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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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erkennen müssen, wie aggressiv er sei. Hellinger ging nicht darauf ein und entgegnete: »Auch wenn du jetzt frei bist, mußt du so leben, als seiest du im Gefängnis.« Anschließend hat der Mann für das umgekommene Kind eine Stiftung errichtet. Seine Mutter aber hatte er völlig vergessen. (Aus einer Podiumsdiskussion mit Bert Hellinger und Tilman Moser 1996.)

Das Kind übernimmt oft die Schuld bei einer Mußheirat

    Ein Beispiel: Ein Mann und eine Frau zeugen ein Kind, und es kommt zu einer Mußheirat. Wenn die Eltern in der Ehe unglücklich sind, nimmt das Kind die Schuld auf sich. Es leidet als Ausgleich für das Unglück der Eltern. Hellinger sagt solchen Kindern: »Du bist kein Vertragspartner, das sind deine Eltern. Sie haben sich auf den sexuellen Vollzug eingelassen mit allen Folgen, und du nimmst die Eltern zu dem Preis, den es sie kostet.« Eine solche Haltung einzunehmen ist sehr viel schwerer, als sich schuldig zu fühlen.

Das Verzeihen als falscher Umgang mit Schuld

    Nicht nur das Verzeihen hat oft üble Folgen, sondern auch das Bitten um Verzeihung ist schlimm. Ein Mensch hat nicht das Recht zu verzeihen. Wenn mich einer um Verzeihung bittet, dann schiebt er dem anderen die Verantwortung für seine Schuld zu.
    Wenn ich früher jemandem verziehen habe, ging es mir hinterher zuweilen schlecht damit. Jetzt verstehe ich, warum: Durch mein »großmütiges Verzeihen« habe ich dem anderen die Gelegenheit genommen, mit mir wieder eine Ebene einzunehmen. Ähnlich ist es, wenn einer beichtet. Er schiebt dem anderen die Folgen seines Verhaltens zu. Außerdem verhindert das Verzeihen die Ebenbürtigkeit in der Beziehung, es schafft ein Gefälle von oben nach unten. Sagt man »es tut mir leid«, kann der andere viel eher auf einen zugehen, als wenn man ihn um Verzeihung bittet.
    Verzeihen dient nicht selten dem Ausweichen vor einem Konflikt, statt ihn zu lösen. Wenn ein Opfer dem Täter die Schuld erläßt, das nämlich bedeutet Verzeihen meist, wirkt sich das immer schlimm aus. Versöhnung ist nur möglich, wenn der Unschuldige Wiedergutmachung und Sühne fordert, er hat sogar im Dienste der natürlichen Ordnung die Pflicht dazu. Umgekehrt hat der Schuldige nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, die Folgen seiner Tat zu tragen. Er hat auch das Recht, mit dem Groll des anderen konfrontiert zu werden.
    All das sind ziemlich ungewohnte Gedanken. In vielen Büchern mit dem Thema »Praktische Lebenshilfe« lesen wir Tips, deren Befolgung leider nicht das bewirken, was sie verheißen. Ich greife einmal ein Beispiel heraus.
    Ein spiritueller Lehrer, der auf Zypern lebt, rät: »In unserem Leben müssen wir lernen, Menschen bedingungslos zu lieben. (...) wir dürfen uns nicht verletzt fühlen oder Groll hegen, wir müssen nur lieben. Das ist die Macht der Liebe, wie ich sie verstehe.«
    Wenn uns jemand tief verletzt hat, ist es unsinnig, so zu tun, als seien wir nicht verletzt. Der andere hat ein Recht darauf, damit konfrontiert zu werden, und auch wir sind es uns schuldig, die Verletzung auszudrücken.
    Vor kurzem kam ein Mann zu mir, der sehr zerknirscht über das war, was er seiner Frau angetan hatte. Er hatte während der Ehe eine Freundin und hielt das längere Zeit geheim. Während dieser Zeit übte jene Freundin anonymen Telefonterror auf die Frau aus. Der Mann wußte nichts davon. Es kam zur Trennung, und er lebte mit der Freundin zusammen. Die Nähe jedoch, die früher vorhanden war, löste sich schnell auf. Glück auf Kosten von anderen, sagt Hellinger, ist meist nur ein kurz währendes Glück. Der Mann wollte jetzt wieder zu seiner Frau zurück. Er traf sich öfter mit ihr, und zu seinem Erstaunen war sie ihm gar nicht böse: »Sie sagte zu mir: >Ich habe dir schon alles verziehen<«, erzählte er.
    Bei all dem, was an Verletzungen geschehen ist, ging das natürlich viel zu schnell. Ich riet ihm, sich damit nicht zufriedenzugeben. Wenn die beiden wieder Zusammenleben und alles so bleibt, wie es jetzt ist, wird er sich ihr gegenüber immer klein fühlen. Ein Austausch von Gleichberechtigten findet nicht statt. Wenn er sie aber, wie in der bereits vorgestellten Geschichte »Der Ausweg«, bittet, daß sie sich von ihm etwas wünscht, das ihn fast soviel kostet wie damals die Frau, dann kann die Waage wieder ins Gleichgewicht kommen.
    Im Dienste der Beziehung ist es allerdings förderlich, wenn der Unschuldige in seiner Forderung nach Ausgleich nicht bis an die Grenze geht und daß er die

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