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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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brauchte. Doch die Schüler kamen erst am Abend zurück. Damit hatten sie dem Leiter etwas angetan, und um die Ordnung wiederherzustellen, w'ar ein Ausgleich fällig.
    Die Schule hatte eine Art von Selbstverwaltung, und am Abend wurden die Schüler zusammengerufen. Als erstes hat der Rektor sie eine Viertelstunde sitzen lassen und sich nicht geäußert. Als zweites sagte er dann: »Die Disziplin ist zusammengebrochen. Ihr wollt ja etwas von mir und der Schule. Wenn ich euch das nicht mehr geben will, was macht ihr dann? Ihr müßt mich wiedergewinnen. Ich mache euch daher einen Vorschlag. Ihr ruft morgen früh alle Schüler zusammen und besprecht mit ihnen, wie ihr die Disziplin wiederherstellt.«
    Am nächsten Morgen berieten die Schüler vier Stunden und machten einen Vorschlag. Doch dieser hätte ihnen zum Ausgleich nicht genug abverlangt. Hellinger sagte: »Nein, das ist lächerlich, beratet noch einmal!« Sie berieten wieder vier Stunden und schlugen vor: »In den Ferien arbeiten wir einen ganzen Tag auf dem Fußballplatz und bringen ihn in Ordnung.« Das genügte, denn es war ein angemessener Ausgleich. Als es dann soweit war und die Schüler einen halben Tag auf dem Fußballfeld gearbeitet hatten, wurde ihnen der Rest der Arbeit erlassen. Nie mehr hat es an der Schule Disziplinschwierigkeiten gegeben. (AWI: 55)
    Das Entgegenkommen auf halber Strecke ist pädagogisch wichtig. Wenn eine Mutter zu konsequent ist, verliert sie die Liebe. Sie muß nachgeben, damit die Liebe gegen die Prinzipien erhalten bleibt. Doch wenn eine Mutter keine Prinzipien hat, schadet dies den Kindern auch.

Die Übernahme fremder Schuld

    Nicht selten kommt es dazu, daß in einer Familie ein Mitglied aus Liebe Schuld für einen anderen übernimmt. Ein Beispiel:

    Der Rächer

    Ein etwa 40jähriger Mann fühlte Angst, erwürgt zu werden oder selber jemanden zu erwürgen, obwohl sich aus seinem Charakter und seinem Verhalten keine Anzeichen dafür ergaben. In der Familie jedoch hatte Gewalt stattgefunden. Ein Onkel, der Bruder seiner Mutter, war ein Mörder. In seinem Betrieb hatte er eine Angestellte, die auch seine Geliebte war. Eines Tages zeigte er ihr das Foto einer anderen Frau und bat sie, sich genauso zu frisieren. Nachdem die Frau längere Zeit mit dieser Frisur gesehen worden war, fuhr er mit ihr ins Ausland und brachte sie um. Dann reiste er mit der auf dem Foto abgebildeten Frau in sein Heimatland, wo sie seine Angestellte und Geliebte wurde. Doch die Tat wurde aufgedeckt, und er erhielt lebenslange Haft.
    Der Psychotherapeut des oben erwähnten Klienten wollte noch mehr von der Familie wissen. Nach einigen Nachforschungen stellte sich heraus, daß die Großmutter, die Mutter des Mörders, eine angesehene fromme Frau war. Diese Großmutter hatte aber ihren Mann, den Großvater, in der Nazizeit als homosexuell angezeigt, worauf der Mann ins KZ gebracht und ermordet worden war.
    Der eigentliche Mörder im Familiensystem war also die fromme Großmutter. Der Sohn dagegen trat als Rächer seines Vaters auf. In diesem Beispiel liegt etwas vor, das Hellinger eine »doppelte Verschiebung nennt«. Der Sohn übernahm die Rache anstelle des Vaters - das ist die Verschiebung im Subjekt. Doch anstatt die Mutter umzubringen, ermordete er die geliebte Frau - die Verschiebung im Objekt. Dadurch übernahm er die Folgen nicht nur für die eigene Tat, sondern auch für die der Mutter. Kinder in ihrer Ur-liebe wollen beiden Eltern ähnlich werden: Durch die Tat wurde er der Mutter ähnlich und durch die Haft dem Vater. (ZG: 149f.)

    Ein anderes Beispiel dafür, wie wichtig es ist. daß der Schuldige zu seiner Schuld steht Hin Mann hatte seine alte Mutter erwürgt. Die Frau des Mörders fragte Bert Hellingen, ob er ihrem Mann helfen könne. Er sagte ja, doch er fügte hinzu: »Unter Würdigung des Opfers.«
    Der Mann schrieb einen Brief und erbat von Hellinger ein psychologisches Gutachten, in dem stehen sollte, daß er zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig gewesen sei. Der Mann führte ein Unternehmen und war geistig völlig normal. Hellinger verweigerte deshalb das Gutachten. Dennoch wurde der Mörder vom Gericht als unzurechnungsfähig freigesprochen. In der Folgezeit ist eines der beiden Adoptivkinder des Mörders tödlich verunglückt. Das Kind hatte die Schuld übernommen.
    Eines Tages kam der Unternehmer zu Bert Hellinger. Hellinger sagte zu ihm: »Eigentlich gehörst du ins Gefängnis.« Der Mann machte Hellinger Vorwürfe, er hätte

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