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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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funkelnden Koboldaugen, von der eine derart überwältigende Aura der Glückseligkeit ausging, daß sie Schicksalsschläge geradezu herausforderte. Mit ihren vollen Brüsten und der knackigen Figur war sie genau die Art Anhängerin, die sich Markesch als Guru gewünscht hätte, wäre da nicht dieses heilige Lächeln gewesen, das jeden erotischen Gedanken als Gotteslästerung erscheinen ließ.
    Sie tänzelte auf ihn zu. »Ist die Musik nicht fantastisch?« fragte sie schwärmerisch. »Spürst du, wie sie dein Herz öffnet? Spürst du, wie sie deine Seele öffnet?«
    »Na, bei mir öffnet sie nicht einmal den Kragenknopf«, meinte Markesch. »Aber in dieser Jahreszeit ist das nicht unbedingt ein Fehler, nicht wahr?«
    Er sah sie starr an.
    Sie strahlte, als hätte sie ihn soeben zu ihrem Glauben bekehrt, und fragte glücklich: »Was darf ich dir bringen?«
    »Einen Scotch«, brummte er enttäuscht. »Ohne Eis, ohne Soda und ohne jede Verzögerung.«
    Sie tänzelte davon, das rote Lockenhaar im Takt der hämmernden Musik hin und her werfend, und servierte ihm Sekunden später den Whisky.
    »Macht zehn Mark. Wir kassieren direkt. Das ist besser für die Vibrationen.«
    »Kann ich mir denken. Bei dem Preis vibriert sofort alles in mir.« Er zog einen Zehnmarkschein hervor und legte ihn auf die Theke. Als sie danach griff, brachte er das Foto von Angelika Hilling zum Vorschein. »Nebenbei, ich suche diese Frau. Kennst du sie?«
    Das koboldhafte Funkeln in ihren Augen erlosch. Es war faszinierend; als hätte sie irgendeinen verborgenen Schalter umgelegt. Nur ihr Lächeln blieb von der Veränderung verschont. Fraglos hätte sie auch dann noch gelächelt, wenn er ihr statt des Fotos seine .357er Magnum unter die Nase gehalten hätte.
    »Die? Nein, nie gesehen, kenn’ ich nicht, kennt hier keiner. Wer soll das sein? Ein Gast? War nie hier, wird wohl auch nie kommen.«
    Die Worte kamen so schnell hintereinander von ihren lächelnden Lippen, als befürchtete sie, an ihnen zu ersticken, wenn sie sie zu lange im Mund behielt. Sie war keine besonders gute Lügnerin, aber was ihr an Überzeugungskraft fehlte, machte sie durch Unverfrorenheit wett.
    »Du hast sie nie gesehen? Bist du da sicher?«
    »So sicher, wie ein Mensch nur sein kann«, behauptete sie.
    Aber er spürte, daß sie log. Warum? Weil sie aus Prinzip keine Auskunft über andere Sanyiten gab? Aus religiösen Gründen? Auf Geheiß des toten Meisters? Oder weil der alte Hilling mit seinem Gehirnwäsche- und Fronarbeitverdacht doch nicht so unrecht hatte?
    »Also, nee, das versteh’ ich nicht, ehrlich nicht«, sagte Markesch mit treuherzigem Blick. »Dabei hat mir mein Schwesterlein doch geschrieben, daß sie seit zwei Monaten bei euch ist! Sie heißt Angelika. Angelika Hilling. Heute hat sie Geburtstag, und ich bin extra aus Ostfriesland nach Köln gekommen, um ihr zu gratulieren. Soll denn alles umsonst gewesen sein? Der ganze Weg vom Wattenmeer zum Rhein – alles umsonst?«
    »Das muß schrecklich enttäuschend für dich sein, aber ich kenne keine Angelika Hilling. Sie ist bestimmt keine von uns. Tut mir leid, ich muß mich jetzt um die anderen Gäste …«
    »Vielleicht kennt deine Kollegin sie?«
    »Ich sagte doch schon, sie ist keine von uns.« Gereiztheit schwang in ihrer Stimme mit, aber sie lächelte und lächelte und lächelte. Es war phänomenal. »Und jetzt entschuldige mich.«
    Sie tänzelte davon.
    Frustriert stürzte Markesch den Whisky hinunter. Einen Moment lang dachte er daran, die andere Kellnerin zu befragen, doch die rotgelockte Hexe tuschelte bereits mit ihr, und er hatte nicht das Gefühl, daß es bei ihrem Gespräch um Erleuchtung oder Vibrationen ging.
    Natürlich mußte dieses nicht bedeuten, daß Angelika Hilling von den Sanyiten gefangengehalten wurde.
    Aber was bedeutete es dann?
    Mit Sicherheit nichts Gutes, soviel stand fest. Es wurde Zeit, daß er seine Ermittlungen intensivierte.
    Markesch rutschte vom Hocker und bahnte sich einen Weg durch die Massen der alkoholisierten Diskotouristen aus Bergheim und Umgebung, die die Bar belagerten und jede Frau belästigten, die sich in ihre Nähe verirrte. Dabei johlten und grölten sie, als wären sie nicht im Krishna, sondern in der Südkurve des Müngersdorfer Stadions, und nicht zum ersten Mal zweifelte Markesch daran, daß der Neandertaler wirklich ausgestorben war.
    In einer Ecke sah er einen himmelblau gewandeten Kahlkopf mit geschlossenen Augen und verzücktem Gesicht die Hüften zu George

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