Was ist Demokratie
Hälfte des 6.Jahrhunderts stand im Zeichen der Alleinherrschaft des Peisistratos und seiner Söhne. Der Weg führte erst einmal weg von der Demokratie, doch schwächte die «Tyrannis» andererseits, ganz bewusst, den athenischen Adel. Daran konnte Kleisthenes anknüpfen, mit dessen Reformen im Jahre 508/507 die «klassisch» genannte Phase der athenischen Demokratie beginnt. Ausgangspunkt dafür war eine Neugliederung der Bürgerschaft, die die bisherigen adligen Verbände und vom Adel dominierten sozialen Abhängigkeitsverhältnisse durchbrach, die sogenannte «Phylenreform». Bisher waren die Phylen, als Untereinheiten der attischen Polis, von Adligen geführte Personenverbände gewesen. An die Stelle dieser vertikalen Gliederung trat eine horizontale, und eine Durchmischung der Bürgerschaft, indem Kleisthenes die neuen Phylen nach geographischen Kriterien bildete. Die Gebiete von Stadt, Binnenland und Küste wurden in je zehn Teile, «Trittyen» genannt, aufgeteilt; dann setzte man die Phylen im Losverfahren aus je einem Segment der drei landschaftlichen Gebiete zusammen. Sie galten fortan als Grundlage der politischen Vertretung, indem jede Phyle 50 Vertreter in den neuen «Rat der 500» entsandte. Modern gesprochen, waren das die Wahlkreise, deren Bürgerschaft sich ihre Repräsentanten wählte.
Bald darauf forderten die Perserkriege die ganze Aufmerksamkeit der Athener: mit der Schlacht bei Marathon 490 und der endgültigen Abwehr der Perser unter ihrem König Xerxes zehn Jahre später, maÃgeblich gestützt durch Siege der athenischen Flotte in den groÃen Seeschlachten von Kap Artemision und Salamis. Der Krieg führte jedoch nicht in eine Beschränkung der Demokratie, im Gegenteil. Für die groÃen Ruderschiffe, die Trieren, benötigte man Ruderer-Krieger, die Bürger und nicht Sklaven sein mussten. Auf diesem Wege erlangten viele ärmere Athener das Bürgerrecht und die Teilhabe an der Demokratie. Bis zur Mitte des Jahrhunderts setzte sich dieser Prozess als Ãbergangzur «radikalen» Demokratie fort. Der Areopag, also der alte Adelsrat, verlor seine Macht; diese verlagerte sich immer mehr in den Rat der 500 und unmittelbar in die Volksversammlung. Damit auch einfache Bürger an deren Sitzungen teilnehmen und Ãmter übernehmen konnten, führten die Reformen des Perikles Diätenzahlungen ein. So ging die athenische Demokratie in eine zweite groÃe Phase der militärischen Auseinandersetzung: in den Peloponnesischen Krieg, die Auseinandersetzung mit Sparta und dessen ganz anderer politisch-sozialer Ordnung in den Jahren 431 bis 404.
In der Schlussphase des Krieges geriet die Demokratie in eine schwere Krise; zweimal innerhalb von zehn Jahren trat ein oligarchisches Regime, teils von Sparta gestützt, an ihre Stelle. Im Jahre 403 jedoch stürzte die zweite dieser Oligarchien, das «Regime der dreiÃig Tyrannen». Die Demokratie wurde wiederhergestellt â und ging sogar mit neuem Selbstbewusstsein aus der Krise hervor. Das ist ganz wörtlich zu verstehen: Die Athener waren sich nun der Besonderheit ihrer politischen Ordnung mehr als zuvor bewusst, sprachen positiver von ihr; sie huldigten ihr gar in kultischer Verehrung und zeigten sich zu ihrer Verteidigung entschlossen. So erlebte die Demokratie in den nächsten Jahrzehnten, vor allem in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts, eine neue Blütezeit. Ihr Ende kam in neuen auÃenpolitischen Konstellationen des östlichen Mittelmeerraums, vor allem mit dem Aufstieg der makedonischen Herrschaft Philipps II. und seines Sohnes Alexanders, «des GroÃen». Angesichts des machtvollen Ausgreifens der Makedonen nach einem Weltreich konnten die griechischen Stadtstaaten, auch Athen, ihre äuÃere Vormachtstellung nicht bewahren und verloren im Gefolge auch die Autonomie über ihre innere Verfassung. Im Jahre 322 endete die athenische Demokratie, als der gröÃte Teil der Bürger in einer neuen Verfassung seine politischen Rechte verlor.
Wenn die Demokratie sich in vielen Etappen, auch über Rückschläge und Krisen hinweg, etablierte und sozial ausdehnte, dauerte es erst recht längere Zeit, bis sie als solche überhaupt benannt werden konnte. Herkömmlich hatten die Griechen den Zustand eines Gemeinwesens nicht mit dem Wort für «herrschen» («kratein», wie später in Demokratie als
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