Was - Waere - Wenn
schalte das Handy sofort aus, damit er mir
nicht sagen kann, daß das gerade nicht geht. Wenn er nicht kommt und mich holt,
werde ich auf der Toilette Auge in Auge mit einer Philippe-Starck-Kloschüssel
verrecken. Wahrscheinlich schaffe ich es sowieso nie wieder, von diesem Boden
hier aufzustehen, so schwach und ausgelutscht fühle ich mich. Und das hat nicht
nur etwas mit meinem Alkoholkonsum zu tun.
»Zeig doch noch mal den Ring.« Das ist Heikes Stimme, unverkennbar.
Sie und Isabell stehen vorne im Waschraum.
»Hier.« Stolzes Schweigen, dann ein ehrfürchtiges »Wow!« von Heike.
»Da hat Moritz sich ja echt in Unkosten gestürzt!«
»Darauf habe ich lang genug gewartet«, erwidert Isa in einem
Tonfall, als würde sie tatsächlich denken, daß Warten allein schon eine
Leistung ist, für die man Gold und Diamanten verdient. »Und jetzt hab ich ihn
endlich da, wo ich ihn haben will.« Schade, daß ich gerade kein Tonbandgerät
mithabe, das würde ich zu gern Moritz aufnehmen und zur Hochzeit überreichen.
»Hach«, seufzt Heike, »das ist alles so romantisch!« Eine komische
Vorstellung von Romantik! »Aber hattest du denn keine Angst, Moritz zu
verlieren, wenn du ihn verläßt?«
Isa lacht. »Unsinn! Mir war klar, daß er über kurz oder lang wieder
angekrochen kommen würde.«
»Und was ist mit Charly?« Ich horche auf. Was ist mit mir?
»Was meinst du?«
»Warst du denn nicht doch ein kleines bißchen eifersüchtig?« Jetzt
lacht Isa noch lauter, spontan spüre ich wieder einen Würgereiz in mir
aufsteigen. Ich kämpfe ihn nieder, in diesem Zustand möchte ich nicht von Isa
und Heike erwischt werden. Außerdem bin ich neugierig, wie es weitergeht. Und
das werde ich wohl nicht mitbekommen, wenn ich auf einer Pritsche mit Blaulicht
zum Magenauspumpen in die Klinik gekarrt werde. Zusammenreißen, heißt die
Devise.
»Auf Charly eifersüchtig«, bringt Isa stoßweise vor, nachdem sie
sich von ihrem Lachkrampf einigermaßen erholt hat. »Das ist ja eine absurde
Vorstellung!«
»Immerhin bist du sofort gekommen, nachdem Babette dir die SMS geschickt hat.« Schweigen. Ich kann mir gut
vorstellen, wie Isa Heike jetzt anfunkelt. »Ich mein ja nur …«, kommt es dann
auch prompt verschüchtert von Heike.
»Ich wollte verhindern, daß Moritz aus Frust irgendwelchen Unsinn
macht, den er hinterher bereut«, erklärt Isa. »Für eine schnelle Nummer ist
Charly ja immer noch gut.« Ich bin was ?
»Also Isa!« Wenigstens wirkt Heike geschockt.
»Charly ist doch keine ernstzunehmende Konkurrenz für mich«, fährt
Isa fort. »Oder glaubst du, Moritz wäre an so einer dauerhaft interessiert?«
»Also, eigentlich ist Charly doch ganz nett«, fängt Heike jetzt
tatsächlich an, mich zu verteidigen.
»So?« kommt es biestig von Isa. »Ich dachte, du stehst auf meiner Seite.«
»Tu ich ja auch«, versichert Heike schnell. »Aber ich finde trotzdem
nicht …«
»Du weißt doch: Es gibt Frauen, mit denen haben Männer ihren Spaß,
und solche, die sie heiraten«, fährt Isa ihr über den Mund. »Sie ist doch selbst
schuld, wenn sie gleich mit ihm ins Bett gehopst ist. Glaub mir, für Moritz war
Charly nie was anderes als eine kleine Schlampe.« Isa fängt an zu kichern. »Am
Ende hat sie tatsächlich geglaubt, Moritz hätte sich in sie verguckt!«
Ich muß doch noch mal kotzen. Es ist eine Sache, sich selbst ein Schlampen-T-Shirt anzuziehen – eine andere ,
wenn jemand so über dich redet.
»Hallo, ist da jemand?« Das ist Heike, mein Würgen war ja auch nicht
zu überhören. Ich reiße ein Stück Klopapier ab und wische mir damit über den
Mund. Dann ziehe ich mich ächzend an der Türklinke hoch, reiße die Kabine auf
und stolpere hinaus. Heike und Isa starren mich entsetzt an. Entweder, weil sie
sich ertappt fühlen, oder weil ich aussehe wie »The Incredible Hulk«. Etwas
grünlich dürfte mein Gesicht auf jeden Fall sein, und statt meines Hemdes hängt
wenigstens mein Make-up in Streifen herunter. Es gäbe viel, was ich in diesem
Moment sagen könnte, aber mein Sprachzentrum versagt. »Hmuhue«, schimpfe ich
deswegen nur und stürze dann an ihnen vorbei Richtung Ausgang, Richtung Treppe,
Richtung frische Luft.
Oben in der Mood Lounge herrscht immer noch dichtes Gedränge.
Orientierungslos schlage ich mich durch die Menge, ernte spöttische Blicke. Wie
nach einer geheimen Choreographie formt sich ein Halbkreis um mich, die
Gespräche verstummen – nur noch hier und da ein leises Getuschel. Guck mal
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