Was der Winter verschwieg (German Edition)
um die gedrechselten Hölzer des Kopfteils klammerten, während sie sich ihm entgegenbog.
„Noah?“ Fragend schaute sie ihn an.
„Oh, gleich hier wäre gut.“ Er zeigte auf einen Plastikstuhl, der neben dem Untersuchungstisch stand. Dann schaltete er das Licht an, krempelte die Ärmel hoch und zog ein frisches Paar Latexhandschuhe über.
Sophie setzte sich und rollte ihr Hosenbein hoch.
Mit offenem Mund schaute Bo zu. Noah reichte ihm ein Edelstahltablett. „Halt das mal bitte.“
„Äh, ja … mach ich.“
Noah nahm auf dem Rollhocker Platz und setzte sich die Kopflampe mit der Lupe auf. Mit einer längeren Pinzette löste er den Verband. Dann justierte er das Licht. „Halt still“, sagte er. „Das tut nicht weh, aber du könntest ein leichtes Ziehen verspüren.“ Mit einer ganz spitzen Schere und einer ebenso feinen Pinzette zog er sanft jeden einzelnen Faden heraus. Er war erfreut, dass die Wunde so gut verheilt war.
„Sie sind also neu in der Gegend, was?“ Bo klang, als wenn sie am Tresen einer Singlebar stehen würden.
Noah konzentrierte sich. Er hoffte, dass der belanglose Small Talk sie ablenken würde.
„Das ist richtig“, erwiderte Sophie.
„Woher kommen Sie?“
„Ach, von überall her. Mein letzter Wohnort war in den Niederlanden. Ich habe als Anwältin am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gearbeitet.“
Bo stieß einen leisen Pfiff aus. „Hab ich noch nie was von gehört, klingt aber verdammt wichtig.“ Nur Bo Crutcher schaffte es, Ignoranz charmant wirken zu lassen. Noah hingegen fühlte sich in Sophies Gegenwart immer ein wenig provinziell. Sie war schon um die ganze Welt gereist, während er es kaum einmal aus dem Ulster County herausgeschafft hatte. Er legte sich besser ein wenig ins Zeug, sie zu unterhalten. Vielleicht war sie schon von ihm gelangweilt. Das würde den Typen erklären, mit dem er sie im Buchladen gesehen hatte.
„Sieht gut aus.“ Noah hatte den letzten Faden entfernt und versuchte, seine Zweifel beiseitezuschieben. „Du hast eine gute Wundheilung.“
Sie lächelte ihn an. „Das hab ich schon öfter gehört. Danke, Noah.“ Sie wirkte ein wenig verlegen. Noah packte Bo am Arm und schob ihn aus dem Raum, um Sophie ein wenig Privatsphäre zu geben, damit sie ihre Hose richten und die Stiefel wieder anziehen konnte.
Draußen vor dem Behandlungszimmer sah Bo aus, als würde er gleich platzen. „Mann, ist
das
diejenige …“
„So, ich bin fertig.“ Sophie gesellte sich zu ihnen. „Ich mach mich dann mal wieder auf den Weg …“
„Einen Moment, Ma’am“, sagte Bo mit seinem breitesten texanischen Akzent. „Als letzte Patientin von Dr. Shepherd am heutigen Tag erhalten Sie eine besondere Belohnung.“
„Letztes Mal hat er mir ein Mittel gegen Haarballen angeboten“, sagte sie mit ernster Miene, während sie ihr Knie beugte und streckte. „Aber ich verzichte dankend. Jetzt, wo die Fäden gezogen sind, muss ich meine neuen Schlittschuhe einweihen. Mein Sohn wird dieses Wochenende bei mir verbringen, und ich bin mir sicher, dass meine Fahrkünste ein wenig eingerostet sind.“
„Das wirst du auf keinen Fall alleine tun“, schaltete Noah sich ein. „Ich begleite dich.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht von dir verlangen.“ Sie schaute zu Bo. „Und außerdem hast du Besuch.“
„Bo kann auch mitkommen.“ Noah war sich sicher, wie sein Freund auf dieses Angebot reagieren würde.
Bo enttäuschte ihn nicht. „Ich? Schlittschuh laufen? Eher würde ich mich einer Wurzelbehandlung unterziehen. Macht ihr zwei nur. Ich gehe ins Haus und sorge dafür, dass genügend Bier kalt steht.“
Ein paar Minuten später waren sie allein auf dem See. Das Licht der Nachmittagssonne tauchte die Landschaft in Rosa- und Grautöne, und die dicke Schneedecke dämpfte alle Geräusche. Es überraschte Noah nicht, dass Sophie eine ganz gute Schlittschuhläuferin war. Sie bewegte sich mit einer lässigen Eleganz und Anmut. Noah hatte Frauen auf Schlittschuhen schon immer sexy gefunden. Na gut, Sophie fände er vermutlich auch sexy, wenn sie Gleitschuh lief.
„Was macht das Knie?“, erkundigte er sich.
„Fühlt sich so gut wie neu an.“
Seite an Seite glitten sie dahin. „Du bist überhaupt nicht eingerostet“, versicherte er ihr.
„Du klingst enttäuscht.“
„Ich hatte gehofft, du würdest dich etwas mehr auf mich stützen müssen“, gab er zu. „Ich mag es, dich zu halten, Sophie.“
„Hm.“ Sie klang sehr
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