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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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Unverschämtheit, dass es ihr für den Rest des Tages schlechtging.
    Eines Tages Ende März unterhielten sich Sara und Francesca gerade in der Küche der Botschaft, als Malik mit einem Telegramm erschien.
    »Das ist für Sie, Mademoiselle«, sagte er in diesem falschen respektvollen Ton, der Francesca so auf die Palme brachte.
    »Ich mag Malik nicht«, stellte Sara fest, nachdem der Chauffeur die Küche verlassen hatte. »Es gefällt mir nicht, wie er dich ansieht. Er wirkt so ruhig und still, aber wir sollten uns nicht täuschen lassen: Er ist hinterhältig und boshaft. Er war es, der uns von deinem Verhältnis mit Prinz Kamal erzählt hat. ›Sie hat ihn um den Finger gewickelt‹, sagte er, und sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er gefällt mir ganz und gar nicht«, beteuerte Sarah noch einmal.
    Francesca, die es nicht erwarten konnte, das Telegramm zu lesen, ging über die Bemerkung hinweg und riss den Umschlag auf.
    »Kamal kommt morgen zurück!«, rief sie.
    ***
    Am frühen Morgen des nächsten Tages landete Kamals Privatjet auf dem Flughafen von Riad. Bevor er zum Königspalast fuhr, wo er von seinem Bruder Faisal und seinen Onkeln Abdullah und Fahd erwartet wurde, ging er kurz nach Hause, wo er ein Bad nahm und frühstückte. Er hatte während des ganzen Flugs kein Auge zugetan, sondern nur an Francesca und die Entscheidungen gedacht, die er gleich nach seiner Ankunft in der Stadt treffen wollte. Auch wenn er wusste, dass die Staatsangelegenheiten höchste Priorität hatten, gefiel ihm der Gedanke nicht, die Hochzeit zu verschieben.
    Sein Leben lang hatte er sich vor nichts und niemandem gefürchtet, und nun hatte er zum ersten Mal Angst – ihretwegen. Vielleicht hatten alle recht und er brachte sie mit seiner Entscheidung, sie zu heiraten, in Gefahr. Jeden Abend, wenn sie ins Hotel zurückgekommen waren und Ahmed Yamani Anrufe entgegennahm und die Post durchsah, war er wie ein eingesperrtes Raubtier im Zimmer auf und ab gelaufen. Er hatte kalt geduscht und sich dann im Bademantel in den Sessel gesetzt, wo er mit den Perlen seiner masbaha spielte, um sich zu beruhigen.
    ›Das bin nicht ich‹, sagte er sich. Seit fast einem Jahr war er nicht mehr er selbst – seit jenem Abend, als seine Augen auf der venezolanischen Unabhängigkeitsfeier in einer Ecke des Saals dieses faszinierende Mädchen entdeckt hatten, das ihm von da an die Ruhe geraubt hatte. Ihr unschuldiger Blick und ihre Schönheit hatten die prunkvolle Umgebung überstrahlt. Sie hatte den ganzen Prunk mit Distanz betrachtet, ohne dass sie irgendwie überheblich wirkte. Sie sprach entschlossen, ohne dass ihre Bewegungen deswegen weniger grazil und feminin gewirkt hätten. Und als er sie tanzen sah, hätte er sie am liebsten aus dem Arm dieses Banausen gerissen, der sie über das Parkett führte und es wagte, ihren schlanken, zarten Körper zu berühren, von dem er längst beschlossen hatte, dass er ihm gehörte. Seit jenem Abend war Francesca zu seiner Obsession geworden, und dass er sie erobert hatte, hatte den Aufruhr der Gefühle keinesfalls zur Ruhe gebracht, sondern noch weiter verstärkt, denn er wollte mehr: Er wollte sie ganz für sich haben. Ihm gefiel es nicht, wie sich die Sache entwickelte, denn zum ersten Mal in seinem sechsunddreißigjährigen Leben war er auf einen anderen Menschen angewiesen.
    Deshalb zwang er sich, zuerst die Staatsangelegenheiten zu regeln und sie erst dann zu treffen, um sein Herz zu beruhigen.
    ***
    Kamal betrat den ehemaligen Palast König Abdul Aziz’, den Saud jetzt als Amtssitz nutzte. Für sich und seine Familie hatte er eine riesige Residenz in Malaz erbauen lassen, dem Stadtviertel der Oberschicht von Riad. Der alte Palast erinnerte in seiner nüchternen Wuchtigkeit an eine typische mittelalterliche Festung. Er war aus Ziegeln und Stein erbaut und besaß nur wenige Fenster. Dennoch war er für Kamal voller Kindheitserinnerungen und ein Symbol für eine glückliche Zeit in seinem Leben.
    Er fuhr durch das Zugangstor und parkte seinen Jaguar vor dem Haupteingang. Nach einer knappen Verbeugung teilte ihm die Wache mit, dass er im Büro des Königs erwartet werde. Kamal, der gehofft hatte, seinem Bruder nicht zu begegnen, durchquerte den gefliesten Innenhof, wo er früher immer mit Faisal und Mauricio gespielt hatte. Vor dem Arbeitszimmer begrüßte er Sauds Leibwächter el-Haddar und Abdel, die wie Statuen im Türrahmen standen. Sie waren zunächst Sklaven der Familie gewesen, doch auch nach ihrer

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