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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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Bacardi Cola. Schon wirkt sie wieder nervös; das Glas stößt gegen ihre Zähne, sie verschüttet ein wenig von der Flüssigkeit und betupft ihre Lippen mit den Fingern, während sie auf die Tischplatte schaut.
    »Es könnte eine x-beliebige Person sein. Jemand, der gar nichts mit ihnen zu tun hat. Weiß man immer noch nicht, wer es ist?«
    »Nein. Aber Ivo hatte Angst. Wenn er nichts mit der Leiche zu tun hat, weshalb sollte er mich dann vergiften?«
    »Sie gehen also davon aus, dass er es absichtlich getan hat.«
    »Weshalb sollte er sonst verschwinden? Und Christo im Stich lassen?«
    Sie starrt aus dem Fenster und schüttelt den Kopf; sie wirkt besorgt. »Was wollten Sie mich fragen?«, sagt sie leise.
    »An dem Abend, an dem wir essen waren, hat Ivo bei Ihnen übernachtet, oder?«
    Lulu senkt den Blick und schweigt.
    »Ich habe mich gefragt …«
    »Aber Sie hätten es ihm sowieso gesagt, oder?«, unterbricht sie mich. »Sie haben es mir versprochen. Das haben Sie doch gesagt …«
    Also hat sie ihm davon erzählt.
    Sie spricht weiter, ohne aufzusehen. »Ich war so wütend. Auf ihn – und auf Sie. Es ist mir einfach so herausgerutscht. Es tut mir leid. Ich weiß, ich hätte es ihm nicht sagen sollen. Aber ich habe mir solche Sorgen gemacht. Es ist meine Schuld – dass Sie krank wurden …«
    Die Hand mit dem Glas zittert. Ich würde Lulu gerne umarmen und stelle mir die Geste insgeheim vor.
    »Nichts davon war Ihre Schuld. Ich hätte Sie nicht in diese Lage bringen sollen.«
    Ivo wusste Bescheid. Jetzt habe ich den Beweis.
    »Wie hat er reagiert, als Sie es ihm gesagt haben?«
    »Oh, er …« Sie atmet hörbar aus. »Eigentlich gar nicht. Er hat mich nicht angesehen. Ich musste nachfragen, ob er mich überhaupt gehört hatte. Und dann sagte er: ›Na und?‹ In diesem typischen Tonfall. Sie wissen schon. Aber was macht das jetzt noch? Es geht ihr ja gut.«
    »Aber es gibt immer noch die Leiche auf dem Black Patch.«
    »Ja, aber …«
    »Könnte es Christina sein?«
    »Christina?« Sie lächelt beinahe, starrt mich ungläubig an. »Das meinen Sie doch nicht ernst. Sie ist schon vor Jahren gestorben! Das ist lächerlich.«
    »Niemand hat mir gesagt, wann genau sie gestorben ist.«
    Lulu seufzt und schürzt die Lippen. Zwischen ihren Augenbrauen taucht wieder die Falte auf. »Es ist Jahre her. Sie war siebzehn, als es passiert ist, also vor zwölf Jahren. Zwölf Jahre! Außerdem ist sie in Frankreich gestorben. Sie kann nicht auf dem Black Patch liegen.«
    »Wo in Frankreich?«
    »Das weiß ich nicht genau. Es war auf der Reise nach Lourdes.«
    »Waren Sie auf der Beerdigung?«
    »Es gab keine.«
    »Keine Beerdigung? Das ist aber ein bisschen merkwürdig, oder?«
    »Sie starb … im Ausland.« Sie schluckt. Rutscht unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. »Na ja … Sie konnten sie nicht selbst nach Hause bringen. Und so etwas zu arrangieren … vielleicht waren es die Kosten … ich weiß es nicht. Mir kam es nicht merkwürdig vor. Es war nicht merkwürdig.«
    »Sie ist also vor zwölf Jahren gestorben.«
    »Ja!«
    »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    »Gott …« Sie senkt den Blick. »Ein paar Jahre, bevor es passiert ist.«
    »Es muss schrecklich gewesen sein, als sie starb – neben all den anderen Tragödien.«
    »Ja.«
    »Wissen Sie, wer dabei war, als sie verunglückt ist?«
    »Tene, nehme ich an. Und Ivo muss dabei gewesen sein. Eswar nach Martas Tod. Wollen Sie jetzt etwa behaupten, sie hätten Christina getötet?«
    »Nein. Ich will nur Klarheit.«
    Ich hebe mein Bierglas mit der linken Hand und trinke. Lulu schweigt wütend, zündet sich eine Zigarette an. Der nächste Zug rattert über die Brücke, halb leer. Das sind die Übereifrigen, die Überstunden gemacht haben.
    Tene und Ivo. Ivo und Tene. Die beiden sind die einzigen Zeugen einiger sonderbarer und tragischer Ereignisse. Jede Menge Todesfälle, das Gespenst verfolgt sie wie ein schwarzer Hund, wie ein Wolf im Schatten. Aber Ivo war nur ein kränklicher Junge … vielleicht verflucht, wie Tene behauptet.
    »Was macht Ihre Hand?«
    Lulu betrachtet meine noch immer nahezu nutzlose rechte Hand, die neben mir liegt. Ich hebe sie hoch und winke.
    »Es wird allmählich besser.«
    Ich biege mühsam die Finger. Sie bewegen sich langsam wie die Gliedmaßen eines trägen Meerestiers.
    »Haben Sie wieder Gefühl darin?«
    »Nicht sehr viel.«
    »Sie müssen aufpassen, dass Sie sich nicht verbrennen.«
    »Ja, das haben sie mir im Krankenhaus auch dauernd

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