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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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springt sofort auf. Es ist seltsam – die junge Frau, die mir gegenübersitzt, scheint mit den Tränen ihr letztes brüchiges Selbstvertrauen eingebüßt zu haben. Sie rollt sich ein wie ein Igel; ich bemerke, wie schrecklich dünn sie unter ihrem Kostümist. Hen setzt sich wieder, und es werden drei frische Tassen Tee serviert, dazu Nachschub von den Neonkuchen.
    »Haben Sie geahnt, dass Ihr Mann eine Freundin hatte, Mrs Hart?«
    Sie verzieht das Gesicht. »Nun, da Sie so fragen … daran gedacht habe ich schon. Aber nicht an eine Freundin , falls Sie wissen, was ich meine …« Sie sieht mich bedeutungsvoll an. »Ich hatte damals überhaupt keine Ahnung. Ich dachte, vielleicht mag er einfach keine Frauen.« Ein flüchtiges, zerbrechliches Lächeln. »Aber er mochte einfach nur mich nicht.«
    »War es das, was Sie dann nach vier Monaten dazu gebracht hat, von dort wegzugehen?«
    »Ich wäre auch früher gegangen, wenn ich ein Ziel gehabt hätte. Ich fing an, Zeltversammlungen zu besuchen, irgendwo außerhalb von Lincoln – es war eine Zuflucht, wissen Sie, wenigstens einmal in der Woche. Peter predigte dort. Als Jungprediger. Aber es war komisch. Ich wäre gar nicht hingekommen, wenn mir der alte Mr Janko nicht sein Auto geliehen hätte. Manchmal konnte er richtig nett sein. Dann fand ich heraus, dass die Kirche weiterziehen würde, und war völlig verzweifelt. Ich wusste nicht, wie ich zurechtkommen sollte. Eines Tages erzählte ich es dem alten Mr Janko … ich konnte nicht anders: Ich musste weinen und weinen, und er riet mir, jemandem dort zu sagen – in der Kirche, meine ich –, wie viel mir das alles bedeutete. Seltsamerweise hörte es sich so an, als würde er mir dazu raten, um Hilfe zu bitten … damit ich wegkonnte, meine ich. Verstehen Sie? Wissen Sie, was ich damit sagen will? Es war, als hätte er irgendwie Mitleid mit mir. Also habe ich es so gemacht.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Ich habe Peter erzählt, dass ich in dieser furchtbaren Ehe gefangen war und allmählich den Verstand verlor. Er bot mir sofort einen Job in der Kirche an. Also konnte ich mich ihnen anschließen. Ich meine, da war nichts« – sie wird knallrot – »zwischen uns. Nicht so. Er ist ein Pastor.Er wollte mir nur helfen. Ich habe für die Kirche gearbeitet. Das war alles – jedenfalls am Anfang.«
    »Und Sie haben nicht daran gedacht, zu Ihrer eigenen Familie zurückzukehren?«
    Sie schüttelt heftig den Kopf und schnalzt mit der Zunge. »Nicht, nachdem sie so viel für die Hochzeit ausgegeben hatten. Ich meine, ich habe noch zwei Schwestern, wir mussten alle verheiratet werden – Dad hat ständig deswegen gestöhnt. Nein. Sie waren froh, mich los zu sein.«
    »Ich weiß, dass das nicht der Fall ist«, sage ich sanft, aber sie schüttelt erneut den Kopf.
    Ich schaue zu Hen, der sich auf das giftgrüne Ding auf seinem Teller zu konzentrieren scheint, in seinem Gesicht höfliches Entsetzen.
    »Zwischen Ivo und Ihnen bestand also keine richtige Ehe?«
    Erneut Kopfschütteln. Die Vorstellung, sie könnte lügen, erscheint mir undenkbar.
    »Ich hielt ihn für, Sie wissen schon, für … schwul.« Sie senkt die Stimme, das letzte Wort ist nur ein Flüstern. Ein Hauch. »Ich dachte, ich wäre eine Art Tarnung. Aber vielleicht hatte er auch jemand anderen, eine Frau, die er nicht heiraten durfte oder so … Ich weiß es nicht.« Sie zuckt wieder mit den Schultern. »Wenn er ein Kind hat, tut mir das arme Ding jedenfalls leid.«
    Wir sitzen alle schweigend da.
    »Hatten Sie irgendeine Vorstellung, worüber Ivo und sein Vater gestritten haben?«
    »Nein, sie taten es nie in meiner Gegenwart. Ich habe gar nichts verstanden. Ich hatte niemanden, mit dem ich reden konnte, bis ich Peter traf. Es war die einsamste Zeit meines Lebens.«
    Sie sagt es in nüchternem Ton, aber sie ist mir zum ersten Mal richtig sympathisch.
    »Danke, dass Sie uns das alles erzählt haben, Mrs Hart. Es ist sehr … hilfreich.«
    Hen hat den grünen Kuchen auf einen Haufen Krümel reduziert. Gute Arbeit, denke ich. Jetzt blickt er auf.
    »Kennen Sie Ivos Cousine Sandra Smith?«
    »Sandra …« Sie runzelt nachdenklich die Stirn. »Kann sein, dass ich sie bei der Hochzeit getroffen habe. Da habe ich alle getroffen. Danach blieben sie sehr für sich. Wieso … war sie es?« Ein wilder Blick huscht über ihr Gesicht, der aber ebenso schnell wieder verschwindet. »Ich kann nicht fassen, dass er mich betrogen hat! Aber ich hätte es ahnen müssen, oder? Ich bin

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