Was die Tiere im Park erlebten
erlaubte. Längst lagen die vertrauten Gegenden des Parkes hinter ihm, als er auf ein anderes Lebewesen stieß. Unter einem Gebüsch überraschte er ein Hermelin über einem toten Kaninchen. Die beiden Fremden musterten einander mißtrauisch.
»Eine bitterkalte Nacht«, sagte der Dachs endlich.
»Es reicht nicht für zwei«, erwiderte das Hermelin, das wohl glaubte, der Dachs wolle ihm sein Futter wegnehmen.
»Ich will dein Futter nicht«, sagte der Dachs. »Ich sehe doch, daß du hungrig bist.«
»Bin fast verhungert«, erwiderte das Hermelin kurz angebunden. »Habe seit drei Tagen nichts zu fressen gehabt.«
»Schwierigkeiten mit der Jagd?« fragte der Dachs überflüssigerweise.
»Das ist stark untertrieben«, kam die Antwort. »Es gibt keine Jagd mehr. Wenn du mich schon fragst: Dieses Kaninchen ist erfroren. Natürlich ist es steinhart. Aber heutzutage muß man nehmen, was man kriegt.« Es riß noch ein Stück Fleisch aus dem toten Körper, und es schien ihm hervorragend zu schmecken. »Was ist mit dir?« fragte es kauend. »Ich habe dich noch nie in dieser Gegend gesehen?«
»Nein, das konntest du auch nicht«, meinte der Dachs. »Ich bin ein Neuankömmling.«
»Ah, dann gehörst du zu den berühmten Auswanderern«, sagte das Hermelin, aber es klang ein wenig spöttisch. »Ich wette, ein Paradies des Überflusses habt ihr nicht gefunden.«
»Mit solch einem Wetter hatten wir nicht gerechnet«, antwortete der Dachs. »Es sieht aber so aus, als ob es überall so kalt wäre.«
»Klar doch«, versicherte das Hermelin. »Dieser Winter verringert die Bevölkerung des Hirschparks auf die Hälfte.«
»Meinst du? Steht es so schlimm?«
»Sicher«, sagte das Hermelin schroff. »Wenig Futter bedeutet, daß nur wenige überleben werden.«
Der Dachs nickte. »Ja, wahrscheinlich hast du recht.«
Das Hermelin schien darauf zu warten, daß man es endlich in Frieden ließ. Schließlich merkte das auch der Dachs. »Ehem — entschuldige, daß ich dich gestört habe«, sagte er. »Ich werde dich jetzt verlassen.« Er setzte sich in Trab und warf ein zögerndes »Viel Glück« zurück, aber das Hermelin war viel zu beschäftigt mit seiner Mahlzeit, um antworten zu können.
Seine Worte jedoch hatten dem Dachs klargemacht, daß es keinem Lebewesen im Park besser erging. Der Alte Hirsch fiel ihm ein. Der war weise und konnte vielleicht den Tieren in ihrer Not helfen. Aber wo war er? Jedenfalls nicht im Wald. Er würde auf einer der Lichtungen zu finden sein. Der Dachs setzte seinen Weg fort.
Aber er erreichte das Hirschrudel nie. Wohl sah er es schon von weitem, als der Unfall geschah. Er wollte einen kleinen Abhang hinunterlaufen, der blankgefroren war, rutschte aus, überschlug sich beim Fallen und sauste wie ein Schlitten zu Tal. Unten lag ein großer Felsen. Der Dachs konnte ihm nicht ausweichen. Mit einer Seite seines Körpers und einem Hinterbein prallte er hart gegen den Felsen. Er stieß einen Schmerzensschrei aus, die Luft blieb ihm weg. Als er wieder atmen konnte, versuchte er sich aufzurichten, aber ein so heftiger Schmerz durchzuckte sein verletztes Bein, daß er wieder zurücksank.
So lag er nun für den Rest der Nacht. Er wußte, laufen konnte er nicht mehr, und die fürchterliche Kälte drang ihm durch Mark und Bein. Er fragte sich, was wohl aus ihm werden würde. Welche Hoffnung habe ich noch? dachte er. Meine Freunde sind so weit, ich habe nichts zu fressen, keinen Unterschlupf, und ich kann mich nicht bewegen. Schließlich fiel er in einen unruhigen Schlaf.
Als der Morgen heraufdämmerte, wachte der Dachs so steifgefroren auf, daß er kaum noch den Kopf heben konnte. Aber die Rettung nahte schon, obwohl er es nicht wußte. Der Wildhüter im Park hatte Heu für das Hirschrudel gebracht und machte gerade im Landrover seine gewohnte Kontrollfahrt durch den Park. Von Zeit zu Zeit hielt er an und betrachtete das Gebiet durch sein Fernglas, da entdeckte er den bewegungslosen Körper des Dachses und stieg aus, um nachzusehen. Plötzlich merkte der Dachs, daß er hochgehoben und sanft auf ein paar alte Teppichläufer gelegt wurde. Dann brachte ihn der Wildhüter in die Wärme und Behaglichkeit seiner Küche.
Er holte einen ausgedienten Hundekorb, polsterte ihn mit Tüchern und Stoffresten aus und legte den Dachs, der sich nicht wehrte, hinein. Dann betrachtete er das Tier nachdenklich und begann ein Essen zuzubereiten. Der Dachs schlummerte wieder ein, seine Schwäche und die Wärme im Raum waren zu
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