jerusalem von den Jebusitern und vereint Juda und Israel um 1000 v. Chr. zu einem jüdischen Staat. Obwohl David einen ganzen Harem hat, verführt er laut Altem Testament (2 Samuel 11, 2-4) Batseba, die schöne Frau seines Feldhauptmanns. Um Davids Nachfolge entbrennen Kämpfe und Intrigen, unter anderem vonseiten seines Sohnes Absalom; am Ende gewinnt sein Sohn Salomo die Oberhand. Sein Name bedeutet so viel wie Friedensmann. Nachdem er bei Regierungsantritt Säuberungsaktionen in den Reihen seiner zahlreichen Brüder und Davids altem Hofstaat durchgeführt hat, erlebt das Reich tatsächlich eine Zeit der kulturellen Blüte. Salomo baut einen großen Tempel auf dem Berg Zion, der, in Psalmen gepriesen, bald sinnbildlich für ganz Jerusalem steht und letztlich für den Ort des jüdischen Heils.
Insgesamt zeigen die alttestamentarischen Episoden über Sex, Verrat und Machtpolitik allerdings beispielhaft, dass es beim Volk Gottes und selbst bei Weisen wie Salomo auch nicht viel sanfter zugeht als bei den sündigen Babyloniern und den kriegerischen Assyrern. Letztere bringen zwischen dem 12. und 7. Jahrhundert v. Chr. Mesopotamien, Syrien, Ägypten und die Juden unter ihre Herrschaft. Schon nach Salomos Tod um 930 v. Chr. war das jüdische Reich in das südliche Juda und das nördliche Israel zerfallen. Erst Josia, König von Juda, stellt in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. die Unabhängigkeit gegenüber Assyrien wieder her. Vor allem aber stärkt er den Kult Jahwes und damit den Monotheismus, der später über Fremdherrschaften wie jene Roms, der Araber und der Osmanen hinweg weiterwirken wird. Das unterscheidet die Juden zum Beispiel von den Assyrern, die keine derart populären Texte produziert haben und nach dem Untergang ihres Reiches im Jahr 612 v. Chr. in Vergessenheit geraten. Jeder in der westlichen Welt kennt dagegen irgendwie eine der Geschichten aus dem Alten Testament. Sei es dank berühmter Gemälde oder aber durch Hollywoodfilme, die zu Klassikern wurden. Zum Beispiel der Streifen Die Zehn Gebote (1956) mit Anne Baxter, Charlton Heston und Yul Brynner, in dem die Macht von fantastischen Geschichten und Bildern in Trickszenen wie jener mit dem geteilten Roten Meer nachvollziehbar wird, oder auch in dem Schäferidyll mit tanzenden Schönheiten in der Wüste.
Viele verrückte Geschichten des Alten Testaments hatten eine nachhaltige Wirkung – etwa jene über Lot, mit der über Jahrtausende der verunglimpfende Begriff der Sodomie für Homosexualität geprägt wurde. So bizarr und teils in sich widersprüchlich sind die Geschichten auch deshalb, weil man mit dem Niederschreiben der Texte wohl unter König Salomo im 10. Jahrhundert v. Chr. beginnt, weitere Teile in den folgenden Jahrhunderten von verschiedenen Autoren verfasst und auch ältere abgewandelt und redigiert werden. Dazu kommen apokryphe (griech. »verborgene«), nicht zum biblischen Kanon gehörende Geschichten. In jener über Tobit und seinen Sohn Tobias etwa lügt der Engel Rafael zur Not auch mal und treibt undercover Schulden ein; währenddessen sieht Tobias seiner Hochzeitsnacht mit Sara mit gemischten Gefühlen entgegen, weil vor ihm sieben Ehemänner in eben jener Nacht von einem eifersüchtigen Dämon erwürgt wurden. Tobias allerdings gelingt es schließlich mit des Erzengels Hilfe, den Dämon nach Ägypten zu vertreiben.
Zusätzlich zu den Wirren der Überlieferung werden die biblischen Geschichten im 3. Jahrhundert v. Chr. vom Hebräischen ins Griechische übersetzt (die griechische Bibel nennt man Septuaginta), später ins Lateinische (die lateinische Bibel heißt Vulgata). Da gibt es – wie später beim Übertragen mittelalterlicher Balladen – einige Fehlerquellen. Ein Bestseller im heutigen Sinn ist das Alte Testament, das die Kirche erst im 4. Jahrhundert n. Chr. kanonisiert, natürlich nicht. Doch über die Vermittlung durch Priester und
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