Was sich neckt, das küsst sich (German Edition)
sie sich ihren Problemen, aber in diesem Fall würde sie sich wesentlich besser fühlen, wenn sie das in Gegenwart anderer Menschen und nicht allein auf einer verlassenen Straße tun könnte. Sie warf Athena einen verstohlenen Blick zu und fragte sich, ob die Ziege sie wohl beschützen würde. Vermutlich nicht. Athena wäre mehr an einem Happen von Rafe Strykers gut geschnittenem und offensichtlich teurem Anzug interessiert.
Der Mann, der da vor ihr stand, wirkte ernsthaft verärgert. Verärgert genug, um sie mit seinem großen Wagen zu überfahren und einfach liegen zu lasen. Er war groß, hatte dunkle Haare und dunkle Augen und sah im Moment so wütend aus, dass sie ihm zutrauen würde, sie mit bloßen Händen zu erwürgen. Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass ihn das nicht mal sehr viel Kraft kosten würde.
Ein paarmal atmete sie tief ein und aus. Okay, vielleicht würde er sie nicht erwürgen, aber etwas Gutes führte er nicht im Schilde. Das sah sie in seinen schwarzbraunen Augen.
„Ich weiß, was Sie denken“, fing sie an.
„Das bezweifle ich.“
Seine tiefe seidige Stimme verunsicherte sie. Sie konnte nicht sagen, was als Nächstes passieren würde, hatte aber ein überaus ungutes Gefühl.
„Mein Großvater hat die Grenze überschritten“, sagte sie. Glens Lebensphilosophie war „Lieber um Verzeihung bitten als um Erlaubnis fragen.“ Sie schaute dem Mann in die Augen. „Er wollte niemandem wehtun.“
„Er hat meine Mutter bestohlen.“
Heidi zuckte zusammen. „Sie stehen einander nahe?“ Sie schüttelte den Kopf. „Vergessen Sie‘s, dumme Frage.“ Wenn Rafe nichts an seiner Mutter liegen würde, wäre er jetzt wohl kaum hier. Und es war nicht überraschend. Soweit sie das bisher beurteilen konnte, war May eine zauberhafte Frau, die sehr viel Verständnis für die Verwechslung gezeigt hatte. Allerdings nicht genügend Verständnis, um ihren Sohn aus der Sache herauszuhalten.
„Glen, mein Großvater, hat einen sehr engen Freund, bei dem Krebs diagnostiziert wurde. Harvey brauchte eine Behandlung, hatte aber keine Versicherung. Glen wollte ihm helfen.“ Heidi versuchte zu lächeln, was ihr jedoch misslang. „Also hatte er die Idee, äh, einen Teil der Ranch zu verkaufen. An Ihre Mutter.“
„Der Ranch, die Ihnen gehört.“
„Technisch gesehen ja.“ Ihr Name stand auf den Kreditpapieren. Sie hatte nicht nachgerechnet, aber sie schätzte, dass sie ungefähr über siebzigtausend Dollar an Eigenkapital verfügte. Der Rest der Ranch war über eine Hypothek finanziert.
„Er hat meiner Mutter zweihundertfünfzigtausend Dollar abgenommen, und im Gegenzug gehört ihr gar nichts.“
„So in der Art.“
„Ihr Großvater hat keine Möglichkeit, ihr das Geld zurückzuzahlen.“
„Er bekommt Rente, und wir haben ein paar Ersparnisse.“
Rafe ließ den Blick von ihr zu Athena und wieder zurück gleiten. „Wie hoch sind die?“
Sie ließ die Schultern sinken. „Zweitausendfünfhundert Dollar.“
„Bitte führen Sie die Ziege aus dem Weg. Ich muss zur Ranch.“
Heidi richtete sich auf. „Was haben Sie vor?“
„Ihren Großvater verhaften zu lassen.“
„Das können Sie nicht machen!“ Glen war die einzige Familie, die sie hatte. „Er ist ein alter Mann.“
„Ich bin sicher, der Richter wird das bei der Festsetzung der Kaution berücksichtigen.“
„Er wollte doch niemandem schaden.“
Ihr Flehen ließ Rafe ungerührt. „Meine Familie ist hier aufgewachsen, Ms Simpson. Meine Mutter war die Haushälterin. Der alte Mann, dem die Ranch gehörte, hat ihr dafür kaum etwas gezahlt. Manchmal hatte sie nicht einmal genug Geld, um ihre vier Kinder satt zu kriegen. Aber sie hat durchgehalten, weil er ihr versprochen hatte, dass sie nach seinem Tod die Ranch erben würde.“
Die Geschichte gefiel Heidi gar nicht. Sie wusste, dass sie kein gutes Ende nahm.
„Wie Ihr Großvater hat auch er gelogen. Als er starb, hinterließ er die Ranch entfernten Verwandten an der Ostküste.“ Der Blick seiner dunklen Augen schien sich in Laserstrahlen zu verwandeln, die sich in sie hineinbohrten und ihr unbeschreibliche Bestrafungen versprachen. „Niemand wird meine Mutter zweimal um die Ranch bringen.“
Oh nein! Das war ja noch schlimmer, als sie gedacht hatte. Wesentlich schlimmer. „Sie müssen das verstehen. Mein Großvater hat noch nie jemandem absichtlich geschadet. Er ist ein toller Kerl.“
„Er ist der Mann, der meiner Mutter zweihundertfünfzigtausend Dollar gestohlen hat, Ms
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