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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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überhöhten Ansprüche viel Druck ausübt. Für Hel-linger dagegen ist das Gewissen ein der Willkür überlegener gleichgewichtsartiger Sinn, der im Dienste der Beziehung steht.
    Obwohl die Bedürfnisse nach Bindung, Ausgleich und Ordnung im Dienste der Beziehung Zusammenwirken, wird jeder Bereich mit einem eigenen Gefühl der Schuld und Unschuld erlebt.

- Bei der Bindung erleben wir Unschuld als Gefühl von Zugehörigkeit zur Gruppe und Schuld als Ausgeschlossensein. Die Bindungsschuld wird als eine schwere Schuld erfahren.
- Im Ausgleich von Geben und Nehmen wird die Unschuld als Freiheit von Verpflichtung und Leichtigkeit wahrgenommen, die Schuld als Verpflichtung erlebt.
- In Fragen der Ordnung wird Schuld und Unschuld unterschiedlich erlebt, je nachdem, worauf sie bezogen sind (s. S.49). Wo die Ordnung geltende Regeln meint, wird die Unschuld als Treue und Gewissenhaftigkeit wahrgenommen, die Schuld als Übertretung und Furcht vor Strafe.

    Jedem dieser drei Ziele dient das Gewissen auch dann, wenn sie sich widersprechen. So entstehen Gewissenskonflikte. Betrachten wir ein Beispiel, bei dem das Bedürfnis nach Ordnung mit dem nach Bindung und Liebe kollidiert. Ein Vater bestraft seinen aufmüpfigen Sohn, indem er ihn zwei Stunden im Keller bestimmte Aufräumarbeiten machen läßt. Wenn der Vater den Sohn zwei Stunden im Keller arbeiten läßt, ist der Ordnung zwar Genüge getan, nicht aber der Liebe (Bindung). Deshalb ist es gut, wenn er schon etwas eher in den Keller geht und dem Sohn den Rest der Strafe erläßt.
    Beim folgenden Beispiel stehen Bindung und Ausgleich zwischen Geben und Nehmen im Widerspruch. Wenn der eine Partner dem anderen etwas angetan hat und es im selben Maß zurückgegeben wird, ist es mit der Bindung zwischen den beiden schlecht bestellt. Derjenige, dem geschadet wurde, sollte dem anderen etwas weniger des Schlimmen antun. Auf diese Weise kommt es zwar nicht ganz zum Ausgleich, aber die Liebe kann wieder ihr Recht erfahren.
    Doch nicht nur unsere Bedürfnisse nach den drei Grundbedingungen gegenüber einem einzelnen Menschen widersprechen sich, sondern auch unsere Beziehungen zu verschiedenen Menschen können unterschiedlichen Interessen dienen und in Konflikt miteinander geraten. Wenn wir etwas Gutes für die eine Beziehung tun, kann es einer anderen Beziehung schaden. Wir machen uns gleichzeitig in bestimmten Zusammenhängen schuldig und in anderen unschuldig.

    Schuld und Unschuld treten immer gemeinsam auf. Wie man seinem Gewissen auch folgt, es spricht uns sowohl schuldig als auch frei. Wer einseitig auf die Unschuld baut, kann sich nicht entwickeln, denn Schuld und Unschuld dienen demselben Ziel. Durch ihre Wechselwirkung fördern sie unsere Beziehungen. Bert Hellinger vergleicht Schuld und Unschuld mit Pferden, die vor einen Wagen gespannt werden. Derjenige, der die Zügel in die Hand genommen hat, ist jedoch nicht unser Ich mit seinem Wünschen und Wollen, sondern unser Gewissen.

Das Gewissen dient einer höheren Ordnung

    Zuweilen wird das Gewissen isoliert erlebt. Meist aber ähnelt es einer Gruppe, in der unterschiedliche Ziele von unterschiedlichen Stimmen mit unterschiedlichen Gefühlen der Schuld und Unschuld verwirklicht werden wollen. Das mag konfliktträchtig erscheinen, doch dienen diese Klärungsprozesse einer höheren Ordnung. Unschuldig können wir aus alldem nicht hervorgehen. Zudem können sich Schuld und Unschuld zum Verwechseln ähnlich sein, je nach der Perspektive, die gerade eingenommen wird. Erst die Wirkung zeigt später, wo Schuld und Unschuld lag.

Die Grenzen des Gewissens

    Das Gewissen bindet uns nicht nur, es grenzt auch ein und aus. Um das Gefühl der Zugehörigkeit zu erhalten, sprechen wir es anderen oft ab, nur weil sie anders sind. Dieses Verhalten, das uns unser Gewissen zur Bindung an die Gruppe auferlegt, kann schlimme Folgen haben. Die Kreuzzüge im Mittelalter sind ein anschauliches Beispiel dafür, genauso wie in unseren Tagen die Auseinandersetzungen im früheren Jugoslawien. Die Geschichte zeigt immer wieder, wie wir uns gegenseitig für das Gute eine Grenze setzen und für das Böse diese Grenzen im Namen des Gewissens aufheben.
    Schuld und Unschuld dürfen deswegen nicht mit Gut und Böse verwechselt werden. Die schlimmsten Taten werden oft mit dem besten Gewissen durchgeführt und die besten Taten nicht selten mit einem schlechten Gewissen. Das Gute, das Frieden stiftet und versöhnt, muß die Grenzen überwinden, die uns das

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