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Was es heißt, in den Krieg zu ziehen

Was es heißt, in den Krieg zu ziehen

Titel: Was es heißt, in den Krieg zu ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Marlantes
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langer Weg, bis ich mich mit etwas anderem Größeren, meiner Menschlichkeit oder Gott, verbunden fühlte. [2] Meine Loyalität galt den U.S. Marines und deren Vorfahren, nicht den Vorfahren meines Volkes, das in unserer modernen Welt alle Menschen umfasst.
    Die Uninitiierten denken oft, die Grundausbildung der Marines sei dumm oder sogar sadistisch. Sicher, von Mücken in die Hoden gestochen zu werden, brachte mir nicht bei, genauer zu schießen oder intelligenter anzugreifen. Aber bevor die Gesellschaft ein Highschool-Kid losschickt, um im Kampf das Töten für sie zu übernehmen, muss dieses Kid die Art ändern, wie er oder sie sich sieht, oder es wird kein sehr effizienter Killer werden. Schlimmer noch, es wird andere in Gefahr bringen. Mangelnde Disziplin beim Legen eines Hinterhalts oder mangelnde Konzentration auf einem Horchposten, weil man nach einer Mücke schlägt oder sich auch nur an einem Stich kratzt, kann das eigene Leben und das aller anderen Soldaten gefährden. Auf jeden Fall macht mangelnde Disziplin in einer Extremsituation die gesamte Organisation des Tötens weniger effizient. Und wir verlangen von unseren Soldaten zu töten. Das geht nicht ohne eine grundsätzliche psychologische Wandlung, es sei denn, wir haben es bereits mit Kriminellen zu tun. Und die Wandlung muss schnell vonstattengehen. Dazu hat unsere Gesellschaft die Bootcamps ins Leben gerufen. Die Ausbildungslager machen junge Männer nicht zu Killern, sie befreien unsere wilden, schonungslosen Teile nur von den gesellschaftlichen Beschränkungen, die uns zur obersten Kreatur in der Nahrungskette gemacht haben.
     
    Teil meiner eigenen spirituellen Initiation war das Erleben des Todes auf Grandpa Axels Fischerboot, einen wirklichen Anschub bekam sie während des letzten Wochenendes vor Abschluss des Bootcamps. Es war das erste Mal, dass uns ein bisschen Freiheit zugestanden wurde. Wir bekamen zwölf Stunden Ausgang, und fast alle von uns fuhren nach Washington, D.C., in die nächste große Stadt.
     
    Es war ein Samstagmorgen, und wir fühlten uns nicht einfach nur übermütig, sondern unbesiegbar. Wir wogen zehn Kilo mehr und hatten doch kein Gramm zu viel. Wir waren Marines. Meine unbesiegbare Truppe verließ Quantico mit dem Mittagsbus in Richtung Washington. Wir waren zu viert, einschließlich Perkins, der ein drahtiger Bursche war, arrogant, schnell, und dem leicht die Sicherung durchbrannte. Nach ein paar Stunden in der Stadt, in denen wir in der gekühlten Luft von Benny’s Rebel Room gebadet und kühles Bier getrunken hatten (was das Ergebnis sehr poetischer Interpretationen der Geburtsdaten in unseren Führerscheinen war), sagte Perkins plötzlich: »Gehen wir rüber ins Cap ’n’ Guys.« Ich sah meine beiden anderen Freunde an. Die starrten in ihr Bier. Das Cap ’n’ Guys hatte den Ruf, die härteste Kneipe in D.C. zu sein. Keiner wollte jedoch etwas gegen Perkins’ Vorschlag einwenden, und so traten wir in den blendend hellen Nachmittag hinaus und gingen die paar Blocks zum Cap ’n’ Guys.
    Drei äußerst verdrießlich dreinblickende Typen wippten auf ihren Barhockern, als wir die Glastür aufdrückten und der Luftzug die schmutzigen Jalousetten rasseln ließ. Zwei weitere Typen saßen an einem Tisch weiter hinten und unterhielten sich. Die Kerle waren alle Ende zwanzig, Anfang dreißig und ein wenig übergewichtig. In den Augen von uns Neunzehnjährigen waren sie alte Männer, von denen einige schon leichte Bierbäuche zeigten. Scheiße. So eine harte Kneipe schien es also doch nicht zu sein.
    Wir bestellten vier Krüge Bier und nahmen sie mit in eine Nische, wo sich das Schwitzwasser auf der Tischplatte sammelte und an unseren Gläsern saugte, wenn wir sie an den Mund hoben.
    Wir hatten unsere Krüge halb geleert, Perkins ging zur Jukebox und ließ für einen Dollar Musik abspielen. Als er zurück zu unserer Nische ging, drehte sich einer der mies dreinblickenden Typen an der Theke um und sagte: »Ich mag keine Nigger-Musik.«
    Perkins, ein Weißer aus dem Süden, sagte ruhig: »Das ist keine Nigger-Musik, ich habe sie gedrückt.« Er rutschte neben mich, und ich hörte durch den feinen Alkoholnebel ganz leise die ersten Warnglocken läuten.
    »Ich sagte, ich mag keine Nigger-Musik,
Jarhead.
« Die beiden Freunde des Typs hatten sich ebenfalls in unsere Richtung gedreht, genau wie die beiden, die hinten am Tisch saßen.
Jarheads
nannte man Marines, wenn man nicht unbedingt freundlich sein wollte.
    Die Warnglocken

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