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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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Anlässe ist jeden einzelnen
Euro wert. Gedankenverloren spiele ich an dem Reißverschluß vor meiner Brust
und ziehe ihn noch ein paar Millimeterchen weiter nach unten. Nicht kleckern,
klotzen.
    »Bei mir war’s heute auch schlimm«, lüge ich. »Bin nach der Arbeit
nach Hause gehetzt, hab mich schnell umgezogen und dann hierher.« Zuppdiwupp,
und noch ein Stückchen tiefer gezippt. Muß nur aufpassen, daß ich nicht gleich
bis zur Unterhose freistehe. (Was für eine habe ich eigentlich heute an?)
    »Dafür sieht du aber echt phantastisch aus«, gibt Moritz die
Hundert-Punkte-Antwort.
    »Was heißt denn dafür ?« Ich ziehe einen
Schmollmund. Ob mir die kleine Divennummer steht? Sie steht mir: Moritz
versichert eiligst, daß er das so natürlich nie und unter keinen Umständen
gemeint hat. Geht doch, Männer springen doch wirklich auf die dämlichsten
Mechanismen an. Er ordert für mich und sich noch ein Sol, wir stoßen an und
schauen uns dabei lange in die Augen.
    »Schön, daß du heute hier bist«, sagt Moritz, beugt sich vor und
küßt mich sanft auf den Mund. Aus den Augenwinkeln sehe ich Babette
hyperventilieren.
    Mit einem lauten Krachen schaltet sich der DJ ein und zerstört diesen verzauberten Moment. »Nachdem jetzt alle da sind«,
kreischt er ins Mikro, »wollen wir mal richtig loslegen.« Ich drehe mich um,
und versuche einen Blick auf die DJ -Lounge zu
erhaschen. Mit wichtiger Miene hat Heike sich neben dem Mischpult aufgebaut und
flüstert dem DJ irgend etwas ins Ohr. Das kann ja
heiter werden.
    »Das kann ja heiter werden«, sagt Moritz in diesem Moment, wofür ich
ihn natürlich knutschen könnte. Ach was, könnte, ich knutsche ihn einfach, und
zwar auch direkt auf den Mund. Er schnappt überrascht nach Luft.
    »Was war jetzt das?« will er wissen.
    »Weil du genau das gesagt hast, was ich eben gedacht habe.« Wieder
lächeln wir uns an wie die zwei Hauptdarsteller aus »Love Story«. Magic. Und
Babette sieht aus, als würde sie jetzt am liebsten gewaltsam dazwischengehen.
    »Also, Jungs und Mädels, ich begrüße die ›Class of ’93‹ – und das
mit einem absoluten Megahit!«
    Mit dreihundertachtzig Dezibel knallt »Sing Hallelujah« von Dr.
Alban aus den Lautsprechern. Richtig, das gab’s ja auch mal. Was man nicht
alles schon längst vergessen hat! Manchmal aber auch ganz gut so. Die Bedienung
hinter der Bar ist jedenfalls dem Herzinfarkt nahe. So einen Lärm hat sie hier
mit Sicherheit noch nie erlebt. Sie bückt sich unter den Tresen, wahrscheinlich
sucht sie vor Dr.   Alban Schutz hinter ein paar Sol-Flaschen. Heike hopst
arhythmisch in die Mitte des Saals, kreischt und klatscht dabei in die Hände.
    »Los, alle mittanzen«, schreit sie laut und steppt weiter am Takt
vorbei durch die Mood Lounge. Manche Sachen sind so peinlich, daß man gar nicht
hinsehen mag.
    »Komm«, sagt Moritz in diesem Moment und nimmt meine Hand.
    »Du willst doch wohl nicht etwa tanzen?«
    »Klar will ich.« Keine hundertachtundzwanzig beschlagene Kaltblüter
bringen mich dazu, hier vor versammelter Mannschaft ein Tänzchen hinzulegen!
    Isabell von der Mark steht im Eingang und hat Moritz und mich genau
im Visier. Babettes SMS ist ganz offensichtlich
angekommen.
    »Okay, tanzen wir!«
    Natürlich hat Moritz sie auch gleich gesehen. Ich hab’s an seinem
leichten Zusammenzucken gemerkt. Aber er dreht sich nicht nach ihr um, soviel
Stil hat er immerhin. Isabell geht rüber und stellt sich neben Babette und
Heike an die Bar. Tuschel, tuschel, tuschel.
    Ich merke, wie Moritz und ich das allgemeine Interesse auf uns
ziehen. Spätestens jetzt wird wohl auch dem letzten noch die peinliche
Geschichte über uns wieder einfallen. Aber mir macht das nichts, mittlerweile
bin ich ja erwachsen und stehe über den Dingen. Und genaugenommen sonne ich
mich sogar ein bißchen in der ungeteilten Aufmerksamkeit der Anwesenden. Gut
vorstellbar, daß gerade in diesem Augenblick der ein oder andere denkt: Sieh
mal an, Charly und Moritz – irgendwie ein schönes Paar. Vor lauter Freude
kriege ich richtig rote Ohren, ausgelassen tanze ich zu einem der beklopptesten
Lieder der Popgeschichte durch einen Schicki-Micki-Laden und fühle mich dabei
wunderbar. Isa hat sich mittlerweile eine Bionade bestellt und zieht mit
sauertöpfischer Miene an ihrem Strohhalm. Ich beschließe, ihr freundlich
zuzunicken. Nein, gönnerhaft ist besser.
    Dr.   Alban schmettert sein letztes Hallelujah, und ich habe schon
Angst, daß unsere kleine Tanzeinlage

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