Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
Vom Netzwerk:
dem sie sich aufrichten kann.
    Â»Was wirst du anziehen?«
    Â»Ein sehr ausgeschnittenes und kurzes Teil.«
    Jetzt lächelt sie besser. Irgendwas ist von ihr abgefallen. Sie kann mir sogar wieder in die Augen schauen und es sagen, wie es ist: »Du bist wirklich zu beneiden.«
    Ich zucke mit den Schultern.
    Es liegt mir auf der Zunge: Du wirst auch bald jemanden finden. Jemanden, mit dem du Pläne schmieden kannst. Jemand, der, wenn wir alle in die Welt hinausgehen, deine Angst wegbläst und an deiner Seite ist. Jemand, von dem du jetzt schon weißt, dass du mit ihm alt und runzlig werden willst.
    Aber ich sage: »Bist du fertig?«
    Â»Ja.« Sie gibt mir das Heft zurück.
    Dornsted betritt die Klasse und sieht aus, als würde er am liebsten gleich wieder verschwinden. Er hasst uns. Er starrt sicher jeden Morgen auf das abgerissene Kalenderblatt und fragt sich, wann es endlich vorbei ist. Lange kann es nicht mehr dauern. Er sieht alt aus. Wie jemand, der alleine alt geworden ist.
    Ohne Begrüßung schreibt er mit quietschender Kreide eine Zahl an die Tafel. Vier. Er schaut uns an. Wie etwas, das er nicht vergessen kann, sosehr er es auch möchte.
    Â»Was bedeutet diese Zahl, meine Damen und Herren?«
    Keiner antwortet. Also übernimmt er es selbst.
    Â»Das sind die Monate, die Ihnen noch bleiben, um Reife zu erlangen.« Er wartet, aber niemand reagiert. »Reife«, wiederholt er. »Ist irgendjemand hier der Ansicht, die in vier Monaten zu erlangen?«
    Niemand sagt etwas.
    Â»Dann sind wir ja ausnahmsweise mal einer Meinung.«
    Er will nicht, dass wir ihn mögen.
    Ohne die Schatten des Schulgebäudes ist der Tag voller Sonne.
    Â»Wie kann man nur so drauf sein?« Aron lässt die Gesichtsmuskeln erschlaffen und starrt ins Leere. Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Sogar die Stimme kann er imitieren. »Was Sie hier in meiner Visage sehen, ist Reife, meine Damen und Herren. Vertrocknete, verhärmte Reife. Etwas, das Sie niemals erreichen werden.«
    Â»Bei dem ist das Verfallsdatum längst überschritten«, sagt Susanne. »So jemand müsste wirklich suspendiert werden. Den kann man doch nicht mehr auf Schüler loslassen.«
    Â»Weiß jemand, wie der lebt?«, frage ich.
    Â»Der hat ganz sicher noch nie eine Klasse zu sich nach Hause eingeladen. Ich hab aber mal gehört, dass er alleine lebt. Also ohne Frau. Wer würde diesen Zombie schon haben wollen.«
    Â»Er kann einem irgendwie leidtun«, sagt Rico.
    Er bekommt meinen Ellenbogen in die Rippen. »Zu gut für diese Welt!«
    Â»Ich hab ja nicht gesagt, dass er mir leidtut. Ich hab nur gesagt, er könnte.«
    Â»Machen wir was heute?«, will Aron wissen.
    Â»Wir bleiben zu Hause«, antworte ich.
    Â»Paare sind so langweilig. Man sollte echt nicht mit einem Paar befreundet sein. Susanne, was ist mit dir?«
    Â»Ich hab Zeit.«
    Aron hakt sich bei ihr unter und zieht sie weg. Er wirft uns einen Blick zu, der jedes Paar im Umkreis von drei Kilometern eliminieren soll, aber bevor er ganz verschwindet, lacht er doch und ruft: »Ich liebe euch, Leute, auch wenn ihr verdammt öde Freaks seid! Passt auf euch auf.«
    Â»Wir lieben dich auch, Idiot!«, ruft Rico und wendet sich an mich: »Was soll das eigentlich heißen, passt auf euch auf. Ich auf mich. Und du auf dich. Oder wir aufeinander?«
    Â»Das sagt man halt so.«
    Â»Ja, aber warum sagt man das halt so. Muss doch irgendeinen Sinn machen. Ich meine, ich kann doch nicht auf mich aufpassen. Ich kann mich ja nicht zweiteilen. Der eine Teil handelt und der andere passt auf, dass der erste keinen Fehler begeht?«
    Â»Belassen wir es doch dabei, dass wir aufeinander aufpassen, okay?«
    Â»Okay.«
    Ich will wie gewohnt rechts abbiegen. Aber Rico lässt meine Hand los. »Ich muss heute mal nach Hause. Die denken sonst, mir wäre was passiert.«
    Â»Ruf doch an.«
    Â»Im Ernst, Elena, meine Eltern wissen schon gar nicht mehr, wie meine Stimme klingt.«
    Â»Sag ich doch, ruf an.«
    Er schüttelt den Kopf. »Komm doch mit zu mir. Die würden sich riesig freuen, dich mal wieder zu sehen. Mein Vater meinte letztens schon, dass wir bestimmt gar nicht mehr zusammen sind und ich das nur erzähle, um in Ruhe um die Häuser zu ziehen.«
    Â»Geh doch morgen.«
    Â»Nein.« Er schaut weg. Wenn er nicht wegschauen würde, könnte er nicht widerstehen. So ist er. Er

Weitere Kostenlose Bücher