Was - Waere - Wenn
damit ein Ende nimmt. Doch dann kommt es
auf einmal noch viel besser: Der DJ spielt »I will
always love you« von Whitney Houston! Moritz legt beide Arme um mich und zieht
mich dicht an sich heran. Kuschelblues! Und das mit fast dreißig! Und: Soo
schön! Wir schmiegen uns aneinander, ich schließe die Augen und lasse mich von
ihm führen.
»Es reicht!« Wir stoppen mitten in der Koloratur, Isa steht mit
grimmiger Miene neben uns. »Glaubst du im Ernst, du kannst mich mit Charly
eifersüchtig machen?« Moritz läßt mich los. He! »Was für ein alberner Auftritt,
auf so was falle ich nicht rein.«
»Moment mal, was heißt hier reinf…«, will ich protestieren, werde
aber zu meinem großen Entsetzen von Moritz unterbrochen.
»Aber Isabell«, sagt er und grinst dabei von einem Ohr zum anderen,
»du bist doch schon darauf hereingefallen!« Er legt
scherzhaft einen Arm um Isas wohlgeformtes Körperchen und drückt sie an sich. Mich
persönlich beschleicht das ungute Gefühl, daß hier irgend etwas nicht mehr so
läuft, wie es soll. »Komm, gib es zu«, schnurrt Moritz Isa weiter an, »ich hab
genau gesehen, daß es dir was ausmacht.«
Hallo! Charly an Moritz: Mir macht es was
aus! Interessiert das auch einen? Offensichtlich nicht. Bis auf die
schätzungsweise hundert Schaulustigen, die wie beim Bi-Ba-Butzemann um uns
herum stehen – die beobachten die Szene mehr als interessiert. Mir wird ganz
schlecht.
»Also gut«, stellt Isa fest und wirft nun schlingpflanzenartig ihre
Arme um Moritz’ Nacken, »ich will nicht so sein, du Dummkopf.« Sie legen die
Stirn aneinander und tauschen kinoreife Blicke aus. »Und jetzt laß uns endlich
tanzen.« Im Wiegeschritt entfernt sich das glückliche Paar. Ich bleibe in der
Mitte der Tanzfläche zurück als Bodyguard, der nur noch den plötzlichen Herztod
seiner großen Liebe feststellen kann. Von der Bar aus wirft Babette mir
zufriedene Blicke zu, Heike steht ein paar Meter weiter und guckt fast
mitleidig.
Ich gehe zum Tresen, noch nie habe ich so sehr ein
alkoholhaltiges Kaltgetränk nötig gehabt wie jetzt. Während ich meinen Gin
Tonic in drei großen Zügen austrinke und darüber nachdenke, daß Moritz auf
einer Demütigungsskala von eins bis zehn gerade ohne Anlauf die Zehn getroffen
hat, holt er noch einmal aus: Kaum hat Whitney ausgehaucht, stürmt er das DJ -Pult und entreißt dem verwirrten Plattenmeister sein
Mikrophon.
»Ich habe noch was zu sagen«, posaunt er so laut, daß die
Lautsprecher vibrieren. Gespanntes Schweigen. »Komm doch mal bitte her, Isa.«
Um mich herum höre ich die ersten Feuerzeuge klicken. Kann aber auch sein, daß
ich mir das nur einbilde. Ich gebe momentan nicht mehr allzuviel auf mein
Urteilsvermögen. Isa leistet brav Folge, schwebt mit einem triumphierenden
Lächeln an mir vorbei auf Moritz zu und bleibt direkt vor ihm stehen. Er geht
in die Knie. Nein! Ich will das nicht sehen!
»Ich habe so sehr gehofft, daß du heute kommst. In den letzten drei
Wochen, die wir nicht zusammen waren, ist mir erst bewußt geworden, wieviel du
mir bedeutest«, fängt Moritz an. Noch ein Gin Tonic! »Seitdem weiß ich, daß ich
keinen Tag, keine Stunde, keine Minute oder Sekunde mehr ohne dich sein will.«
Nicht zu fassen, mir steigen doch glatt die Tränen der Rührung in die Augen. Mein
emotionales System ist ein verdammter Verräter. »Und deswegen möchte ich dich
hier vor allen Leuten fragen …« Zack, er zückt eine kleine Samtschachtel, aus
der ein Ring hervorblitzt. »Willst du meine Frau werden?«
Isa: schluchz, heul. »Ja, ich will!« Gekreisch, Applaus,
Ringelreihen. Ich denke, Traumhochzeit ist schon lange abgesetzt? Was soll das
denn hier? Ich bestelle mir noch einen Gin Tonic. Und Heike lächelt ein bißchen
wie Linda de Mol.
Eine Stunde später finde ich mich in inniger Umarmung mit einer
Starckschen Kloschüssel wieder. Sechs Gin Tonics, zehn Sols und kein Abendessen
gehen durch den Abfluß. Ich sehe aus, wie einmal mit dem Lappen durchs Gesicht
gefeudelt, mein Lippenstift ist verwischt, meine Augen sind von Wimperntusche
und Tränen verklebt, und eine Runde Kotzen hat mich wahrscheinlich auch nicht
gerade schöner gemacht. Ich glaube, es ist an der Zeit, daß ich diese heimelige
Veranstaltung verlasse. Mühsam wühle ich mein Handy aus meinem Rücksack und
wähle Tims Nummer. Er geht schon nach dem zweiten Klingeln dran.
»Tim«, lalle ich kraftlos ins Telefon, »du mußt mich hier rausholen.
Jetzt gleich!« Dann lege ich auf und
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