Was ich dich traeumen lasse

In einem von ihnen ist meine Mutter zu Hause.
    Wir überfliegen unsere Schule. Und dann das große Gelände der Uniklinik. Riesige Gebäudekomplexe. Dazwischen Grünflächen. Ist das der Ahorn? Von hier oben sieht er so winzig aus. Genau wie die Menschen. Einer von ihnen könnte Tim sein. Ob er böse ist? Ob er sich freuen würde, wenn ich plötzlich auf dem Balkon stünde?
    Â»Da!« Er deutet in Fahrtrichtung. »Meintest du das?«
    Â»Ja.«
    Die Häuserreihen enden abrupt. Plötzlich ist nur noch Grün zu sehen. Ein Hügel. Die alte Mülldeponie. Dahinter das brache Land. Es streckt sich vor uns aus.
    Â»Dann ist der Wind auf deiner Seite gewesen.«
    Ja.
    Er hat schon wieder die Augen geschlossen. Will gar nicht erst wissen, was ich vorhabe.
    Ich nehme die Butterbrotdose aus der Tasche, öffne sie, halte sie leicht schräg.
    Der Wind nimmt sich selbst, was er will. Saugt es ein, zieht es fort, wirbelt es, verteilt es. Die Dose ist in wenigen Sekunden leer.
    Ich muss es nicht ablesen. Ich kenne es auswendig. Ich habe es selbst geschrieben. Leise flüstere ich es in den Wind.
    Flach ist das Land. Ohne Bäume. Ohne Häuser. Ein Wind geht.
    Und dann sind sie plötzlich da. Sie tropfen aus den Augenwinkeln, rinnen die Wangen entlang, stürzen vom Kinn ab.
    Ich weine.
    Endlich weine ich.
    Und du?
    Du lächelst. Ja, sieh nur, du lächelst.

 
    Franziska Moll lebt mit ihren Zwillingsmädchen in einem kleinen idyllischen Dorf in der Nähe von Köln. Nachdem sie schon mit drogenabhängigen Jugendlichen gearbeitet hatte, entdeckte sie das Schreiben für sich, lernte an der Internationalen Filmschule alles, was sie für ein gutes Drehbuch wissen musste und entwickelte Sitcoms und Filmideen. Doch erst, als sie sich entschloss, nur noch Romane zu verfassen, hatte sie endlich ihren absoluten Traumberuf gefunden. Eigene Verluste inspirierten sie zu »Was ich dich träumen lasse« und bestärkten sie in der Hoffnung, dass aus jedem Schicksalsschlag auch etwas Gutes entstehen kann.

 
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    Â© 2014 Loewe Verlag GmbH, Bindlach
Covergestaltung: Martina Kurz unter Verwendung von Bildern von Shutterstock: tree © debra hughes, swift in flight © Gallinago_media und fotolia: mongolfiera © dolomies, montgolfiére © cedriccurvers, blauer Himmel © SG- design, daisy © adimas
eBook-Konvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck
E-Pub 2.0 ISBN 978-3-7320-0149-1
Printausgabe Hardcover ISBN 978-3-7855-7845-2
 
Zitat aus Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry mit freundlicher Genehmigung des Karl Rauch Verlags © 1950 und 2012 Karl Rauch Verlag, Düsseldorf
Liedtext STILL Musik: Sascha Eigner Text: Nicholas Müller, © by Hanseatic Musikverlag GmbH & Co. KG. Mit freundlicher Genehmigung.
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