Was es heißt, in den Krieg zu ziehen
und spirituelle Vorbereitung zu übertragen, kann die Konsequenz von Beschädigungen haben, es kann unter anderem dazu führen, dass das Töten und die Gewalt über das für die Erfüllung der Mission notwendige Maß hinausgehen. Kämpfer, die psychologisch und spirituell auf ihren Einsatz vorbereitet wurden, finden danach schneller und leichter ins Zivilleben zurück, und auch ihre Familien leiden weniger. Je weniger deutlich die Grenzen zwischen der Welt, in der sie in der Rolle Gottes handeln, und ihrer normalen bürgerlichen Alltagswelt sind, desto problematischer bleibt die Reintegration.
Die Sonne hatte sich den ganzen Tag über den Monsunwolken abgemüht, bis sie endlich hinter der sich drehenden Erde und den regennassen Höhen des Truong-Son-Gebirges unterging. Es war Februar 1969 , in der Provinz Quang Tri, Vietnam. Die Nacht wurde monsunschwarz, und Zoomer lag oberhalb von meinem Schützengraben im durchweichten Lehm von Mutter’s Ridge, dem dschungelbedeckten Bergrücken, der parallel zur demilitarisierten Zone Vietnams verlief, in der sich die 3 . Division der Marines und die nordvietnamesische Armee bereits seit zwei Jahren bekämpften. Eine Kugel hatte seine Brust durchschlagen und ein großes Loch in seinen Rücken gerissen. Eingerollt gegen den kalten Nieselregen lag er da, auf der Seite, damit der intakte Lungenflügel nicht voll Blut lief. Wir waren umzingelt, und es bestand keine Hoffnung auf eine Evakuierung. Die Hubschrauber konnten uns in den nebelverhangenen Bergen nicht ausmachen.
Ich hörte Zoomer die ganze Nacht hindurch keuchen wie bei einem 400 -Meter-Lauf. Die eine Lungenhälfte musste für zwei arbeiten und seinen im Schockzustand befindlichen Körper versorgen. Er atmetet ein und wieder aus, ein und aus, sog den Nebel und das Seufzen des durch den Dschungel streifenden Monsunwindes in sich hinein und stieß seinen heißen, schmerzgesättigten Atem aus sich heraus. Zoomer musste wach bleiben. Wenn er einschlief, starb er. Also bekam er kein Morphium mehr. Der Schmerz hielt ihn am Leben.
Um ihm beim Wachbleiben zu helfen und meine eigene Angst zu besänftigen, kroch ich zu ihm und flüsterte ihm Geschichten ins Ohr.
Ich bin in Oregon aufgewachsen, wo ich als Teenager auf dem Fischerboot meines Großvaters in der Mündung des Columbia River aushalf. Eines Nachts im Juni 1959 schreckten wir hoch, als ein schwerer Körper in das vier Fußballfelder große Stellnetz ging. Sein Gewicht zog die Korkschwimmer, an denen das Netz wie ein Vorhang hing, hinunter ins kalte Salzwasser. Leise näherten wir uns der in die Seite gerissenen Lücke. Ich steuerte das Dreißig-Fuß-Boot durch die Dunkelheit, während Grandpa Axel mit dem Gewehr im Bug stand und sich sorgte, dass es ein Seelöwe war. Ein Seelöwe konnte das Netz zerstören, das, neben dem Boot, Großvaters wertvollster Besitz war. Die Haare stellten sich mir im Nacken auf, als ich dann den schimmernden Körper eines über zwei Meter großen grünen Störs sah, der sich unheimlich, geisterhaft, den Körper langsam nach rechts, dann nach links windend, durchs dunkle Wasser schob.
Es kostete uns alle Kraft, die wir hatten, den mehrere Hundert Pfund schweren Stör ins Boot zu ziehen, ohne das Netz zu sehr zu beschädigen. Neun Cent würde das Pfund bringen, Grandpa Axel war bester Dinge. Gemeinsam hievten wir den riesigen Fisch in den Fischcontainer, wo er blieb, bis wir die Scandinavian Station erreichten. Dort luden wir unseren Fang aus, wogen ihn, tanzten vor Freude auf der Dünung unter dem Kran, der die Fischkisten ins wartende Eis beförderte. Großvater war voller Ungeduld, dass wir wieder hinauskamen, ich genoss die kurze Pause.
Wir hatten den Stör nicht gleich in den Hafen gebracht, war doch noch reichlich Platz im Container, sondern dann weitergefischt wie gewohnt. Währenddessen lag der Stör da, lebte noch, atmete noch, und seine nassen Schuppen glitzerten im Sternenlicht. Wie ein uraltes Wesen aus der Zeit noch vor den Dinosauriern kam er mir vor, das zu primitiv und zäh war, um so schnell zu sterben wie der elegantere Lachs. Immer wieder ging ich hin und betrachtete die mächtige Kreatur.
Einatmen –
spiritus.
Ausatmen –
sanctus.
Das waren die Worte, die mir in den Sinn kamen, während ich die Kiemen die ungewohnte Luft durch den Körper pumpen sah. Hinein drang der Geist, heraus kam etwas Heiliges, vielleicht das Leben, doch dann begriff ich, dass das Ein- und das Ausatmen in gewisser Weise das Gleiche war und in
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