Was Bleibt
hatte. Was sie mache. – Ach, Krankenschwester. – Warum sie da »ach« sage. – Ach, das sei doch nichts Besonderes.
Hier hätte der Abend enden müssen. Statt dessen gab es ein Nachspiel. Die beiden jungen Leute, die sich von der Tür her näherten und bisher nicht im Publikum gewesen waren, eröffneten es. Ein harmloser junger Mann, ein nettes junges Mädchen mit blondem krausem Haar. Während ich ihre Bücher signierte, nannte der junge Mann seinen Namen. Er war es also, der mir seit einigen Monaten seine Gedichte in den Briefkasten steckte. Das träfe sich ja gut, daß man sich auf diese Weise einmal zu Gesicht bekäme.
Da fragte der junge Mann: Wissen Sie eigentlich, daß man die Wartenden unten vor der Tür mit der Polizei auseinandergetrieben hat?
Das Gefühl, als sinke in mir ein Fahrstuhl sehr schnell nach unten, kannte ich ja. Mit der Polizei? Aber warum denn? Und ich soll das gewußt... Kollegin K.!
Die Kollegin K. stand bereit. Ja leider. Leider sei es nötig gewesen, polizeilichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Zusammenrottung sei ausfallend und aggressiv geworden.
Die beiden, Junge und Mädchen, sagten leise: Das ist nicht wahr.
Nicht wahr? Das wußte die Kollegin K. nun aber besser. Sie selbst habe man beschimpft, als sie versucht hatte, die Zusammenrottung gütlich aufzulösen.
Gütlich! sagten die beiden Jungen wie aus einem Mund.
Sie, fragte ich die Kollegin K., habe also von dem Polizeieinsatz gewußt? Ihn womöglich sogar veranlaßt?
Das habe alles seine Ordnung und Richtigkeit. Man habe sie schließlich vom Revier aus angerufen, um ihr zu versichern, ein Einsatzwagen stehe auf Abruf bereit.
Wann! Wann habe man sie vom Revier aus angerufen.
Gegen halb sieben. Natürlich, vor der Veranstaltung. Aber es war ja abzusehen gewesen, was da kommen würde.
Aber was denn. Was sei denn gekommen, fragten der Junge, das Mädchen und ich.
Da stand, wie aus dem Boden gewachsen, neben der von Kopf bis Fuß klirrenden und bebenden Kollegin K. ein Mann, kaum größer als sie, aber offensichtlichum ein, zwei Gehaltsstufen kompetenter: der Leiter des Clubhauses selbst, ihr Chef. Der sich nun doch gezwungen sah, sein Inkognito zu lüften. Einfach, um den jungen Leuten hier mal. Also im Klartext: Was gekommen sei? Nun. Er habe mal, vor Jahren, angefangen, Jura zu studieren. Aber auch ohne das: Ein jeder gesund empfindende Mensch nenne, was dann gekommen sei, Hausfriedensbruch. Und gegen Derartiges unterhalten wir allerdings, auch wenn das manchen Leuten nicht passe, glücklicherweise eine schlagkräftige Polizei. Dies bloß mal zur Klarstellung. Im übrigen habe ja die Polizei überhaupt nicht durchgegriffen, wie es ihr gutes Recht gewesen wäre.
Mir, sagte das junge Mädchen, hat einer von ihnen gesagt, uns hätten sie in Nullkommanichts auf drei, vier Lastwagen geladen und abtransportiert, dann wäre die Luft sauber.
Gesagt! sagte der Clubhausleiter überlegen. Aber was haben die Polizisten getan!
Sie haben die Leute, die unten im Hausflur standen, rausgedrängelt und geschubst.
Na also, da sagen Sie es selbst. Die Polizei hat auf unblutige Weise das Hausrecht wiederhergestellt. Ob denn die Kollegin Schriftstellerin überhaupt wisse, daß ihre Fans sich gewaltsam Zugang ins Haus verschafft hätten.
Gewaltsam! sagte der junge Mann. Draußen wars langweilig, wir vertrieben uns die Zeit mitallerhand Blödsinn. Von der Tür rief einer, einen Dietrich müßte man haben!, da hat einer einen nach vorne durchgegeben, damit machten sie die Tür auf, ging ganz leicht, und ein paar sind reingegangen. Das war alles. Vollkommen friedlich wars, sogar lustig, so was wie ein Happening. Glauben Sie bloß nicht, irgendeiner wollte Ihre Veranstaltung stören.
Was ich glaubte, war unerheblich. Ich sah, die Kollegin K. hatte zwar von dem Polizeieinsatz, nicht aber von dem Hausfriedensbruch gewußt und war nun sehr erleichtert. Ich fragte mich auch, was eigentlich die beiden jungen Männer gemacht hatten, die vorne an der Tür standen, als der Dietrich durchgereicht wurde. War er vielleicht auch in ihre Hände gekommen? An dieser Geschichte war etwas von Grund auf Unstimmiges, was mir sehr zu denken gab. Dieser Anruf um halb sieben, als kein Mensch an einen Dietrich dachte... Oder doch? Ich hatte mich zu früh gefreut. Jürgen M. oder wer auch immer kriegte seinen Bericht, wahrscheinlich sogar drei, vier saftige Berichte, die ihn befriedigen und meine Akte bereichern würden. Und wäre es nicht denkbar, daß
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