Was Farben sagen
ansonsten schlichten Kleidungsstücken und eine verschwenderische Stofffülle, unruhige und sinnliche Oberflächenstrukturen sowie schwere, dunkle Stoffe.
Die beiden Pole: Weià und Schwarz
Weià erkennt man am besten, wenn man Schwarz dagegenhält.
Sprichwort
Weià ist Vollkommenheit â schwerelos und hehr. Schwarz ist Chaos â schwer und abgründig.
Vielleicht wundern Sie sich, weshalb ein Buch über Farben gerade den beiden absoluten Nichtfarben Weià und Schwarz ein eigenes Kapitel widmet? Weil sie Ausgangs- und Endpunkt sind. Weil sich alle Farbtöne zwischen diesen beiden Polen bewegen. Sämtliche Farben werden über das Aufhellen mit Weià und das Abdunkeln mit Schwarz beeinflusst, das heiÃt, sie bestimmen die Qualität der Farbtöne. Der Anteil an Weià oder Schwarz entscheidet also darüber, ob eine Farbe uns an ätherische Gefilde denken lässt oder uns eher mit ihrer dunklen Komplexität in ihren Bann zieht. Es macht demnach durchaus Sinn, Weià und auch Schwarz in ein Buch über Farben aufzunehmen. Vincent van Gogh hat es in einem Brief an seinen Bruder so ausgedrückt: » Schwarz und Weià haben ihren Grund und ihre Bedeutung; und wer sie unterschlägt, kommt nicht aus (â¦).« 27
Weià und Schwarz können weder als männlich noch als weiblich charakterisiert werden; sie sind neutral. Ãber ihre Gegensätze kann man die beiden » unbunten Farben« allerdings voneinander abgrenzen und so ein klareres Bild von ihnen zeichnen. Weià ist hoch und hell, Schwarz dagegen dunkel und tief, Weià ist offen, schwerelos und ätherisch, Schwarz geschlossen, schwer und dicht. Solche Gegenüberstellungen lassen den einen Pol in den meisten Fällen als den hehren und guten, den anderen als den negativen, abgründig-düsteren erscheinen. So sollte es allerdings nicht aufgefasst werden, denn die Farbenwelt ist hier das Abbild der realen Welt, in der wir ebenfalls zwei gegensätzliche Pole als Orientierungspunkte brauchen, mit deren Hilfe wir uns und die Dinge um uns herum einordnen können. Doch deshalb ist der eine davon nicht negativer einzustufen als der andere, sondern schlicht eine Notwendigkeit, um unsere individuelle Mitte zu finden. Genauso sind beide Nichtfarben, Weià wie Schwarz, weder gut noch schlecht, sondern notwendige Gegensätze, zwischen denen sich sämtliche Farben bewegen und aus denen sie ihre Prägung erfahren. Sie bestimmen ihre Qualität, indem sie zum Beispiel ein forderndes Rot zu bescheidenem Rosa aufhellen oder aber zu souveränem Mahagonirot abdunkeln.
Im Gegensatz zu Farben wie Orange und Blau kann man Weià und Schwarz nicht in Einrichtungen oder Mode darstellen, denn beide haben keine Form, in die sie übersetzt werden könnten. Weià ist reines, gleiÃendes Licht, in dem sich jeder Farbimpuls bereits aufgelöst hat. Es hat keinen Ton, keine Schwingung mehr. Schwarz auf der anderen Seite ist ebenfalls keine Farbe, es die Abwesenheit von Licht (und Farbe) und dröhnt bedrohlich. In ihm sammeln sich alle Farbaspekte, doch sie bleiben noch unkenntlichâ eben noch unge form t, form los. Aus diesem Grund sind Weià und Schwarz von den Anwendungsbeispielen ausgenommen.
Es ist davon abgesehen auch nicht ratsam, sich komplett in Weià oder Schwarz zu hüllen, weder in die reine Farbe noch in ihre Entsprechungen. Denn reinem Weià â abgetöntes Creme oder Ecru etwa sind nicht damit vergleichbar â fehlt jegliche Schwingung, die Farbe ausmacht, und man fühlt sich sich selbst überlassen und abgegrenzt von seiner Umwelt. In Schwarz dagegen tummeln sich zu viele Impulse, es ist reines Chaos. Zudem ist es, entgegen der Meinung vieler Liebhaber schwarzer Kleidung, keine Schutzfarbe, an der schlechte Einflüsse abprallen. Schwarz saugt vielmehr wahllos alles in sich auf.
Dasselbe gilt für Einrichtungen: ReinweiÃe Räume wirken im besten Fall steril, im ungünstigsten leer und unbeseelt. Genauso wird sich niemand freiwillig ganz in Schwarz einrichten, das als Akzentfarbe reizvoll ist und einen Raum wunderbar strukturieren kann. Aber nach absehbarer Zeit in einem komplett schwarzen Raum wäre sicherlich jeder depressiv und ein Fall für die nächstgelegene Psychiatrie.
WeiÃ: Alles und nichts
Vollkommenheit   In Weià ist kein Streben mehr nötig, das noch jede andere Farbe kennzeichnet. Es vereint vielmehr alle
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