Was Farben sagen
verknüpfen, wenn er seine Ferien meist bei der GroÃmutter verbrachte, die eine blaugrün gestrichene Küche hatte.
Wiederum aus einem anderen Blickwinkel betrachtet man Farben, zieht man die traditionelle Deutungheran. Diese erklärt Farben meist anhand ihrer Rolle in der Geschichte der Farbgewinnung, weshalb Purpur etwa als würdevoll und ausgesprochen luxuriös gilt, da die Herstellung der Farbe aus einer speziellen Schneckenart früher sehr aufwendig war. Purpur eingefärbte Kleidung war daher nur Königen und hohen Würdenträgern vorbehalten.
Versuche, die Sprache der Farben zu entschlüsseln, gibt es demnach viele, doch häufig zeichnen sie kein klares, kein eindeutiges Bild einer Farbe. So ist Gelb zum einen als Synonym für die Sonne und das Göttliche bekannt. Zum anderen gilt es aber auch als Farbe der Geächteten einer Gesellschaft. Die Zuordnungen zu Violett reichen von fromm über eitel bis zu sündig. Wo aber liegt der Kern, die Persönlichkeit der Farbe?
Das Herauslesen von Farbbedeutungen zum Beispiel aus der historischen Verwendung der Farbe lässt einen sicherlich nicht nur faszinierende Geschichten über Farben entdecken, sondern ist ein wichtiger Weg, um sie zu deuten. Historische oder symbolische Deutungen leiten die Farbbedeutungen dabei allerdings von bestimmten Dingen oder Umständen ab, die mit der Farbe verknüpft sind. So wird Grün sehr häufig als giftig angesehen, was ein Paradebeispiel dafür ist, wie, so Eva Heller, » ein einzelnes sprachliches Klischee« die Farbwirkung prägen kann: » Giftgrün« ist ein feststehender Begriff, und Grün wird folglich als giftig wahrgenommen. Diese Zuordnung hat allerdings nichts mit dem Wesen von harmonischem und ausgleichendem Grün zu tun. Das » Giftgrün« leitet sich lediglich von der hochgiftigen Malerfarbe Schweinfurter Grün ab: in Arsen gelöster Kupfer-Grünspanâ beides giftige Komponenten. Bei der Verarbeitung nahmen die Maler die Giftstoffe auf und starben an der sogenannten Malerkrankheit. Das berühmteste Opfer des Schweinfurter Grüns war wohl Napoleon, der an den giftigen Ausdünstungen der Farbe starb, mit der auch Tapeten eingefärbt wurden. Diese grüne Malerfarbe war zweifellos hochgiftig. Doch den reinen Farbimpuls Grün, der für Balance, Ruhe undâ ganz im Gegensatz zu tödlichem Giftâ für Heilung und Erneuerung steht, tangiert dies nicht.
Um zur Kernbedeutung einer Farbe vorzudringen, muss man demnach umgekehrt vorgehen: Man leitet ihren Inhalt nicht von ihrem Vorkommen oder ihrer Verwendung ab, sondern setzt die Farbe an die erste Stelleâ und zwar die isolierte Farbe, losgelöst von allen Deutungen, die ihr im Laufe der Zeit zugeschrieben wurden. Diesen reinen Farbimpuls, der in vielen Fällen nicht mit den landläufigen Auslegungen übereinstimmt, gilt es freizulegen und auf sich wirken zu lassen. Von den Empfindungen, die man beim Betrachten der reinen Farbe hat, leitet sich dann ihre Deutung ab, denn: » Farbe ist nicht übertragbar«, wie der Grafikdesigner Milton Glaser es ausgedrückt hat. Er stützt sich bei seinen farbenfrohen Entwürfen teils auf traditionelle Farbbedeutungen, sagt aber auch: » Es gibt einen Moment, wenn die Logik nicht mehr greift; bei Farbe geht es um Intuition.« Auch Johannes Itten erinnert in seiner Kunst der Farbe an den berühmten Satz des Kleinen Prinzen, wenn er sagt, dass das innerste Wesen der Farben dem Verstand verborgen bleibt und nur intuitivâ mit dem Herzenâ erfasst werden kann. Farben sind eine lebendige Kraft. Man muss sich ihnen öffnen, sie erleben, um zu ihrem Kern vorzudringen. Sieht man die Farbe dann losgelöst von jedem Symbolgehalt oder Ãhnlichem, erkennt man: » Rosa ist nicht Haut, Grün ist nicht Natur, Grau ist nicht Traurigkeit. Farbe besitzt eigenes Leben, eigene Sensibilität.« 4 Jede Farbe besitzt ein eigenes Wesen.
Rot ist kraftvoll, Blau zurückhaltend: Ein Wörterbuch der Farben
Um eine Basis zu haben und sich später » in Farbe« ausdrücken zu können, geht es in den folgenden Farbportraits zunächst darum, das Wesen der Farben zu bestimmen. Die Bedeutung der einzelnen Farbtöne ist dabei identisch mit jenem » eigenen Leben «, der geheimen Seele der Farben, mit dem, wie Franz Marc es ausdrückte, » geistigen Wesen der Farben «. 5
Hat man es erkannt,
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