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Was Liebe ist

Was Liebe ist

Titel: Was Liebe ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Woelk
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sichtbares Zeichen von Feindschaft ist, als wäre er emotional so pflegeleicht wie ein Golden Retriever. Doch gerade dieses künstliche Gehabe der Harmlosigkeit ist auch beunruhigend. Piets Jovialität könnte ein perfektes Versteck für alle möglichen neurotischen Impulse sein. Ein wenig gedehnt fügt er hinzu: »Ich wusste ja gar nicht, dass du einen neuen … Begleiter hast.«
    Zoe, im Ton leicht gereizt, sagt: »Habe ich auch nicht.«
    » Raindrops on roses «, sagt Piet so melodiös, dass es auchanzüglich sein könnte, und streicht ihr mit der Hand über die Wange.
    Sie wendet sich abrupt um. »Lass das … Wir sind uns vor einer halben Stunde zum ersten Mal begegnet.«
    »Und schon ein Duo … Das ging aber schnell …«
    »Er ist ein Freund von … Cora.«
    »Ach ja?«
    Sie funkelt Piet wütend an und lässt ihre Hand unwirsch durch die Salonluft sausen. »Allerdings!«
    Piet kommt auf ihn zu. »Na, dann. Freut mich.«
    Zoe sagt: »Ich weiß nicht einmal, wie er heißt! Er war im Café und hatte Schwindelgefühle und Übelkeit. Ich habe gesagt, wir hätten Vomex.«
    Die Schwindelgefühle sind so erfunden wie seine Freundschaft mit Cora. Wer ist Cora? Wieso sagt Zoe nicht einfach, was geschehen ist? Sie ist unschuldig. Lügt sie Piet häufig an?
    Sie verschwindet im Flur. Piet sieht ihr nach. Er hat einen kleinen Bauch, der sich unter dem Stoff des Pilotenhemds leicht über den Bund der Jeans wölbt und unterstreicht, dass sich seine Eitelkeit – und eitel ist er zweifellos – bereits in einer abgeklärten Phase befindet. Er ist sich seiner eigenen positiven Wirkung hinreichend bewusst und weiß, dass ein paar kleinere Unvollkommenheiten dem Erscheinungsbild eines erfolgreichen Mannes in seinem Alter keinen Abbruch tun.
    Er streckt Piet die Hand hin. »Entschuldigung, ich wollte hier nichts durcheinanderbringen. Roland Ziegler.«
    Normalerweise denkt er bei sechzigjährigen Männern nicht darüber nach, ob sie möglicherweise gutaussehend odersogar sexuell attraktiv sind, aber jetzt tut er es. Kann er sich vorstellen, dass Zoe neben Piet im Bett liegt? Er wischt den Gedanken fort. Es ist das Beste, in der gegebenen Situation so förmlich wie möglich zu bleiben.
    »Waren Sie das am Piano?«, sagt Piet und fügt mit der leicht anzüglichen Nuance, die er offenbar perfekt beherrscht, hinzu: »Zoe hat ein gutes Gespür für ihre Begleiter …«
    Er ignoriert die Zweideutigkeit. »Ich komme aus Frankfurt und bin für ein paar Tage beruflich in Berlin.«
    »Das hier ist ja mehr oder weniger eine Wohnstraße«, sagt Piet und bringt damit zum Ausdruck, dass es in einem Viertel wie diesem beruflich eigentlich nichts zu tun gibt, es sei denn, man wäre Staubsaugervertreter. »Ich dachte, Sie haben Cora besucht.«
    Er will Zoe nicht in den Rücken fallen, auch wenn die Lüge unsinnig ist. »Ich habe noch etwas Zeit bis zu meinem Termin.«
    »Hoffentlich erholen Sie sich bald wieder«, sagt Piet.
    »Erholen?«
    »Von Ihrer Übelkeit. Cora sollte sich ein paar Medikamente in den Tresen legen.«
    Wenn er sich das jetzt richtig zusammenreimt, dann ist Cora die Betreiberin des Cafés im Erdgeschoss.
    »Es geht schon wieder, danke.«
    »Zoe ist immer sehr hilfsbereit«, sagt Piet, und auch das klingt, wie alles, was er sagt, zweideutig.
    Zoe taucht wieder aus dem Flur auf, in der Hand tatsächlich eine Schachtel Vomex. Betont nüchtern sagt sie: »Ich bringe Sie zur Tür.«
    »Gute Besserung«, sagt Piet und lächelt schmal.
    Sein Verhalten bleibt undurchschaubar. Er versteckt sich hinter seiner Art und seinem Gestus. So ist es oft, er selbst nimmt sich da nicht aus. Die meisten Männer verdanken ihren Erfolg der Tatsache, dass niemand weiß, wer sie sind – nicht einmal sie selbst.
    Er folgt Zoe in den Flur. Sie öffnet die Wohnungstür und gibt ihm die Vomex. Er bedankt sich und würde diesen Dank gerne mit einer Geste unterstützen. Er fragt sich, ob er ein Signal aussenden kann, um ihr zu verstehen zu geben, dass er sie wiedersehen möchte. Doch es ist schwierig, mehr zu sagen als Danke, weil Piet am Ende des Ganges jedes Wort mithört. Sie verabschieden sich. Zoes Blick ist ein wenig verschleiert. Sie sieht durch ihn hindurch. Die Tür schließt sich. Ihre letzte Botschaft ist: FIGHT.
    Als er wieder auf der Straße steht, bricht die Sonne durch die Wolken. Grelle Lichtfelder wechseln sich in kurzen nervösen Abständen mit dem vorherigen Grau ab. Der Asphalt wird getönt durch indirekte Einstrahlungen von

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