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Was ich dir schon immer sagen wollte

Was ich dir schon immer sagen wollte

Titel: Was ich dir schon immer sagen wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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sollte, aber die Stadt protestierte dagegen mit einer Eingabe, und dieser Plan scheiterte. Schließlich wurde es abgerissen.
    Et konnte nicht mehr so gut sehen wie früher, sie musste kürzertreten. Sie musste Kundinnen wegschicken. Trotzdem arbeitete sie immer noch jeden Tag. An den Abenden sah Arthur fern oder las, aber sie saß bei warmem Wetter auf der Veranda oder im Winter im Esszimmer, schaukelte und ruhte ihre Augen aus. Sie kam und sah sich mit ihm die Nachrichten an und bereitete ihm sein Heißgetränk, Kakao oder Tee.

    Die Flasche war spurlos verschwunden. Et schaute im Küchenschrank nach, sobald sie konnte – nachdem sie auf Arthurs Anruf hin am frühen Morgen zum Haus geeilt und zur selben Zeit wie der Arzt, der alte McClain, dort eingetroffen war. Sie lief hinaus und sah im Müll nach, fand sie aber nicht. Konnte Char die Zeit gefunden haben, sie zu vergraben? Char lag auf dem Bett, voll und schön angezogen, die Haare hochgesteckt. Es gab kein Theater wegen der Todesursache, wie das in Geschichten der Fall ist. Sie hatte am Abend zuvor, nachdem Et gegangen war, bei Arthur über Schwäche geklagt, sie hatte gesagt, sie fühle sich, als kriege sie die Grippe. Also sagte der alte Arzt, das Herz, und beließ es dabei. Et würde nie Gewissheit erlangen. Würde das, was in der Flasche war, den Körper völlig makellos hinterlassen, so wie den von Char? Vielleicht war in der Flasche nicht das drin, was draufstand. Et war sich nicht einmal sicher, ob sie an jenem letzten Abend an ihrem Ort gestanden hatte, denn sie war von ihren eigenen Worten zu aufgewühlt gewesen, um zu gehen und nachzuschauen, wie sie es sonst immer tat. Vielleicht war die Flasche schon weggeworfen worden, und Char hatte etwas anderes genommen, Tabletten zum Beispiel. Vielleicht war es wirklich ihr Herz. All diese Abführkuren hätten jedes Herz geschwächt.
    Ihre Beerdigung fand am Tag der Arbeit statt, und Blaikie Noble nahm daran teil, sagte deswegen seine Busfahrt ab. Arthur hatte in seiner Trauer Ets Geschichte vergessen und war nicht überrascht, Blaikie dort zu sehen. Er war an dem Tag, an dem Char gefunden wurde, nach Mock Hill zurückgekommen. Ein paar Stunden zu spät, wie in einer Geschichte. Et fiel in ihrer momentanen Verwirrung nicht ein, welche es war. Romeo und Julia, dachte sie später. Aber Blaikie nahm sich natürlich hinterher nicht das Leben, sondern ging zurück nach Toronto. Ein oder zwei Jahre lang schickte er eine Weihnachtskarte, dann ließ er nie mehr etwas von sich hören. Es hätte Et nicht gewundert, wenn ihre Geschichte von seiner Heirat am Ende wahr geworden wäre. Nur der Zeitpunkt, den sie gewählt hatte, war falsch.
    Manchmal lag es Et auf der Zunge, zu Arthur zu sagen: »Da ist etwas, was ich dir schon immer sagen wollte.« Sie ging davon aus, dass sie ihn nicht sterben lassen würde, ohne dass er es wusste. Das durfte er nicht. Er bewahrte ein Foto von Char auf seinem Schreibtisch. Es war das von ihr in dem Kostüm für das Stück, in dem sie das Statuen-Mädchen gespielt hatte. Aber Et schob es von Tag zu Tag hinaus. Sie und Arthur spielten immer noch Rommé und gärtnerten ein wenig, banden die Himbeerranken auf. Wenn sie verheiratet gewesen wären, hätten die Leute gesagt, sie seien sehr glücklich.

Material
    Ich halte mich nicht auf dem Laufenden über das, was Hugo schreibt. Manchmal sehe ich seinen Namen, in der Bibliothek, auf der Titelseite einer literarischen Zeitschrift, die ich nicht aufschlage – ich habe seit zwölf Jahren keine literarische Zeitschrift mehr aufgeschlagen, Gott sei’s gepriesen. Oder ich lese in der Zeitung oder sehe auf einem Plakat – auch das in der Bibliothek oder in einer Buchhandlung – die Ankündigung einer Podiumsdiskussion in der Universität mit Hugo, der eingeflogen wird, um über den Roman von heute oder die zeitgenössische Kurzgeschichte oder den neuen Nationalismus in unserer Literatur zu diskutieren. Dann denke ich, werden die Leute sich wirklich auf den Weg machen, werden Leute, die schwimmen oder was trinken oder spazieren gehen könnten, sich zum Universitätsgebäude hinausbegeben, den Hörsaal suchen und in Reihen sitzen, um sich diese eitlen, streitsüchtigen Männer anzuhören? Aufgeblasene, rechthaberische, ungepflegte Männer, so sehe ich sie, verhätschelt vom akademischen Leben, vom literarischen Leben, von Frauen. Es gehen tatsächlich Leute hin, um sie sagen zu hören, dass der und der Schriftsteller nicht mehr wert ist, gelesen zu

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